Pressemitteilung | DIHK - Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V.

So bewertet der DIHK den Koalitionsvertrag

(Berlin) - Zum von CDU, CSU und SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag erklären DIHK-Präsident Eric Schweitzer und Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben

Es ist auch aus Sicht der Wirtschaft ein wichtiges Ergebnis, dass die politisch Verantwortlichen in Deutschland auch unter schwierigeren Rahmenbedingungen Kompromisse erzielen können. Damit steigt die Aussicht auf Bildung einer stabilen Regierung. Diese Verlässlichkeit ist bislang ein wichtiges Element des Wirtschaftsstandortes Deutschland.

Inhaltlich sendet der Koalitionsvertrag widersprüchliche Signale, die nicht zuletzt dem politischen Kompromiss geschuldet sind. Die Wirtschaft kann mit einigen guten Zukunftsinvestitionen rechnen. Sie ist aber zugleich besorgt über teure Zukunftslasten. Ein großer Schwachpunkt bleibt der Verzicht auf Steuerentlastungen für Unternehmen. Die letzte umfassende Reform der Unternehmensbesteuerung liegt zehn Jahre zurück.

Wir hätten uns im Sinne der deutschen Wirtschaft insgesamt mutigere Entscheidungen gewünscht. Denn die gute wirtschaftliche Lage soll uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir vor großen Veränderungen stehen. Daher ist es richtig, dass sich Union und SPD intensiv mit den Herausforderungen der digitalen Welt beschäftigen. Positiv sind die geplanten Investitionen in den Breitbandausbau und die digitale Bildung. Viele Antworten des Koalitionsvertrages beruhen aber noch zu sehr auf der Sehnsucht, die digitale Welt mit den starren Regularien und teuren Rezepten der Vergangenheit in den Griff zu bekommen. Das kann aber nicht funktionieren.

Wir hoffen daher, dass sich die konkreten Entscheidungen einer künftigen Bundesregierung stärker an den globalen Veränderungen und praktischen Zukunftserwartungen der Unternehmen vor Ort orientieren werden. Denn wir können mit unserem bislang starken Wirtschaftsstandort Deutschland weiterhin nur erfolgreich sein, wenn wir Investitionen auslösen und sie nicht ausbremsen.
Noch mal überdenken sollten die Koalitionäre den Verzicht auf eine Steuerreform. Angesichts der höchsten Steuereinnahmen in der bundesdeutschen Geschichte und hoher Überschüsse in den öffentlichen Haushalten muss mehr drin sein als nur eine Mini-Entlastung beim Soli. Die derzeit gute wirtschaftliche Lage bietet die Chance, die Grundlage dafür zu schaffen, dass auch in zehn Jahren neue Arbeitsplätze entstehen. Leider wird die Wirtschaft hierzulande durch den Koalitionsvertrag insgesamt belastet, während wichtige Wettbewerber wie USA, China oder Frankreich gerade auf Steuerentlastungen setzen.

Wir erkennen an, dass sich die beteiligten Parteien in einer schwierigen Ausgangslage konstruktiv um einen tragfähigen Kompromiss für eine stabile Regierung bemüht haben. Solch eine handlungsfähige Regierung brauchen wir insbesondere für den anstehenden Reformprozess in der Europäischen Union. Gerade für die international so stark eingebundene deutsche Wirtschaft ist das klare Bekenntnis für Freihandel und gegen Protektionismus in Europa und der Welt sehr wichtig.

Auch darüber hinaus enthält der nun erzielte politische Kompromiss einiges, was wir auch als deutsche Wirtschaft unterstützen: Der Koalitionsvertrag schreibt Bildung groß und verspricht Investitionen in Ganztagsbetreuung, Schulen, Berufsschulen und Hochschulen. Das ist eine positive Botschaft, denn kluge Köpfe sind die wichtigste Ressource unseres Landes. Gerade angesichts des Fachkräftemangels ist besonders erfreulich, dass der Beruflichen Bildung im Koalitionsvertrag der Stellenwert eingeräumt wird, auf dem auch in Zukunft die Qualität unserer Produkte und Dienstleistungen beruhen muss.

Im Bereich Energiepolitik bleibt der Koalitionsvertrag deutlich hinter seinen Möglichkeiten zurück: So fehlt das Thema Entlastung bei den Strompreisen völlig. Positiv ist das klare Bekenntnis zum Ausbau der Stromnetze. Das wird aber nicht reichen, um mit dem geplanten beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien Schritt zu halten. Denn es fehlt die konsequente Ausrichtung der Energiewende auf eine effiziente Vermarktung, Verteilung, Speicherung und Nutzung von Energie. So wird es nicht gelingen, die Kostenspirale der vergangenen Jahre zu durchbrechen. Die Preise, die deutsche Unternehmen für ihren Strom bezahlen, liegen im internationalen Vergleich weiter mit an der Spitze. Daran ändert der Koalitionsvertrag nichts.

Für die Wirtschaft wichtig ist der Bürokratieabbau: Wenn tatsächlich im Steuerrecht Betriebsprüfungen zeitnäher stattfinden und die monatliche Umsatzsteueranmeldung für Existenzgründer abgeschafft wird, erspart das den Beteiligten viel Aufwand. Enorme Bedeutung hat die Entbürokratisierung im Planungs- und Genehmigungsrecht. Wir müssen in Deutschland notwendige Projekte schneller realisieren können. Sonst verpassen wir unsere Zukunft. Umso wichtiger ist es, dass die Regierung unmittelbar die angesprochenen Entbürokratisierungsschritte konkretisiert und mit quantitativen Zielen versieht.

Quelle und Kontaktadresse:
(DIHK) Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V. Frank Thewes, Leiter des Bereichs Kommunikation Breite Str. 29, 10178 Berlin Telefon: 030 203080, Fax: 030 203081000

(wl)

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