Pressemitteilung | Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA)

VDA erhöht Prognose für Westeuropa auf 14,5 Mio. Pkw / Auch für das Inland zuversichtlich / Gottschalk: Zulieferer sind „Kraftpaket besonderer Art“

(Frankfurt am Main) - „Die Unternehmen der deutschen Automobil-Zuliefererindustrie, insbesondere der Mittelstand, sind ein ‚Kraftpaket besonderer Art und Güte‘, das wichtige positive Beiträge für die Gesamtwirtschaft leistet“, betonte Prof. Dr. Bernd Gottschalk, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie, am 12. Mai auf dem 4. VDA-Mittelstandstag in Gravenbruch vor der Presse. Der Umsatz der Zulieferindustrie lag im ersten Quartal um 5 Prozent über dem Rekordniveau des Vorjahreszeitraums. In den letzten 10 Jahren hat die deutsche Zulieferindustrie ihren Umsatz auf über 60 Mrd. Euro mehr als verdoppelt. Die Zulieferer beschäftigen derzeit mehr als 327.000 Mitarbeiter und haben selbst in dieser schwierigen Konjunkturphase seit Anfang des letzten Jahres bis heute mehr als 12.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. „Das ist ein Beweis der Stärke“, so Prof. Gottschalk.

Er unterstrich: „Unsere Zulieferer investieren in Deutschland, sie investieren im Ausland, entweder im Geleitzug der Fahrzeughersteller, oder um weiße Flecken auf der Landkarte zu schließen. Der Vorwurf, Unternehmer, die im Ausland investierten, seien vaterlandslose Gesellen, kann ich für meine Unternehmen der Zulieferindustrie nicht akzeptieren – ich kann ihn grundsätzlich nicht akzeptieren!“ Es sei der VDA, der eine Initiative für mehr automobile Wertschöpfung in Deutschland gestartet habe. Wenn Unternehmen auf notwendige Verbesserungen in den Rahmenbedingungen in Deutschland hinwiesen oder eine Fortsetzung der Reformpolitik anmahnten, dann geschehe das nicht aus Polemik, sondern aus Verantwortung für die heimische Beschäftigung und deren Zukunftssicherung: „Schließlich ist es für viele Unternehmen fünf Minuten vor Zwölf“, betonte der VDA-Präsident.

Angesichts der nach wie vor labilen Gesamtkonjunktur sei es nur gut, dass die Automobilbranche Monat für Monat an Zugkraft gewinne. Im April habe sich die positive Produktions- und Absatzentwicklung der Automobilindustrie weiter fortgesetzt: Der Zuwachs in den Pkw-Neuzulassungen im April von 3,4 Prozent bedeute, dass im ersten Tertial – verglichen mit dem entsprechenden Vorjahreszeitraum – nur noch ein Absatzvolumen von knapp 12.000 Fahrzeugen fehle, um den Gleichstand zu erreichen. Prof. Gottschalk: „Das ist gerade mal das, was die deutsche Automobilindustrie im Inland an einem Vormittag produziert.“

Die höhere Schrittgeschwindigkeit der letzten beiden Monate, vor allem aber der gestiegene Auftragseingang zeigten, dass die Autokonjunktur langsam, aber stetig an Fahrt gewinne. „Da ist zwar noch nicht alles Gold was glänzt, aber wir sehen keinen Anlass, von unserer Erwartung eines Absatzes im Gesamtjahr von 3,35 Mio. Pkw Abstand zu nehmen. Im Autojahr 2004 ist noch einiges drin“, unterstrich der VDA-Präsident und fügte hinzu: „Angesichts der erfreulichen Entwicklung in Europa mit einem Zuwachs von 4 Prozent im April und 3 Prozent im ersten Tertial erhöhen wir unsere bisherige Jahresprognose 2004 für Westeuropa auf 14,5 Mio. Pkw (plus 2 Prozent).“ 2003 wurden in Westeuropa 14,2 Mio. Pkw abgesetzt.

Auch der Export entwickelt sich weiter auf erfreulich hohem Niveau. Er erhöhte sich in den ersten vier Monaten um 3 Prozent auf 1,3 Mio. Einheiten. In die neuen EU-Beitrittsländer stieg der Export um stolze 38 Prozent, nach Asien um 33 Prozent.

Der Auftragsbestand ist vom Tiefstpunkt im Dezember 2003 mit 375.000 Einheiten auf 538.000 im April gestiegen, ein Plus von 43 Prozent. Der Auftragseingang aus dem Inland lag insgesamt im bisherigen Jahresverlauf auf Vorjahresniveau, wobei sich die deutschen Hersteller dank der zahlreichen neuen Modelle mit einem Plus von 3 Prozent von den Importeuren (minus 5 Prozent) abkoppeln konnten.

Prof. Gottschalk: „Zunehmende Stabilität entwickeln unsere Zulieferunternehmen auch durch ihre starke Beteiligung im Nutzfahrzeuggeschäft. Die Auftragsbücher werden bei Schwer-Lkw immer voller. Hier bläst der Wind derzeit richtig in die Segel.“ In den ersten vier Monaten wurden im Inland 17 Prozent mehr Schwer-Lkw zugelassen und 44 Prozent mehr Auftragseingänge verzeichnet.

