Pressemitteilung | DIHK - Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V.

Sammelklagen: Eine neue Gefahr für Unternehmen

(Berlin) - Die Europäische Kommission will als Teil ihrer verbraucherpolitischen Strategie Sammelklagen einführen. Diese Verfahren erlauben es Verbrauchern, gemeinsam Schadensersatzansprüche gegen ein Unternehmen gerichtlich geltend zu machen. In den USA sind Sammelklagen in der Form der sog. class action Teil der berüchtigten amerikanischen Klageindustrie, die die US-Wirtschaft jährlich mit 250 Milliarden US-Dollar belastet. Prominentes Beispiel ist die Klage gegen die amerikanische Tabakindustrie, die als Sammelklage für alle nikotinabhängigen Amerikaner zugelassen wurde. Amerikanische Verhältnisse dieser Art wird es sicherlich auch in Zukunft in Europa nicht geben. Der DIHK sieht aber die Gefahr, dass Sammelklagen in Europa ähnlich negative Effekte nach sich ziehen könnten.

Erhebliches Erpressungspotenzial

Das Hauptrisiko von Sammelklagen, an denen Tausende von Klägern beteiligt sein können, liegt in der immensen Medienwirkung. Gegen die Gefahr einer öffentlichen Anprangerung und irreversibler Imageschäden, die bereits im Vorfeld der Klage und auch bei zu Unrecht erhobenen Vorwürfen entstehen, können sich Unternehmen nicht schützen. Eine teure Folge davon sind in den USA oftmals unter öffentlichem Druck erzwungene Vergleiche, bekannt als „blackmail settlements“.

Wirtschaftliche Fehlanreize für Anwälte und Verbände

Sammelklagen können auch leicht zu einer lukrativen Einnahmequelle von einzelnen Anwälten und Verbraucherverbänden instrumentalisiert werden. Aus den USA ist bekannt, dass Verbraucher dort professionell angeworben und zur Mitwirkung an initiierten Klagen ermuntert werden. Oftmals geht es dabei auf Seiten der einzelnen Verbraucher lediglich um Bagatellschäden, die sich dann aber zugunsten der Klägeranwälte zu enormen Streitwerten addieren. Beispielsweise kassierten Klägeranwälte in einem Rechtsstreit in den USA um zu kleine Computer-Monitore ein Honorar von 16 Millionen US-Dollar, während die Geschädigten mit Rabattgutscheinen i. H. v. je 13 Dollar quasi leer ausgingen.

Fazit: Das Risiko von Sammelklagen für Unternehmen ist groß. Die IHK-Organisation spricht sich deshalb entschieden gegen deren Einführung aus. Für Sammelklagen besteht auch kein Bedarf, weil sich in Europa der traditionell gewachsene Zwei-Parteien-Streit bewährt. Sollte die EU gleichwohl an ihren Plänen festhalten, müssen die negativen Auswirkungen nach US-amerikanischem Vorbild so weit wie möglich ausgeschlossen werden:

1. Das Erpressungspotenzial von Sammelklagen muss verhindert werden.

2. Eine aufwandsgerechte Vergütung muss sicherstellen, dass die Durchführung von Sammelklagen nicht im wirtschaftlichen Eigeninteresse von Anwälten und Verbänden erfolgt. Auch Honorare ausschließlich auf Erfolgsbasis, sog. contingency fees, dürfen nicht zugelassen werden.

3. Keinesfalls darf man Sammelklagen mit neuen Haftungstatbeständen kombinieren: So können z. B. die aus den USA bekannten „punitive damages“ als Strafzahlungen die eigentliche Forderung noch um das Mehrfache übersteigen.

4. Klare Zuständigkeitsregelungen sind erforderlich, um das sog. forum shopping zu vermeiden. Hierbei suchen sich Anwälte und Verbände gezielt ein Gericht aus, das mit hoher Wahrscheinlichkeit der Klage stattgeben wird.

5. Kläger dürfen nur im Wege eines „Opt-In-Verfahrens“ und auf ausdrücklichen Wunsch in die Klägergruppe einbezogen werden.

6. Bagatellschäden dürfen nicht Gegenstand von Sammelklagen sein.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK) Ute Brüssel, Pressesprecherin Breite Str. 29, 10178 Berlin Telefon: (030) 203080, Telefax: (030) 203081000

(tr)

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