Pressemitteilung | Deutscher Familienverband e.V. (DFV)

Renate Schmidt zu Koalitionsverhandlungen in der Familienpolitik / DFV warnt vor Einschnitten beim Ehegattensplitting

(Berlin) - Zu den gegenwärtigen Koalitionsverhandlungen im Bereich der Familienpolitik erklärte die Präsidentin des Deutschen Familienverbandes Renate Schmidt am 9. Oktober in Berlin:

„Familienergänzende staatliche Kinderbetreuung ist notwendig, und zwar sowohl bei Krippenplätzen als auch bei Ganztagskindergartenplätzen. Bei den Krippenplätzen kann der angestrebte Versorgungsgrad von 20 Prozent nur ein erster Schritt sein, Ganztagskindergartenplätze, die in ganz Westdeutschland nach wie vor Mangelware sind, müssen ausgebaut werden und wenigstens der Rechtsanspruch auf einen Halbtagskindergartenplatz, der in nicht wenigen Großstädten Westdeutschlands immer noch nicht erfüllt ist, durchgesetzt werden. Das Trauerspiel um die Ganztagsschule mit einem Versorgungsgrad von nicht einmal 10 % sei nur der Vollständigkeit halber noch einmal erwähnt. Kinderbetreuung ist wichtig, weil heutige junge Mütter zu 70 – 80 % ihre gute Ausbildung auch beruflich nutzen wollen. Kinderbetreuung ist auch deshalb wichtig, weil – wie die Pisa-Studie gezeigt hat – Kinder vor allem im Vorschulalter Förderung auch über die Familie hinaus brauchen.

Nirgendwo steht aber geschrieben, dass Familien die Förderung von Kindern in staatlichen Einrichtungen selbst und vor allen Dingen alleine zu finanzieren haben. Die insbesondere von den Grünen vorgeschlagene Veränderung des Ehegattensplitting setzt das alte Spiel ’aus der einen Tasche der Familien hinaus in die andere Tasche teilweise wieder herein’ leider fort. Schon heute tragen Familien 75 % der Kosten, die durch ein Kind entstehen, selbst. Das sind je nach Ausbildung des Kindes zwischen rund 180.000 € bis zu 350.000 €. Das vorgebliche Ziel der Befürworter einer Umgestaltung des Ehegattensplittings, dass gutverdienende kinderlose Ehepaare nicht bevorteilt werden sollen, bleibt eine Fiktion. Realität ist, dass damit vor allem diejenigen getroffen werden, die in der Vergangenheit Kinder großgezogen haben, teilweise ohne jegliche staatliche Hilfe, weil sie über den Einkommensgrenzen für Bafög und andere soziale Leistungen lagen und die jetzt im Alter von gut 50 Jahren plötzlich als kinderlose Ehepaare behandelt würden. Die nicht erwerbstätigen Frauen dieser Generation, die heute aufgrund ihres Alters ohne jegliche Chance auf einen Arbeitsplatz sind und die ihre Erwerbstätigkeit haben aufgeben müssen, weil es quantitativ und qualitativ keine ausreichenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten gab, als Schmarotzerinnen bezeichnen zu wollen oder diese Ehen „als Hausfrauenehen“ abzuqualifizieren, ist eine bodenlose Unverschämtheit.

Die zweite Gruppe, die getroffen würde, sind leicht überdurchschnittlich verdienende Familien, die man mit 45.000 € Jahreseinkommen bei zwei und mehr Kindern nun wahrhaftig nicht als reich bezeichnen kann. Es ist nicht einzusehen, weshalb diesen Familien für künftig zu schaffende Krippenplätze, von denen sie selbst gar nicht mehr profitieren werden, ein Teil ihres Nettoeinkommens entzogen werden soll.

Diejenigen kinderlosen Ehepaare mit sehr hohem Einkommen verdienen heute ohnehin meistens beide, so dass der Splittingvorteil für sie sowieso gering oder gar nicht vorhanden ist. So genannte Hausfrauenehen, die kinderlos sind, gehören der Vergangenheit an und sind bei heutigen jungen Leuten nicht mehr üblich. Kinderlose würden sich also an der Finanzierung der Betreuungseinrichtungen daher überhaupt nicht beteiligen, unabhängig davon ob sie verheiratet sind oder ledig. Die Steuerreform hat im übrigen Kinderlose stärker begünstigt als Kinderhabende, deshalb muss endlich hier angesetzt werden.

Natürlich ist es richtig, dass Alleinerziehende vom Ehegattensplitting nicht profitieren und die vom Bundesverfassungsgericht erzwungene Abschaffung des Haushaltsfreibetrages sie besonders trifft. Gerade deshalb wäre es richtig und notwendig, Betreuungskosten steuerlich besser absetzbar zu machen, wie es in den Wahlprogrammen vorgesehen war.

Eine ‚Gerechtigkeit’, die die Finanzierung von Kinderbetreuungseinrichtungen nahezu ausschließlich Ehepaaren mit Kindern aufbürdet, ist ungerecht und abzulehnen.“

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Familienverband e.V. Luisenstr. 48 10117 Berlin Telefon: 030/30882960 Telefax: 030/30882961

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