Pressemitteilung | (vzbv) Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

Streit um Zeitungsanzeigen / vzbv mahnt Pharmariesen Pfizer ab / Edda Müller: "Angst der Patienten wird missbraucht"

(Berlin) - Der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) hat den Arzneimittelhersteller Pfizer für eine in mehreren Tageszeitungen abgedruckte ganzseitige Anzeige abgemahnt. vzbv-Chefin Prof. Dr. Edda Müller kritisierte das Vorgehen des Unternehmens scharf. Pfizer missbrauche die Sorge der Patienten für seine Unternehmenszwecke. "Pfizer sorgt sich nicht um die Patienten sondern um seine Gewinne", so Edda Müller.

Mit den Anzeigen hatte sich Pfizer gegen neue Festbeträge für einen Cholesterin-Senker des Pharmaproduzenten gewehrt. In der Anzeige heißt es, Kassenpatienten werde "der Zugang zum besten Cholesterin-Senker erschwert." Die Gesundheit der betroffenen 1,5 Millionen Patienten werde dadurch gefährdet.

Der von Pfizer hergestellte Cholesterin-Senker Sortis wird in den Anzeigen und auf einer Internetplattform der Firma namentlich genannt und als besonders wirksam und nebenwirkungsarm beschrieben. Eine derartige Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel in der Tagespresse ist nach EU-Recht verboten. Die Firma verstößt damit auch gegen das Arzneimittel- und Heilmittelwerbegesetz. Die gesetzliche Werbebeschränkung für verschreibungspflichtige Arzneimittel soll sicherstellen, dass Medikamente allein nach dem therapeutischen Nutzen und nicht nach der Höhe des Werbeetats verschrieben werden.

Hintergrund der Anzeigenaktion von Pfizer ist eine Regelung im Rahmen der Gesundheitsreform. So erstatten die Krankenkassen ab 2005 bei bestimmten patentgeschützten Arzneimitteln nur noch Festbeträge. Damit sollen die gerade bei Arzneimitteln stark steigenden Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung gesenkt werden. Diese Regelung richtet sich vor allem gegen die kostentreibende Wirkung sogenannter Scheininnovationen: Als Scheininnovationen bezeichnet man Arzneimittel, die von ihren Wirkstoffen bereits vorhandenen und bewährten Medikamenten gleichen, die aber als medizinische Neuerung zu höheren Preisen in den Markt gedrückt werden.

Noch im Sommer dieses Jahres hatten einzelne Hersteller in einem Gespräch mit Bundeskanzler Schröder vergeblich versucht, diese Regelung wieder zu Fall zu bringen. Ungeachtet dessen hat der Gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen den Festbetrag für die cholesterin-senkende Wirkstoffgruppe der Statine in seiner Junisitzung beschlossen. Nun versucht Pfizer die Öffentlichkeit für die eigenen Interessen zu mobilisieren. "Jede Firma hat das Recht, die Gesundheitsreform politisch zu kritisieren - sie muss sich dabei aber an Recht und Gesetz halten", sagte Müller. "Es ist inakzeptabel ,dass Pfizer eine politische Stellungnahme für illegale Produktwerbung nutzt."

Überlegene Wirksamkeit des Pfizer-Mittels umstritten
Ob das Pfizer-Medikament tatsächlich, wie in der Anzeige behauptet, besser ist als die vergleichbaren Statine, wird von Fachleuten bestritten. Der unabhängige Informationsdienst "Arznei-Telegramm" kommt nach Sichtung der bekannten Studien zu folgendem Fazit:
"Eine überlegene Wirksamkeit von Atorvastatin [der Wirkstoff des Pfizer-Mittels] im Vergleich zu anderen Statinen ist weder für die Primär- noch für die Sekundärprävention kardiovaskulärer Erkrankungen nachgewiesen. Für die Mehrzahl der Patienten fehlt somit der Beleg für einen Vorteil von Atorvastatin. In der wichtigsten Indikation für ein Statin, der Langzeitsekundärprophylaxe chronischer atherosklerotischer Erkrankungen, ist ein Nutzen von Atorvastatin gar nicht nachgewiesen. Wir erachten daher die Anzeigenkampagne als Panikmache und gezielte Irreführung der Öffentlichkeit, mit der Pfizer versucht, den derzeitigen Umsatz des Produktes (515 Millionen Euro über öffentliche Apotheken) ungeschmälert zu erhalten."

Quelle und Kontaktadresse:
vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Markgrafenstr. 66, 10969 Berlin Telefon: 030/258000, Telefax: 030/25800218

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