Pressemitteilung | Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb)

Stellungnahme zum Entwurf eines dritten Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechtes

(Berlin) - Der djb begrüßt grundsätzlich die mit dem Entwurf verfolgte Intention, die Patientenverfügung gesetzlich zu regeln. Dass dies im Betreuungsgesetz geschehen soll, ist sicherlich ein Weg, macht aber gleichzeitig deutlich, dass die Problematik hauptsächlich im Bereich der Einwilligung der betreuenden oder bevollmächtigten Person zu den ärztlichen Behandlungsmaßnahmen gesehen wird. Der djb würde einer gesetzlichen Regelung des Arzt-Patientenverhältnisses und in diesem Zusammenhang auch der gesetzlichen Ausgestaltung der Patientenverfügung im Schuldrecht des BGB den Vorrang geben. Schließlich dient die Patientenverfügung dem Selbstbestimmungsrecht der einzelnen Person gegenüber der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt, um ihrer Einwilligung zu Behandlungsmaßnahmen oder deren Abbruch Ausdruck zu verleihen. Es geht also bei der Patientenverfügung in erster Linie um das Verhältnis zwischen Ärztin oder Arzt und Patientin oder Patient und nur in zweiter Linie, in welcher Weise die betreuende oder bevollmächtigte Person berechtigt und verpflichtet ist, den Wunsch der Patientin oder des Patienten durchzusetzen. Dass die betreuende bzw. die bevollmächtigte Person verpflichtet ist, den geäußerten Willen der betreuten Person zu beachten und durchzusetzen, ergibt sich bereits aus dem derzeit geltenden Recht und bedarf deshalb keiner Änderung.

Der djb befürwortet, dass sich die Patientin oder der Patient einer nur lebensverlängernden, aber nicht erfolgsversprechenden oder mit erheblichen Nebenwirkung verbundenen Behandlung widersetzen darf, auch wenn der eigentliche Sterbeprozess noch nicht begonnen hat. Das sollte beispielsweise sowohl für langandauernde komatöse wie auch demente Kranke gelten, aber auch und insbesondere für das Einsetzen von Herzschrittmachern und medizinisch nicht indizierte PEG-Sonden. Bedauerlich ist es, in der Praxis feststellen zu müssen, dass gerade Letztere oftmals aus Furcht vor strafrechtlichen Konsequenzen oder purer Gewinnsucht leichtfertig gelegt werden. Hiergegen muss sich eine hilflose Person durch Versagung der Einwilligung wehren können, auch für den Fall, dass der Sterbevorgang noch nicht unmittelbar begonnen hat.

Schon aus Beweiszwecken sollte eine Patientenverfügung möglichst schriftlich abgefasst sein. Der djb ist jedoch ebenfalls der Ansicht, dass strenge Formvorschriften für die Erstellung, aber auch für den Widerruf einer Patientenverfügung eine zu große Hemmschwelle darstellen würden, was besonders bei diesem sensiblen Bereich keinesfalls sein darf. Es muss deshalb entscheidend sein, ob der Wille der Patientinnen und Patienten eindeutig ist und zweifelsfrei bewiesen werden kann.

Zu kritisieren an dem Gesetzentwurf ist, dass in § 1904 die Position der betreuenden und der bevollmächtigten Person unterschiedlich bewertet werden. Dabei wird nicht in ausreichendem Maße gewürdigt, dass die oder der eingesetzte Bevollmächtigte die betroffene Person gut und meistens schon längere Zeit kennt, ihr Vertrauen genießt und von daher deren Ansichten berücksichtigen kann. Einer Betreuerin oder einem Betreuer dagegen sind in den meisten Fällen die Patientin oder der Patient und ihre oder seine Wünsche sowie deren oder dessen Motivation unbekannt. Schon von daher ist eine betreuende Person, z. B. eine Berufsbetreuerin oder ein Berufsbetreuer, die oder der die Person erst durch die Betreuung kennen gelernt hat, oftmals gar nicht in der Lage, den Willen der Patientin oder des Patienten in ausreichendem Maße zu erkennen und zu vertreten.

Die Praxis verdeutlicht die Notwendigkeit, der bevollmächtigten Person, die das Vertrauen der Patientin oder des Patienten genießt, die Möglichkeit des § 1904 Absatz 3 E einzuräumen, um nach dem Willen der Patientin oder des Patienten eine Erklärung abzugeben und zusammen mit der Ärztin oder dem Arzt eine Lösung zu finden. Dabei sollte das Wort "nur" in § 1904 Absatz 4 E gestrichen werden.

Nach dem bisherigen Entwurf hat nur die betreuende Person die Möglichkeit, aufgrund eines mutmaßlichen Willens der Patientin oder des Patienten zu handeln, nicht jedoch die bevollmächtigte Person. Das muss so verstanden werden, dass der bevollmächtigten Person, obwohl von der Patienten bzw. vom Patienten vertrauensvoll ausgewählt, vom Gesetzgeber misstraut wird, nicht aber den betreuenden Personen.

Der djb spricht sich gegen die Formulierung des § 69 d Absatz 2 Satz 2 FGG des Entwurfes aus. Die Verwendung des Wortes "sollen" lässt Ausnahmen zu und es ist zu befürchten, dass z. B. aus Kostengründen alsbald die Ausnahme zur Regel wird. Das darf keinesfalls sein, sowohl um Missbrauchstatbestände einzuschränken, aber auch um mehr ärztlichen Sachverstand in die doch schwerwiegende Entscheidung einfließen zu lassen.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Juristinnenbund (Vereinigung der Juristinnen, Volkswirtinnen und Betriebswirtinnen) e.V. (djb) Anklamer Str. 38, 10115 Berlin Telefon: 030/4432700, Telefax: 030/44327022

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