Pressemitteilung | Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR)

Steuerpläne der Bundesregierung blockieren die Wirtschaft / Wiederbelebung der Vermögensteuer bestraft Leistungswillige

(Berlin) - Die Steuerreformvorhaben der rot-grünen Regierung schädigen die Konjunktur und den Standort Deutschland, so Jochen Lehnhoff, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken anlässlich des 2. BVR-Verbandstages in Frankfurt. Die geplanten Regelungen seien vor dem Hintergrund der schwierigen Lage und Stimmung in der deutschen Wirtschaft ein zusätzlicher Bremsfaktor. Unter diesen Bedingungen könne der Konjunkturmotor Deutschland nicht anspringen. Statt für Freiraum zu sorgen, belaste die Regierung die Unternehmen wie Privatanleger mit noch mehr Bürokratie und erzeuge damit ein Gefühl von Resignation. Die angedachten Neuregelungen zu Kontrollmitteilungen, zur Verlustverrechnung von Unternehmen und zur Organschaft bei Spezialkreditinstituten seien klar abzulehnen; ebenso die von einigen Bundesländern angeregte Wiedereinführung der Vermögensteuer.

Kontrollmitteilungen verfehlen ihr Ziel und lenken Kapital ins Ausland

Nach Auffassung des BVR ist es nach den gegenwärtigen Plänen zwar gelungen, mit der 7,5-prozentigen Besteuerung im Aktienbereich und der 15-prozentigen Besteuerung bei sonstigen Wertpapieren eine moderate Lösung zu finden, die nicht zu Verzerrungen im Marktgeschehen führen sollte. Inakzeptabel sei allerdings der die Neuregelung begleitende zusätzliche Verwaltungsaufwand für die Kreditwirtschaft. Ein Zinsertrag müsste zukünftig fünffach verarbeitet werden. Ein solcher Erfassungsaufwand werde zwingend zu Steuermindereinnahmen führen. Denn die damit verbundenen horrenden Verwaltungskosten sind bei den Kreditinstituten als Betriebsausgaben abzugsfähig, ohne dass ihnen zusätzliche Steuereinnahmen aus der Einkunftsart Kapitalvermögen gegenüberstehen. Das gegenwärtig vorliegende Regelungskonzept führe zu einer weiteren Abwanderung insbesondere ausländischen Kapitals.

Der über die Einführung von Kontrollmitteilungen erhöhte Druck auf die Kapitalanleger führt nach Ansicht des BVR nicht zu einer höheren Erfassungsdichte der Kapitaleinkünfte im Inland. Gemäß den von staatlichen Stellen veröffentlichten Zahlen über die im Ausland verwahrten Kapitalvermögen der letzten Jahre hat die Verschärfung der Kontrollen keine Verbesserung der Verhältnisse ergeben. Abhilfe könne nur eine unbürokratische Besteuerung auf niedrigem Niveau schaffen. So werde die zentrale Voraussetzung für die Wirksamkeit einer solchen Regelung - die breite Akzeptanz bei den Anlegern - gewährleistet. Die Kreditwirtschaft hat mit der Abgeltungsteuer einen entsprechenden Lösungsvorschlag vorgelegt. Die Lösung könne nur in einem Neuanfang bei der Besteuerung der Kapitalerträge liegen. Mit der Einführung einer moderaten Abgeltungsteuer kann der erforderliche Anreiz geschaffen werden, im Ausland verwaltete Kapitalvermögen zukünftig wieder ins Inland zu verlagern.

Beschränkte Möglichkeiten der Verlustverrechnung sind substanzgefährdend

Eine Einschränkung der Verlustverrechnung werde die Liquidität von Unternehmen in schwierigen Phasen erheblich belasten. Dies könne im Einzelfall zur Gefährdung des Bestandes eines Unternehmens führen, so der BVR. Bisher war es Unternehmen möglich, während eines Geschäftsjahres eingetretene Verluste bis zu einem Betrag in Höhe von 511.500 Euro auf das Vorjahr bzw. in unbeschränktem Umfang auf die nächsten Kalenderjahre zu übertragen. Zukünftig soll der Verlustvortrag auf die Hälfte des tatsächlich im Kalenderjahr erzielten Gesamtgewinnes beschränkt werden. Im Ergebnis würde sich der Staat an allen Gewinnen unmittelbar beteiligen, so der BVR. Umfangreiche Verluste dürften dagegen nur über verschiedene Kalenderjahre verteilt steuerlich berücksichtigt werden.

Verschärft werde die Situation bei Verschmelzungen von Unternehmen. Nach dem Gesetzentwurf dürfen bei einer Fusion die bei dem übertragenden Unternehmen in der Vergangenheit aufgelaufenen Verluste nicht mehr auf das übernehmende Unternehmen übergehen. Sanierungsmaßnahmen durch Übernahmen werden somit in vielen Fällen unmöglich gemacht. Der Verlust weiterer Arbeitsplätze wäre die Folge.

Einschränkung der steuerlichen Organschaft hemmt Investitionstätigkeit

Die im Gesetzesentwurf enthaltenen Rechtsänderungen werden nach Einschätzung des BVR zu einer massiven Beeinträchtigung der Investitionstätigkeit und damit auch der Beschäftigung in Deutschland führen. Die geplanten Regelungen würden zudem einen tiefen Eingriff in die über Jahrzehnte gewachsenen und betriebswirtschaftlich sinnvollen Unternehmensstrukturen bedeuten. Denn zukünftig werde es Universalbanken verwehrt, gemeinsam mit Hypothekenbanken oder Bausparkassen eine steuerliche Organschaft zu begründen. Die Erträge eines Spezialkreditinstituts dürften dann nicht mehr mit den Verlusten der Muttergesellschaft verrechnet werden. Ein solches Verbot stelle eine sachlich nicht zu rechtfertigende und damit verfassungswidrige Sondersteuer für Spezialkreditinstitute dar.

Ein absurder Widerspruch bestehe zur bisherigen Rechtslage: Die Bankenaufsicht hat in den vergangen Jahren Gewinnabführungsverträge zwischen Universal- und Spezialkreditinstituten wie Bausparkassen und Hypothekenbanken anerkannt. Nun versuche man, mittels steuerlicher Vorschriften diese Entwicklungen als "unerwünscht" abzutun. Der Bundesrat hat bereits im Dezember 2001 seine Zustimmung zum Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz mit der Forderung verbunden, die steuerliche Nichtanerkennung der Organschaft für einzelne Branchen aufzuheben. Er forderte den Bundestag auf, die Versicherungswirtschaft beschränkte Sonderregelung rückwirkend aufzuheben. Der Gesetzgeber verschärfe die bestehende verfassungsrechtliche Schieflage, so der BVR, wenn er den Anwendungsbereich auf Spezialkreditinstitute ausdehnt. Er schaffe damit für Spezialbanken ein Sondersteuerrecht, das die betroffenen Unternehmen im Wettbewerb diskriminiere.

Der BVR hält es für unakzeptabel, dass ein derart schwerwiegender Eingriff in die Vertragsautonomie ohne Übergangsvorschriften vorgenommen werden soll. Die betroffenen Unternehmen müssten sich vor den Kopf gestoßen fühlen. Denn ihnen wurde zunächst gesetzlich vorgeschrieben, einen Gewinnabführungsvertrag für eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren abzuschließen. Nach einem Jahr soll nun eine Gesetzesänderung verhindern, dass die steuerrechtlichen Konsequenzen aus diesem Vertrag gezogen werden.

BVR lehnt Vermögenssteuer ab

Die von den Bundesländern Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen angestoßene Bundesratsinitiative zur Wiederbelebung der Vermögensteuer lehnt der BVR strikt ab. "Wer wirtschaftliches Wachstum fördern will, sollte von der Wiedereinführung der Vermögenssteuer die Finger lassen", so BVR-Vorstandsmitglied Jochen Lehnhoff. Es handele sich bei der Vermögensteuer um eine Neidsteuer, die gerade die Leistungswilligen und Leistungsfähigen der Gesellschaft bestrafe. "Neid ist auch in der Steuerpolitik ein schlechter Ratgeber", so Lehnhoff.

Im Bereich der Privatvermögen stünden die zusätzlich entstehenden Verwaltungskosten in keinem Verhältnis zu dem erwarteten Steueraufkommen. Im Betriebsvermögen wirkt sich die Vermögensteuer ebenso nachteilig aus. Sie belaste die Unternehmen zusätzlich und verringere deren Investitionsfähigkeit. Im günstigsten Fall ist die Vermögenssteuer eine Steuer auf Vermögenserträge; diese unterliegen aber bereits der Einkommenssteuer. Im ungünstigsten Fall wird die Steuer auch dann erhoben, wenn das Unternehmen keine Gewinne macht. Dadurch werde die Substanz von Unternehmen angegriffen. Nur die privaten Vermögen zu besteuern und die Unternehmen von der Vermögenssteuer freizustellen, verbiete sich nicht nur aus praktischen Überlegungen wegen bestehender Ausweichmöglichkeiten, sondern auch aus verfassungsrechtlichen Gründen.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR) Schellingstr. 4 10785 Berlin Telefon: 030/20210 Telefax: 030/20211900

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