Pressemitteilung | Deutsche Kinderhilfe - Die ständige Kindervertretung e.V.

Rund 40 Prozent der Alleinerziehenden und ihre Kinder müssen von Hartz 4 leben / Das Bildungspaket der Bundesregierung ist in Bezug auf Lernförderung der Kinder Augenwischerei

(Berlin) - Die aktuelle Bertelsmann-Studie macht mit ihrer Feststellung, dass 40 Prozent aller Alleinerziehenden und damit auch deren Kinder ihr Leben von Hartz 4 bestreiten müssen, einmal mehr deutlich, dass die Förderungs- und Bildungspolitik der Bundesregierung, dort wo sie zuständig ist und auch die der Länder in Bezug auf die Gruppe der Alleinerziehenden zu großen Teilen versagt hat.

Lösungsansätze dürfen nicht nur in Bezug auf die alleinerziehenden Mütter und Väter, sondern auch auf die betroffenen Kinder ergriffen werden.

Ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung war und ist die Initiative der Bundesanstalt für Arbeit, Alleinerziehende unter Nutzung des mittlerweile verbesserten Betreuungsangebotes verstärkt und gezielt in Arbeit zu bringen. Dies allein ist jedoch zu wenig und hängt stark von der Motivation ab, sich ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung bewusst zu sein.
Einerseits muss diese Initiative natürlich auch weiterhin verstärkt werden. Andererseits können Alleinerziehende jedoch auch dadurch eine Unterstützung erlangen, indem sie im Arbeitsleben ähnliche Voraussetzungen vorfinden, wie es bei Menschen mit einer vorliegenden Schwerbehinderung (Grad der Behinderung ab 50 Prozent) bereits der Fall ist. Auch wenn Alleinerziehende in der Regel keine Schwerbehinderung aufweisen, erleben sie dennoch ähnliche Diskriminierungen im Arbeitsleben. Neben einem gleichrangigen oder zumindest ähnlichen Schutz für Alleinerziehende sollten die Unternehmen, die sie beschäftigen, hierfür - sozusagen als Gegenleistung - von der Bundesagentur für Arbeit genauso gefördert werden wie für die Beschäftigung von Menschen mit einer Schwerbehinderung, um so einen zusätzlichen Anreiz für diese Form einer etwas anderen Inklusion zu bieten.
Bezüglich der Lernförderung, sprich Nachhilfe für Hartz 4 oder "Aufstocker-Kinder", war das Bildungspaket der Bundesregierung schon von Beginn an nicht mehr als ein "Potemkin'sches Dorf".
Glaubten Unbefangene doch tatsächlich, es sei dazu da, Kindern aus diesen Familien gleiche Bildungschancen wie Kindern aus materiell besser gestellten Familien zu ermöglichen, so findet sich in der Kommentierung zum betreffenden Sozialgesetzbuch, dass Nachhilfeunterricht nur bei akuter Versetzungsgefährdung und grundsätzlich nur ab dem zweiten Schulhalbjahr bis zur Bewältigung der Krise gewährt wird und auf keinen Fall etwa zur Förderung eines Kindes zum Besuch einer höheren Schule vorgesehen ist.

"Eine echte Förderung von Hartz 4- oder 'Aufstocker-Kindern' war nie angedacht", beklagt Rainer Becker, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Kinderhilfe e.V. Wen wundert es da noch, dass die Möglichkeiten des Bildungspaketes in bezüglich des Nachhilfeunterricht bis heute nicht ausgeschöpft werden. Ganz zu schweigen davon, dass Förderung aus dem Bildungspaket tatsächlich natürlich nie die Lösung des Problems sein kann.

Gleichzeitig wird in Deutschland ein akuter Fachkräftemangel beklagt und Unsummen für die Nachschulung ausländischer Arbeitskräfte, z. B. im Pflegebereich, oder die Ausbildung von ausländischen Arbeitskräften, z. B. in der Gastronomie, ausgegeben. Warum fördern wir nicht auch unsere Kinder, um sie in den kommenden Jahren als Fachkräfte überhaupt qualifizieren zu können und damit aus dem sich leider so oft wiederholenden Hartz4-Kreislauf herauszuholen? Mit "wir" sind über die Eltern hinaus natürlich ganz besonders auch die Unternehmen gemeint, die den Fachkräftemangel beklagen und hier am liebsten nur oder vorrangig den Staat in die Pflicht nehmen wollen.

"Wenn diese Kinder einmal eine Chance haben sollen, sich aus eigener Kraft aus Hartz 4- oder 'Aufstocker-Verhältnissen' herauszulösen, dann nur über eine bestmögliche Bildung. Jeder Förderungswillige und für eine Förderung Geeignete gehört mit ins Boot. Wir können es uns sowohl moralisch als auch arbeitsmarktpolitisch nicht länger erlauben, diese Kinder weiter von Chancengleichheit fernzuhalten. Und besonderer Bedarf besteht hier derzeit bei den Kindern von Alleinerziehenden", so Rainer Becker, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Kinderhilfe e. V.

Anmerkung:
Diese Pressemitteilung wurde in Absprache mit dem Allgemeinen Behindertenverband Deutschland e.V. verfasst.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Kinderhilfe e.V. Pressestelle Schiffbauer Damm 40, 10117 Berlin Telefon: (030) 24342940, Fax: (030) 24342949

(cl)

NEWS TEILEN: