Pressemitteilung | DPtV e.V. - Deutsche PsychotherapeutenVereinigung

Psychotherapeutenverbände äußern Unverständnis

(Berlin) - Vor zwei Monaten hat der Erweiterte Bewertungsausschuss (EBA) eine Anhebung der Psychotherapiehonorare beschlossen. Die Psychotherapeuten hatten dagegen protestiert, weil der Beschluss in mehrfacher Hinsicht von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts abweicht. In rechtlichen Stellungnahmen hatten die Psychotherapeutenverbände das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) aufgefordert, den Beschluss aufsichtsrechtlich zu beanstanden. Ausführlich hatten sie dargelegt, aus welchen Gründen sie den Beschluss für rechtswidrig halten. Sie hatten sich dabei auf die gefestigte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) berufen, das immer wieder Beschlüsse des Bewertungsausschusses als rechtswidrig beurteilt hatte.

"Unseren Mitgliedern fehlt jedes Verständnis dafür, dass die Rechtsaufsicht es durchgehen lässt, dass Kassen und Kassenärztliche Vereinigungen (KVen) im Bewertungsausschuss gemeinsame Sache dabei gemacht haben, die Honorare der Psychotherapeuten auf einem Niveau zu fixieren, das die Unterschiede zu somatisch tätigen Ärzten zementiert", sind sich die Verbände in einer gemeinsamen Erklärung einig. Sie setzen nun auf die Gerichte, bei denen Klagen von Psychotherapeuten anhängig sind. Am Ende werde das Bundessozialgericht zu entscheiden haben.

Der nun vom BMG nicht beanstandete Beschluss bezieht sich auf die Neubewertung der genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen ab dem Jahr 2012. Neben einer Anhebung der Vergütung genehmigungspflichtiger Leistungen um knapp 2,7 Prozent wird ein sog. "Strukturzuschlag" eingeführt. Er wird ab einer bestimmten Auslastung und dann auch nur abgestaffelt vergütet. Nur ein Teil der Praxen profitiert davon.

Unabhängig von ihrer rechtlichen Bewertung weisen die Verbände darauf hin, dass sich der Beschluss schädlich auf die Versorgung psychisch Kranker auswirken werde: Mit dem Zuschlagskonzept akzeptiert das BMG ein Vergütungssystem, das dem gesetzlichen Auftrag, die Psychotherapierichtlinie zu flexibilisieren, zuwiderläuft.

Anstatt durch ein rechtlich verankertes Mindesthonorar eine Basis zu schaffen, auf der die Flexibilisierung des psychotherapeutischen Behandlungsspektrums und die Versorgung mit kurzfristig verfügbaren Behandlungen aufgebaut werden könnte, bekommen gerade diejenigen Psychotherapeuten keine Zuschläge, die niederschwellige, nicht genehmigungspflichtige Leistungen erbringen.

Rechtlich kritisieren die Verbände an dem Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses, dass er in mehrfacher Hinsicht von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts abweicht:

Als erstes steht er im Widerspruch zu der gesetzlichen Vorgabe einer "angemessenen Vergütung je Zeiteinheit". Das Bundessozialgericht hat in seiner Rechtsprechung diese Vorschrift stets so konkretisiert, dass sie sich auf alle genehmigungspflichtigen Leistungen bezieht. Der gegenwärtige Beschuss führt dazu, dass die gleichen Leistungen unterschiedlich vergütet werden. "Was der Bewertungsausschuss als Zuschlag bezeichnet, ist bei näherem Hinsehen ein Abschlag", betonte Dipl.-Psych. Barbara Lubisch, Bundesvorsitzende der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV).

Außerdem bezieht sich der Beschluss nur auf den Zeitraum ab dem 1.1.2012, obwohl der Erweiterte Bewertungsausschuss ursprünglich die Prüfung der Jahre 2009 bis 2011 beschlossen hatte. Dazu äußerte der Vorsitzende der Vereinigung analytischer Kinder- und Jugendlichen Psychotherapeuten in Deutschland (VAKJP), Uwe Keller: "Das ist nicht rechtskonform, weil sehr wahrscheinlich die Honorare auch in diesen Jahren zu niedrig waren. Wir können nicht nachvollziehen, wieso dies nicht beanstandet wurde."

Schließlich berücksichtigt der Beschluss bei der Ermittlung der Vergleichserträge der Facharztgruppen und der Kostendaten der Psychotherapeuten lediglich die veralteten Daten aus der Kostenerhebung des statistischen Bundesamtes von 2007. "Das ist willkürlich, weil aktuellere Daten verfügbar sind", sagte Dr. med. Martin Kremser, Vorsitzender des Bundesverbandes der Vertragspsychotherapeuten (bvvp). Auch dies sei eine Regelung zum Nachteil der Psychotherapeuten.

Die drei Verbände sehen sich durch die nun entstandene Lage in ihrer Forderung bestärkt, dass der Gesetzgeber endlich Rechtssicherheit schafft, indem die Vorschrift zur angemessenen Vergütung psychotherapeutischer Leistungen konkretisiert und die Benachteiligung der Psychotherapeuten bei der Honorierung beendet wird.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche PsychotherapeutenVereinigung e.V. (DPtV) Ursula-Anne Ochel, Pressesprecherin Am Karlsbad 15, 10785 Berlin Telefon: (030) 235009-0, Fax: (030) 235009-44

(dw)

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