Pressemitteilung | Bundeszahnärztekammer Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Zahnärztekammern e.V. (BZÄK)

Umsatzhoffnung der Dentalindustrie auf ungünstigem Boden

(Berlin) - Die deutschen Zahnärzte begrüßen mit gespannter Erwartung die rund 1300 Aussteller aus aller Herren Länder, die Ende März zur weltgrößten Dentalmesse IDS, der Internationale Dental Schau nach Köln kommen", sagt Dr. Dr. Jürgen Weitkamp, Präsident der Bundeszahnärztekammer, vor Messebeginn. "Die Zahnmedizin ist ein stark präventionsorientierter Heilberuf, das wird jedem spätestens dann bewusst, wenn er die schier unübersehbare Menge an Produkten der Dentalindustrie bei dieser Messe im Auge hat. Insbesondere um den Bereich Implantate hat sich eine große technische und biomedizinische Industrie entwickelt."

Wie zufrieden die Aussteller aber am 31. März ihre Stände schließen, wage er nicht zu beurteilen: "Mit Blick auf die derzeitige Lage der deutschen Zahnärzte muss man wohl eine schleichende Demodernisierung der Praxen befürchten. Das hiesse sinkende Investitionsfähigkeit und konsequenterweise schlechtere Geschäfte für die Hersteller. Der Boden für Umsatzhoffnungen ist derzeit nicht günstig."

Eine im Vorfeld der IDS 2001 zur Lage der Zahnärzte erhobene stichprobenartige Trendumfrage in einigen Kammerbereichen habe gezeigt, daß – hochgerechnet - von den rund 51.000 Praxisinhabern, letztlich die Hauptzielgruppe der Dentalindustrie, rund 10 – 15 % bei ihren zuständigen Kammern bzw. beim Versorgungswerk der Zahnärzte nach eingehender Prüfung ihrer wirtschaftlichen Situation Beitragsermäßigung, -ratenzahlung oder gar –befreiung erhalten haben. Die Anzahl der entsprechenden Anträge liege sogar noch weit höher. "Dies ist ein Signal, wie belastend sich die Gesundheitspolitik auf unseren Berufsstand auswirkt", so Dr. Weitkamp, "und kein gutes Omen für zukunftsträchtige Investitionen."

Hintergrund und Daten
Existenzgründer als Hoffnungsträger der Industrie
Hoffnungsträger der Industrie seien die Existenzgründer unter den Zahnärzten, die entweder eine eigene Praxis eröffnen oder eine vorhandene Praxis übernehmen. Die Quote der Neuniederlassungen im Verhältnis zu Berufsaufgaben habe sich in den letzten Jahren aber deutlich verringert. 1993 standen den 737 Berufsaufgaben 3925 Neuniederlassungen gegenüber, auf eine Praxisaufgabe kamen also 5,3 Neuniederlassungen. 1995 lag die Quote bei 3,9, 1997 bei 2,8, 1998 liegt sie zwischen 1,8 und – nach ersten Daten für 1999 – vermutlich bei rund 2,2.

Im Vergleich zu den Vorjahren habe sich 1998 und 1999 die Anzahl der Praxisaufgaben verdoppelt. "Immer mehr Praxisinhaber können die Folgen der Politik nicht verkraften, können unter Budgetzwängen ihre Praxis nicht ausreichend wirtschaftlich stabilisieren, sehen sich nicht mehr in der Lage, dem Investitionsdruck standzuhalten und der in immer kürzeren Abständen auf den Markt kommenden neue Technik zu folgen, um moderne Behandlungsmethoden in der Praxis einzuführen." Mit "sprechender Zahnheilkunde" allein, die in Zukunft eine noch größere Rolle spielen werde, sei eine Praxis nicht zu halten. Kommunikation sei notwendig, um die Behandlung und ihre Abläufe zu vermitteln, ohne Investition in ausgefeilte Technik und innovative Produkte sei moderne Zahnmedizin aber nicht machbar. Dr. Weitkamp: "Das Interesse an Investitionen ist vorhanden, die Zuversicht, dass man sich das leisten kann, aber gesunken."

