Pressemitteilung |

VDR-Kritik an Rentenreformkonzept der Regierung

(Frankfurt am Main) - Kritik an Teilen des von Bundesarbeitsminister Riester vorgelegten Rentenreformkonzepts übt der Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR), Prof. Dr. Franz Ruland. Als besonders problematisch sieht der VDR den Ausgleichsfaktor an. Seine Bezeichnung ist nicht korrekt. Er gleicht nichts aus. Er ist vielmehr ein linearisierter Kürzungsfaktor, der in den Jahren 2011-2030 die in diesen Jahren zugehenden Renten um jeweils 0,3 Prozent mindert, bis 2030 also um insgesamt sechs Prozent. Da dieser Faktor nur auf die Zugangsrenten ab 2011 wirken soll, werden die älteren Generationen – die Bestandsrentner - insoweit von den Kosten der demografischen Entwicklung befreit. Es kommt zu einer einseitigen Belastung der jüngeren Generationen. Statt einer solchen ungleichen Lastenverteilung sollte vielmehr versucht werden, die Lasten des Alterns unserer Gesellschaft auf möglichst viele Generationen zu verteilen. Dadurch würde der jeweilige Anteil geringer ausfallen. Würde der Ausgleichsfaktor ab 2010 modifiziert in die Anpassungsformel übernommen, könnte für Rentenzugang und Rentenbestand im Jahre 2030 bei einem Beitragssatz von 22 Prozent immer noch ein einheitliches Nettoniveau für alle Rentner von über 67 Prozent erzielt werden. Es läge dann nur etwa gut einen Prozentpunkt unter dem von der Bundesregierung für den heutigen Rentenbestand anvisierten Prozentsatz, aber für den Rentenzugang des Jahres 2030 um fast drei Prozentpunkte über dem Niveau nach dem Riester-Modell.

Im Übrigen weist der VDR darauf hin, dass der Ausgleichsfaktor wegen seiner Anbindung an den individuellen Rentenzugang darüber hinaus dazu führt, dass die Kürzung geringer ausfällt, je früher jemand in Rente geht. Dies läuft dem Ziel, die Lebensarbeitszeit zu verlängern, zuwider.


Private Vorsorge auch nicht billiger

Der VDR hält es für richtig, für Bezieher niedriger Einkommen die private Vorsorge durch staatliche Unterstützung zu fördern und dabei Familien mit Kindern besonders zu begünstigen. Trotzdem ist nach Auffassung des VDR-Geschäftsführers Vorsicht geboten. Die Rentenversicherung bietet weit mehr Schutz vor individuellen Risiken aufgrund ihrer starken Solidargemeinschaft als jede private Versorge. So ist ihr Beitrag unabhängig von Vorerkrankungen, er ist für Männer und Frauen trotz der höheren Lebenserwartung der Frauen einheitlich, der Versicherungsschutz gegen Erwerbsminderung sowie bei Tod des
Versicherten für dessen Hinterbliebene ist bei gleichem Beitrag gegeben und die Rentenversicherung finanziert ihren Rentnern auch noch den halben Beitrag zu ihrer Kranken- und Pflegeversicherung. Darüber hinaus erbringt sie Leistungen zur Rehabilitation und rechnet Zeiten der Arbeitslosigkeit, der Krankheit, der Kindererziehung und der Pflege bei der Rente an. All dies fällt bei einer privaten Vorsorge weg. Rendite ist eben nicht alles. Solidarität hat ihren Wert, aber auch ihren Preis. Dabei wird es auch nicht billiger für die Versicherten. Im Jahr 2030 wird ihr Anteil für die private und gesetzliche Altersvorsorge zusammen 15 Prozent betragen. Bei einem nach der Rentenreform 1999 für 2030 prognostizierten Beitragssatz von 24 Prozent läge ihr Anteil bei 12 Prozent. Im Übrigen hält es der VDR auch für irreführend, von einer ergänzenden privaten Vorsorge zu sprechen. Sie wird weitgehend nur die Absenkung des Rentenniveaus bei der staatlichen Rente ausgleichen. Zu befürchten ist auch, dass sich trotz der staatlichen Förderung viele Bezieher niedriger Einkommen eine ausreichende private Vorsorge nicht leisten können, insbesondere wenn sie gesundheitliche Probleme haben.


