Pressemitteilung | Sozialverband Deutschland e.V. - Bundesverband (SoVD)

SoVD fordert Kommunen zu Augenmaß bei Umzugsaufforderungen auf

(Berlin) - Der Sozialverband Deutschland zieht eine erste Bilanz der Einführung des Arbeitslosengeldes II. Wir stellen fest: Hartz IV führt zu erheblichen sozialen Härten. Besonders hart trifft es diejenigen, die auf dem Arbeitsmarkt derzeit kaum eine Chance haben – die Älteren, Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen und behinderte Menschen. Sie werden durch das Arbeitslosengeld II unter das Existenzminimum gedrückt.

Bei der Umsetzung von Hartz IV treten eine Reihe von Problemen auf. Den dringlichsten Nachbesserungsbedarf sehen wir in den folgenden acht Punkten:

1. Vor allem in Optionskommunen werden Empfänger von Arbeitslosengeld II ohne Einzelfallprüfung zum Umzug aufgefordert. Solche Formschreiben sind rechtswidrig. Wir fordern die Kommunen auf, diese rechtswidrige Praxis einzustellen. Die Kommunen sind verpflichtet, eine Einzelfallprüfung vorzunehmen. Hierbei muss das soziale Augenmaß gewahrt werden. Geringfügige Überschreitungen der Angemessenheitsgrenze rechtfertigen eine Umzugsaufforderung nicht. Umzüge müssen die Ausnahme bleiben.

2. Trotz Härtefallregelung bei der Krankenversicherung bleiben noch Regelungslücken: Vielen früheren Sozialhilfeempfängern bleibt der Weg zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Krankenkasse trotz Härtefallzuschuss versperrt, weil sie die notwendigen Vorversicherungszeiten nicht erfüllen. Für diese Menschen muss dringend eine Lösung gefunden werden.
Bislang fehlt auch noch die gesetzliche Absicherung des Härtefallzuschusses. Wir fordern Wirtschaftsminister Clement auf, dies umgehend auf den Weg zu bringen.

3. Für erwerbsfähige behinderte Menschen entstehen durch Hartz IV Rechtsunsicherheiten, die beseitigt werden müssen. Einige Optionskommunen sind fälschlicherweise der Ansicht, dass sie nicht für die berufliche Wiedereingliederung behinderter Menschen zuständig sind. Hier muss Abhilfe geschaffen werden.

4. Die Regelsätze für das Arbeitslosengeld II sind zu niedrig bemessen. Sie sichern nicht das Existenzminimum. Wir fordern daher eine unverzügliche Neubemessung der Regelsätze. Unterschiedliche Regelsätze in Ost- und Westdeutschland sind nicht mehr zu rechtfertigen. Wir fordern gleiche Regelsätze für Ost und West.

5. Die niedrigen Zuverdienstgrenzen für Arbeitslosengeld II-Bezieher sind kontraproduktiv. Anstatt einen Anreiz zur Arbeitsaufnahme zu bieten, wird das Gegenteil erreicht. Wir fordern einen Grundfreibetrag von mindestens 240 Euro. Damit können auch Fehlanreize gegenüber Ein-Euro-Jobs vermieden werden.

6. Der Kinderzuschlag, der Familien mit geringem Einkommen vor der Bedürftigkeit schützen soll, führt in vielen Fällen zu einer massiven Ungleichbehandlung von Familien. Der Kinderzuschlag blockiert den Bezug von Arbeitslosengeld II, mit dem sich viele der Betroffenen besser stellen würden. Wir fordern, den Kinderzuschlag so zu gestalten, dass die jeweils günstigere Regelung greift.

7. Das Schonvermögen für die Altersvorsorge ist zu gering. Wir fordern daher, den Grundfreibetrag wieder zu erhöhen.

8. Bereits abgeschlossene Vereinbarungen der Arbeitsagenturen mit Arbeitslosen über 58 Jahren, die den Bezug von Arbeitslosenhilfe bis zum Renteneintritt vorsahen, müssen eingehalten werden. Entgegen der Vereinbarung erhalten sie jetzt das niedrigere Arbeitslosengeld II. Das ist Vertragsbruch. Drei Musterklagen von SoVD-Mitgliedern sind bereits anhängig.

Wir fordern die Bundesregierung auf, die Auswirkungen der Einführung von Hartz IV sorgfältig zu prüfen, Fehlentwicklungen zu korrigieren und unsere Vorschläge für Nachbesserungen aufzugreifen.

Quelle und Kontaktadresse:
Sozialverband Deutschland e.V. - Bundesverband, Geschäftsstelle Berlin (SoVD) Stralauer Str. 63, 10179 Berlin Telefon: 030/726222-0, Telefax: 030/726222-311

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