Hersteller und Zulieferer haben nach Angaben des VDA-Präsidenten inzwischen mehr als 10 Mrd. Euro in den neuen Beitrittsländern investiert, davon 8 Mrd. Euro in Fertigungsanlagen mit einer Kapazität von über 800.000 Fahrzeugen. Bereits heute werden 63 Prozent der gesamten Pkw-Produktion in den Beitrittsländern durch deutsche Marken dargestellt. Erstmals wurden im 1. Quartal in den Beitrittsländern mit 196.000 mehr Autos deutscher Konzernmarken produziert als im bislang wichtigsten Auslandsstandort Spanien (184.000). Prof. Gottschalk: „Investitionen in Osteuropa sichern also auch Arbeitsplätze in Deutschland. Das Wachstumspotenzial ist hoch, und wir werden es nutzen. Wer jetzt erst aufwacht, kommt zu spät.“

Zum Thema hohe Benzinpreise sagte Prof. Gottschalk: „Die steuerliche Belastung der Autofahrer – einschließlich der fünf Ökosteuerstufen – ist unerträglich hoch und sollte reduziert werden. Von 50 Euro an der Tankstelle gehen inzwischen 35 Euro in die Taschen des Fiskus. Angesichts der dramatischen Steuerausfälle sollte man bedenken, dass jeder Autofahrer auch Steuerzahler ist. Umkehr ist angesagt! Die Grenze der Belastung ist überschritten! Strafsteuer für die nachhaltige Mobilität benötigen wir nicht. Was wir brauchen, ist steuerliche Entlastung, ein Fortsetzen des Reformprozesses und eine Wiedergewinnung des Vertrauens für Bürger, Konsumenten und Investoren.“

Die deutsche Automobilindustrie habe dafür gesorgt, dass Autos immer sparsamer werden: Die Zahl der Modelle, die weniger als 5 Liter pro 100 km verbrauchen, ist in den letzten 10 Jahren um den Faktor 10 gestiegen. Die Zahl der Fahrzeuge, die weniger als 6 Liter verbrauchen, hat sich verfünffacht. Dazu hat vor allem die Technologie der Zulieferindustrie beigetragen.

Zur Entwicklung der Stahlpreise sagte Prof. Gottschalk: „Darüber machen wir uns ernste Sorgen. Die Kostensteigerungen bei Stahl wie auch den Vorprodukten sind erheblich. Wir nehmen das sehr ernst und stehen mit allen Beteiligten in engstem Kontakt. Unsere mittelständischen Zulieferunternehmen sind da besonders betroffen, da sie oft nur Jahresverträge und keine langfristigen Liefervereinbarungen haben.“ Vertragsteilnehmer seien zwar die Unternehmen, nicht der VDA. Prof. Gottschalk: „Dennoch gilt unser ganzes Bemühen, dass die Lieferkette auch unter diesen Belastungen hält. Einen Königsweg gibt es zwar nicht, um so mehr ist Verantwortung von allen Marktteilnehmern gefragt. Auch wenn man davon ausgehen muss, dass ein Überwälzen der Kosten auf die Neuwagenpreise angesichts des scharfen Wettbewerbs kaum zu erreichen ist.“ Um so wichtiger sei es, dass die Gespräche fortgesetzt würden und das Verständnis unter allen Marktteilnehmern ausgebaut werde.

80 Prozent der VDA-Zulieferunternehmen zählen zum industriellen Mittelstand, das sind Unternehmen mit bis zu 1.000 Beschäftigten. Der Mittelstand leistet ein Viertel des Gesamtumsatzes der Zulieferindustrie und beschäftigt 30 Prozent ihrer Mitarbeiter.

Arndt G. Kirchhoff, Vorsitzender des VDA-Mittelstandskreises und geschäfts-führender Gesellschafter der Kirchhoff Automotive GmbH & Co. KG, sagte: „Die Notwendigkeit ist unbestritten, dass der Mittelstand seine Eigenkapitalausstattung verbessern muss. Der Wettbewerb ist hart, die Globalisierung stellt die Unternehmen vor neue Herausforderungen, auch im internationalen Benchmark. Aber die Verlässlichkeit und das Know-how für anspruchsvolle Technologien sind wichtige Faktoren. Es ist wie bei einem Bankkonto: Da darf man nicht immer nur Geld abheben, da muss auch eingezahlt werden.“

„Es darf nicht sein, dass Engpässe in der Finanzierung die Ausweitung der Produktpalette in Nischen gefährdet. Wir haben allerdings den Eindruck, dass einige Kreditinstitute im Interesse des Mittelstandes hier schon eine Modifikation ihrer bisherigen Politik der restriktiven Kreditvergabe überdenken“, so Kirchhoff. Der VDA biete seinen mittelständischen Unternehmen ein kostenloses Rating-Tool an, das von den Firmen immer stärker nachgefragt werde.

Es werde eine Fortsetzung der zu erwartenden Konzentration bei den Zulieferern geben und es sei abzusehen, dass die Unternehmen in Deutschland eine aktive Rolle dabei spielen würden. Kirchhoff: „Dabei geht es nicht um Größe um jeden Preis. Wir im VDA verfolgen explizit eine Politik der strategischen Stärkung: Nicht Akquisition so viel wie möglich, sondern Kooperation so viel wie nötig.“ Dazu diene auch die neue VDA-Kooperationsbörse sowie die Beteiligung des VDA an sogenannten Regional-Clustern. Es gebe eine zunehmende Kooperationsbereitschaft im Mittelstand, die sich vor allem in der Bildung von Netzwerken darstelle. Dies sichere die unternehmerische Eigenständigkeit und die Zukunftschancen.

Kirchhoff unterstrich: „International sind wir auf gutem Weg. Für Modulhersteller ist dies mittlerweile eine Selbstverständlichkeit, kleinen Unternehmen bietet der VDA seine hilfreiche Hand, beispielsweise auf Gemeinschaftsmessen in Brasilien, Japan oder China.“

Quelle und Kontaktadresse:
Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA) Westendstr. 61, 60325 Frankfurt Telefon: 069/975070, Telefax: 069/97507261

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