Praxisneugründung – hohe Kosten und immer weniger Patienten
Der Investitionsdruck bei Neugründung einer Einzelpraxis sei erheblich: Seit 1993 stünden die Zahnärzte unter den Ärzten an zweiter Stelle der höchsten Investitionen – nach den Chirurgen. Dies zeigten die jährlichen Erhebungen des Institutes der Deutschen Zahnärzte (IDZ) zusammen mit der Deutschen Apotheker- und Ärztebank, die das Investitionsverhalten bei Einzelpraxisneugründungen analysieren. Die Investitionsvolumina für 1999: An erster Stelle die Chirurgen (592.000 DM), dicht dahinter die Zahnärzte (547.000 DM), danach die Internisten, Urologen - und auf Platz fünf die Orthopäden (434.000 DM).
Dr. Weitkamp: "Die jungen Praxisinhaber gehen also mit einer außerordentlich hohen Verschuldung in einen Beruf, der anders als früher keine Sicherheit mehr bietet – politisch nicht, aber auch wirtschaftlich nicht." Die Anzahl der Einwohner pro behandelnd tätigem Zahnarzt sei stetig gesunken. 1992 kamen auf einen behandelnd tätigen Zahnarzt noch 1439 Einwohner, 1999 waren es nur noch 1313. Im gleichen Zeitraum habe sich das Praxisgründungsverhalten deutlich verändert. Im Gegensatz zu früher ginge der Trend eindeutig in Richtung Praxisgemeinschaft. Laut IDZ waren 1999 bereits 15 % aller Praxisneugründungen Gemeinschaftspraxen– vor zehn Jahren nur 7,5 %, also glatt die Hälfte. "Auch hier sehen wir gespaltene Gründe: Einerseits spezialisieren sich junge Zahnärzte mehr als früher auf bestimmte Fachrichtungen innerhalb der Zahnmedizin, was wir prinzipiell für eine positive Entwicklung halten, und kooperieren unter einem Dach, andererseits spielt aber auch eine erhebliche Rolle, dass man sich auf diese Weise Praxisunterhalts- und –Investitionskosten teilen kann."

Berufspolitik zur Zukunftssicherung
Die Politik der Bundeszahnärztekammer, die einerseits den fachlichen Paradigmenwechsel in der Zahnheilkunde untermauere, dabei die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aber nicht außen vor lasse, komme also den Interessen nicht zuletzt der jungen Zahnärztegeneration entscheidend entgegen:

- Das Interesse an Spezialisierung in Fachgebieten innerhalb der Zahnheilkunde ist hoch: Die Bundeszahnärztekammer antwortet mit der Einführung von strukturierten und qualitätsgeprüften Fortbildungsgängen in bestimmten zahnärztlichen Gebieten.

- Der Paradigmenwechsel hat zu einem neuen Bild der Zahnheilkunde geführt: Die Bundeszahnärztekammer entwickelt derzeit die Neubeschreibung einer präventionsorientierten Zahnheilkunde, die der Prophylaxe im Vergleich zu Zahnersatzbehandlung deutliche Priorität verleiht – mit Überarbeitung des Honorarrahmens für kassenzahnärztliche und privatzahnärztliche Versorgung und damit notwendigen Rahmenbedingungen für den realen Kurswechsel in der Zahnmedizin.

- Das Vertrauen in die Zukunft moderner Zahnheilkunde im gegenwärtigen Krankenversicherungssystem ist tief gesunken: Die Bundeszahnärztekammer lässt daher nicht nach, für das ‚Modell Zahnheilkunde‘ in der Gesetzlichen Krankenversicherung zu kämpfen, das allen Patienten eine gute Grundversorgung bietet und über Festzuschüsse bzw. Wahlleistungen eine individuelle Therapie ermöglicht.

- Die Zahnärzte fühlen sich von Gesetzgeber und Regierung eher im Stich gelassen bei ihrem Eintreten für die längst überfällige Anpassung der Privathonorare, die seit 1988 nicht mehr der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland angeglichen wurden. Die Bundeszahnärztekammer wird trotz negativer politischer Signale nicht nachlassen, für die berechtigten Interessen der Zahnärzteschaft weiter zu kämpfen.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundeszahnärztekammer Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Zahnärztekammern e.V. Chaussestr. 13 10155 Berlin Telefon: 030/400050 Telefax: 030/40005200 Birgit Dohlus Telefon: 030/30824682 Telefax: 030/30824683

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