Pressemitteilung | BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft e.V.

Revision der Abfallrahmenrichtlinie: Abstimmung im Umweltausschuss / BDE begrüßt Votum des Umweltausschusses gegen die Stärkung kommunaler Entsorgungsstrukturen

(Berlin) - In seiner heutigen (28. November 2006) Abstimmung hat der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments ein starkes Zeichen für Umweltschutz und Binnenmarkt in der europäischen Abfallpolitik gesetzt und damit Forderungen der Bundesregierung, die den Binnenmarkt für die Verwertung von Abfällen zugunsten der einseitigen Stärkung der kommunalen Entsorgungsstrukturen in Deutschland beschränken wollte, eine klare Absage erteilt.

Der BDE begrüßt das Votum des Ausschusses als richtiges Maß zwischen Umweltschutz und Binnenmarkt in der europäischen Abfallpolitik. Die Abgeordneten des Umweltausschusses haben erkannt, dass sich das seit Beginn der europäische Abfallpolitik bestehende Prinzip der geteilten Verantwortung – Beseitigung auf nationaler Ebene, Verwertung im Binnenmarkt – bewährt hat.

Die Öffnung der Märkte im Abfallbereich war immer ein Motor für die Entwicklung hoher und europaweit einheitlicher Umweltstandards. Daneben garantiert der Binnenmarkt eine wirtschaftlich vernünftige Abfallbewirtschaftung in der Europäischen Union.

In mehreren Änderungsanträgen war gefordert worden, den Binnenmarkt für bestimmte oder gar alle Verwertungsabfälle aufzuheben. Dienen sollte eine solche Regelung dem Schutz nationaler Marktstrukturen. Dies entspricht einer der Kernforderungen Deutschlands im Rahmen der Überarbeitung der Richtlinie. Die Bundesregierung möchte die Revision nutzen, um die kommunalen Abfallentsorgungsstrukturen zu stärken.

Der BDE bewertet das Anliegen der Bundesregierung äußerst kritisch. Neuregelungen, deren einzige Motivation darin besteht, die Daseinsvorsorge und damit die nationalen Entsorgungsstrukturen zu stützen und zu stärken, dienen nicht dem Umweltschutz. Marktregelungen sind in einer Umweltschutzrichtlinie nicht nur deplaziert, sondern ökologisch wie ökonomisch kontraproduktiv.

Bei der Frage, wann ein Produktionsrückstand Abfall und wann ein außerhalb des Abfallrechts zu behandelndes so genanntes Nebenprodukt ist, hat sich der Ausschuss erfreulicherweise gegen eine allgemeine Definition für Nebenprodukte entschieden. Eine allgemeine Definition hätte eine große Gefahr des Missbrauchs zu Lasten der Umwelt bedeutet. Im Interesse des Umwelt- und Gesundheitsschutzes und zur Vermeidung einer uneinheitlichen Anwendung der Regelung im Binnenmarkt unterstützt auch der BDE die Kommission in ihrem Bestreben, eine europaweit einheitliche und mit den Kriterien des EuGH übereinstimmende Abgrenzung im Einzelfall vorzunehmen“.

Erfreulich ist auch das Ergebnis bei der Festlegung des Endes der Abfalleigenschaft. Der BDE begrüßt die Entscheidung des Ausschusses, die Festlegung des Endes der Abfalleigenschaft einem europaweit einheitlichen und vom Gesetzgeber kontrollierten Regelwerk zu unterwerfen.

Kritisch sieht der Verband das Votum zur Abfallhierarchie. Eine Abweichung von der 5-stufigen Abfallhierrachie (Vermeidung – Wiederverwendung – Recycling – andere Verwertungsverfahren – Beseitigung) soll zukünftig nur bei Vorliegen entsprechender Lebenszyklusanalysen möglich sein. Aus Sicht des BDE ist unklar, welche Elemente ein solcher Ansatz enthält und wie er im Einzelfall eingesetzt und dabei die Erreichung der umweltpolitischen Ziele gewährleisten soll. Der administrative steht keinem entsprechenden ökologischen Mehrwert gegenüber.