Soziale Sicherung der Frauen noch verbesserungswürdig

Bedenken hat der VDR - trotz der langen Übergangsfristen – auch gegen die beabsichtigte Neuregelung der Hinterbliebenenrenten sowie Regelungen zu einer verbesserten sozialen Sicherung der Frau. Insbesondere wendet sich der VDR gegen das in dem neuen Entwurf wieder vorgesehene "Rentensplitting". Dieses Rentensplitting soll nur auf die in der Ehe erworbene Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung beschränkt werden, also - anders als
beim Versorgungsausgleich in Ehescheidungsfällen - nicht alle Versorgungsansprüche einbeziehen. Dadurch werden Ehegatten bevorzugt,
die ihre Versorgungsanwartschaften in anderen Systemen, beispielsweise in der Beamtenversorgung oder in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, erworben haben. Sie können im Todesfall des anderen Ehegatten die gesplitteten Rentenanwartschaften in voller Höhe neben ihrer Beamtenversorgung oder ihrer berufsständischen Versorgung behalten. Damit können sie die bei der klassischen Hinterbliebenenversicherung vorgesehene Einkommensanrechnung umgehen.

Das Wahlrecht zwischen Hinterbliebenensicherung und Splitting zwingt die Ehegatten in vielen Fällen wegen der unterschiedlichen Ergebnisse, je nachdem wer von ihnen zuerst stirbt, dazu, bei ihrer Entscheidung abzuschätzen, wer von ihnen dies sein wird. Eine solche Entscheidung kann und darf man den Versicherten nicht zumuten.

Problematisch ist auch die Kürzung der Hinterbliebenenrenten um über acht Prozent - zusätzlich zur generellen Niveauverschlechterung. Diese Kürzung wird durch die für Kindererziehung vorgesehenen Zuschläge nur dann ausgeglichen, wenn die eigene Rente des Verstorbenen derzeit 971,60 DM bei einem Kind bzw. 1.943,20 DM bei zwei Kindern nicht übersteigt. Anderenfalls tritt im Vergleich zu heute eine Verschlechterung ein. Das gleichzeitig vorgesehene Einfrieren des derzeitig noch dynamischen Freibetrages für die Einkommensanrechnung wird im Ergebnis dazu führen, dass viele Hinterbliebenenrenten wohl nur noch sehr eingeschränkt an die Einkommensentwicklung angepasst werden.


Paradigmenwechsel in der Rentenpolitik

Mit der jetzt vorgesehenen Rentenreform hat der Bundesarbeitsminister nach Auffassung des VDR-Geschäftsführers eine grundlegende Wende in der Rentenpolitik vorgenommen. Ziel soll es jetzt nicht mehr sein, ein bestimmtes Rentenniveau zu sichern, sondern den Beitragssatz zu stabilisieren und ihn bis 2030 unter 22 Prozent zu halten. Damit wird das Sicherungsziel der
Rentenversicherung im Ergebnis offen gelassen. Ihr Sicherungsniveau soll heruntergefahren werden zugunsten einer privaten Vorsorge, die weniger Risiken absichert und von der lediglich gefordert wird, dass sie die entrichteten Beiträge zurückzahlt.

Anmerkung: Der volle Wortlaut der Gesetzentwürfe ist im Internet
unter www.bma.de/download/gesetzentwuerfe/bu_eureform229.pdf (168 KB)
und unter www.bma.de/download/gesetzentwuerfe/AVAG.pdf (385 KB) verfügbar.

Quelle und Kontaktadresse:
Verband Deutscher Rentenversicherungsträger e.V. Eysseneckstr. 55, 60322 Frankfurt Telefon: 069/15220 Telefax: 069/1522320

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