Pressemitteilung | eco - Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V.

"Petersberger Erklärung" gegen Internet-Überwachung

(Köln/Bonn) - Der Verband der deutschen Internet-Wirtschaft, eco Electronic Commerce Forum e.V. (Köln), hat anlässlich des Sicherheitsgipfels auf dem Bonner Petersberg zur Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) eine "Petersberger Erklärung gegen Internet-Überwachung" vorgelegt. Kernpunkt ist die Ablehnung der vom Gesetzgeber geplanten TKÜV. Auf dem Gipfel waren Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums, des Bundesinnenministeriums, der Generalbundesanwaltschaft, des Bundeskriminalamtes, des Chaos Computer Clubs sowie der Brandenburgische Datenschutzbeauftragte und Politiker vertreten.

In einem persönlichen Schreiben an Bundeskanzler Gerhard Schröder äußern Prof. Michael Rotert, Vorstandsvorsitzender, und Harald A. Summa, Geschäftsführer des Verbandes der deutschen Internet-Wirtschaft, "größte Sorge, dass die TKÜV der Entwicklung des Internet und E-Commerce in Deutschland insgesamt schweren Schaden zufügen" könnte. Und bemängelt, dass in der Politik verkannt wird, dass der TKÜV-Entwurf wirtschaftspolitischen Sprengstoff enthält. Im eco-Verband sind unter anderem die Internet Service Provider (ISP) organisiert, die über den zentralen deutschen Internetknoten DE-CIX (Deutscher Commercial Internet Exchange) in Frankfurt am Main mehr als 85 Prozent des Internetverkehrs in Deutschland abwickeln.

Neben dem bemängelt der in der "Petersberger Erklärung" organisierte Widerstand vor allem, dass die TKÜV von einer "traditionellen Telefonwelt" ausgeht und die Besonderheiten des Internet überhaupt nicht berücksichtigt. Der Verband der deutschen Internet-Wirtschaft fordert daher in der "Petersberger Erklärung", den Komplex Internet vollständig aus der TKÜV herauszuhalten. Die verbleibenden Ausführungen der Verordnung zur Telekommunikation genügen völlig, um richterlich angeordnete Überwachungsmaßnahmen auch in bezug auf den Internetverkehr durchzuführen, argumentieren die Verbände unter der Federführung von eco.

Es ist grundsätzlich ausreichend, wenn die staatlichen Organe im Bedarfsfall die Leitungen überwachen, wie das bisher schon beim Telefonverkehr möglich ist. Schließlich ist jede Internet- Nutzung mit dem Netzzugang über eine Telekommunikationseinrichtung, im allgemeinen die Telefonleitung, verbunden. Wenn die staatliche Kontrolle der Zugangsleitung beispielsweise an der Ortsvermittlung ansetzt, lässt sich eine sehr effiziente Überwachung gewährleisten, begründet eco seine Haltung.

Verbands-Geschäftsführer Harald A. Summa führt aus: "Der Gesetzgeber muss beim Internet strikt zwischen Zugang und Services trennen. Wenn er am Zugang ansetzt, kann er damit den Internetverkehr im Bedarfsfall überwachen. Genau darauf sollte sich die TKÜV konzentrieren. Eine zusätzliche Überwachung der Internetservices wie E-Mail oder private Chats durch Schaffung neuer Schnittstellen bringt unverhältnismäßigen technischen und organisatorischen Aufwand mit sich, ohne dass gesichert ist, dass der Bedarfsträger ein Quäntchen "Mehr" an relevanten Informationen bekommt."

Sollte die TKÜV in der vom Gesetzgeber geplanten Form gegen alle Widerstände verabschiedet werden, sieht der eco-Verband Kosten in Milliardenhöhe auf die Firmen und Verbraucher in Deutschland zukommen. Die Installation der in der TKÜV vorgesehenen Überwachungseinrichtungen kostet die Provider je nach Netzstruktur einen 6 bis 7stelligen DM Betrag! In Anbetracht dessen, dass es bisher keinerlei verlässlichen Zahlen oder Aussagen gibt, die belegen, dass Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen bei der Strafverfolgung zu sichtbaren Erfolgen geführt hätten, muss das Instrument der Telekommunikationsüberwachung generell in Frage gestellt werden. Das hat das Bundesjustizministerium erkannt, da es ein Gutachten zur "Evaluation der Eingriffsbefugnisse des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Strafverfolgungsbehörden" in Auftrag gegeben hat, das im Herbst vorgelegt werden soll. Eco fordert daher, dieses Gutachten zunächst abzuwarten, da eco sich hiervon Aufschluss über die für die Provider äußerst wichtige Frage des Zweck-Mittel-Aufwandes erwarten.

Bundesweit stellen rund 4000 Internet Service Provider sicher, dass Unternehmen und Privatleute Anschluss an das weltweite Datennetz finden. "Die mit der TKÜV verbundenen Kosten werde letztlich der Internet-Surfer tragen. Damit wird das deutsche Internet deutlich teurer, was ein erheblicher Standortnachteil Deutschlands im internationalen Wettbewerber bedeutet", erklärt eco-Chef Harald A. Summa.

Durch die Fokussierung auf die Zugangsebene kann die Überwachung sogar grundsätzlich effizienter vorgenommen und damit der Missbrauch der Internetkommunikation zu kriminellen Zwecken wirkungsvoller bekämpft werden, argumentiert der eco-Verband. Die Übertragung von Internetdiensten wie E-Mail oder privater Chats kann über unzählige und meist nicht vorhersagbare Wege im Netz erfolgen und müsste an einer Vielzahl von Einrichtungen überwacht werden. Durch Webmail lässt sich nicht einmal vorhersehen, über welche E-Mail-Adressen die Kommunikation erfolgt. Wesentlich zuverlässiger ist es daher, die Überwachung am Teilnehmeranschluss der zu überwachenden Person im Zugangsnetz vorzunehmen, weil die Verbindung unabhängig vom gewählten ISP bzw. Mailaccount stets über diesen Anschluss läuft.

"Die staatlichen Überwachungsorgane können die Kriminalität am wirkungsvollsten bekämpfen, indem sie sich direkt auf den Teilnehmeranschluss konzentrieren. Sie erhalten dort die gesamte Kommunikation des Verdächtigen als durchgängigen Datenstrom", stellt Harald A. Summa fest. Die vollständige Stellungnahme des eco-Verbandes und eine Sammlung weiterer Stellungnahmen und Stimmenzur TKÜV sind im Internet unter www.eco.de verfügbar.

eco Electronic Commerce Forum e.V. ist der Verband der Internet-Wirtschaft in Deutschland. Ziel ist, die kommerzielle Nutzung des Internets voranzutreiben, um die Position Deutschlands in der globalen Internet-Ökonomie und damit den Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt zu stärken. eco-Forum versteht sich in diesem Sinne als Interessenvertretung der deutschen Internet-Wirtschaft gegenüber der Politik, in Gesetzgebungsverfahren und in internationalen Gremien.

Quelle und Kontaktadresse:
Electronic Commerce Forum e.V. (eco) - Verband der deutschen Internet-Wirtschaft Grasweg 2 50769 Köln Telefon: 0221/9702407 Telefax: 0221/9702408

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