Besorgt zeigt sich der BDE auch über die Abstimmung des Ausschusses zur Abgrenzung der Verwertung von der Beseitigung von Abfällen. Nach der vom Ausschuss befürworteten Formulierung können nur noch finale Behandlungsverfahren als Verwertung anerkannt werden. Vorbehandlungsverfahren wie die Sortierung von Abfällen wären damit ausgeschlossen. Die Sortierung und Aufbereitung von Abfällen ist aber ein wichtiger und oft entscheidender Schritt des Verwertungsverfahrens, ohne den eine sinnvolle Nutzung der Abfälle nicht möglich ist. Das Votum des Ausschusses bedarf hier dringend einer Korrektur. Zur speziellen Frage der Abgrenzung der Verwertung von der Beseitigung in Verbrennungsanlagen befürwortet der BDE die Einführung einer Regelung, nach der Verbrennungsanlagen unter bestimmten Umständen als Verwertungsanlagen anerkannt werden können. Verbrennungsanlagen, die effizient und mit bester Technik arbeiten und dabei Dampf und Elektrizität erzeugen, nutzen Abfälle sinnvoll und leisten einen wesentlichen Beitrag zur Ressourcenschonung. Kritisch sieht der BDE jedoch die zur Abgrenzung gewählten Effizienzwerte. Ein Effizienzwert von 0,4 für bestehende Anlagen und 0,5 für neu zu genehmigende Anlagen stellt kein angemessenes Verhältnis zwischen einer hochwertigen Verwertung von Abfällen und dem technisch vertretbar Möglichen her. Mit den gewählten Effizienzwerten werden auch technisch veraltete Anlagen als Verwertungsanlagen anerkannt werden können. Von einer solchen Regelung gehen keine Anreize aus, in technische hochwertige Verbrennungsanlagen zu investieren und damit einen Beitrag zum Umwelt- und Ressourcenschutz zu leisten.

Sehr enttäuschend ist das Abstimmungsergebnis zur Zukunft der Deponierung und Bioabfällen. Die von Karl-Heinz Florenz (EVP/Deutschland) eingebrachten Änderungsanträge zur Reduzierung der Menge der verwertbaren Abfälle, die heute noch deponiert werden, auf das Notwendige und zur Einführung von Regelungen zu Bioabfällen fanden keine Mehrheit. Die Entscheidung des Ausschusses ist aus Umweltgesichtspunkten wenig verständlich. Ein europaweites Deponieverbot ist nicht nur ein wesentlicher Schritt zu einer nachhaltigen Nutzung der Ressourcen, sondern leistet auch einen großen Beitrag zur Reduktion von Treibhausgasen und damit zum Klimaschutz. Die Umsetzung dieser Forderung wäre der entscheidende Impulsgeber für die Recycling- und Kreislaufwirtschaft. Dies gilt gleichermaßen für die Bioabfälle. Durch die Getrenntsammlung von Bioabfällen und hohen Qualitätsstandards kann die Verwertung von Bioabfällen gestärkt werden. Gleichzeitig trägt dies zum Bodenschutz bei. Hochqualitativer Kompost dient dazu, die ausgelaugten europäischen Böden nachhaltig zu verbessern.

Die Abfallrahmenrichtlinie ist das Kernstück der europäischen Politik. Sie definiert die Grundprinzipien und Kernbegriffe des Abfallrechts und bestimmt damit auch wesentlich das deutsche Abfallrecht. Um bestehende Auslegungsschwierigkeiten zu beseitigen und die Richtlinie an die Bedürfnisse einer modernen Abfallpolitik anzupassen, hat die Kommission am 21. Dezember 2005 einen Vorschlag zur Änderung der Richtlinie vorgelegt. Rat und Europäisches Parlament beraten den Kommissionsvorschlag momentan in 1. Lesung.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft e.V. (BDE) Gerd Henghuber, Leiter, PR-Öffentlichkeitsarbeit Behrenstr. 29, 10117 Berlin Telefon: (030) 5900335-0, Telefax: (030) 5900335-99

(bl)

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