Pressemitteilung | (vzbv) Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

Verbraucherschutzindex: Bayern und NRW vorn, Rheinland-Pfalz und Sachsen Schlusslicht

(Berlin) - Der Verbraucherschutz in den Bundesländern weist erhebliche Lücken auf. Bei den meisten Landesregierungen und Landtagen hat Verbraucherpolitik nur einen geringen Stellenwert - dies sind die zentralen Ergebnisse des erstmals veröffentlichten Verbraucherschutzindex der Bundesländer. In einem bundesweiten Ranking der 16 Länder erreichen vier Länder die Note vier, 12 Länder erzielen sogar nur mangelhaft. Selbst die beiden Spitzenreiter Bayern und Nordrhein-Westfalen erzielen nur gut die Hälfte der maximal erreichbaren Punktzahl. Schlusslicht in dem vom Verbraucherzentrale Bundesverband vzbv Ranking sind Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Sachsen.

"Verbraucherschutz bleibt ohne aktive Politik der Bundesländer wirkungslos", sagte vzbv-Vorstand Prof. Dr. Edda Müller. "Bis auf wenige Ausnahmen ist die Verbraucherpolitik der Länder konzeptionslos und unengagiert." Fast überall sei die personelle und finanzielle Ausstattung von Kontrollbehörden und Verbraucherzentralen unzureichend. Müller rief die Bundesländer auf, in einer Verbraucherministerkonferenz gemeinsame Standards zu entwickeln.
"Statt in der Föderalismus-Kommission neue Kompetenzen zu verlangen, sollten die Länder erst einmal ihre Hausaufgaben machen," so Edda Müller. Der vzbv rief die Länder auf, einen Drei-Punkte-Plan für den Verbraucherschutz umzusetzen, um ihre verbraucherpolitische Bilanz zu verbessern.

Was immer auf Bundesebene in Sachen Verbraucherschutz beschlossen wird - es läuft ins Leere, wenn es die Bundesländer nicht wirksam umsetzen und kontrollieren. Erstmals nimmt der Verbraucherschutzindex deshalb die Verbraucherschutzpolitik aller 16 Bundesländer umfassend unter die Lupe. Das Ziel der Untersuchung: Politische Bekenntnisse zum Verbraucherschutz nachvollziehbar und überprüfbar zu machen.

In dem Index wurde anhand von 53 Indikatoren die verbraucherpolitische Leistungsbilanz in den Teilbereichen Landesregierung, Landtage, Lebensmittel- und Eichbehörden und Verbraucherzentralen untersucht. Das Gesamtergebnis eines Landes setzt sich aus den Ergebnissen der vier Teilbereiche zusammen. Zusätzlich wurden die Transparenz und die Innovationskraft der Verbraucherpolitik der Länder bewertet. Die Daten wurden von der Firma Bridges Public Affairs & Management erhoben. Um bundesweit vergleichbare Daten zu bekommen, beziehen sie sich auf das Jahr 2002.

"Trotz der insgesamt ernüchternden Bilanz haben einige Länder auch ausgeprägte Stärken," sagte Dr. Günter Hörmann, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Hamburg. So erreichen NRW und Hamburg im Teilbereich Verbraucherzentrale die höchsten Einzelergebnisse im gesamten Index. Positiv sei auch die prominente Verankerung des Verbraucherschutzes auf Regierungsebene in Bayern und Schleswig-Holstein. "In allen Ländern gibt es ein großes Potential, diese Stärken weiter gezielt auszubauen."

Bundestrend: Kein Bundesland besser als "ausreichend", elf Länder nur "mangelhaft"

Bundesweit lautet das Kernergebnis des Index: Alle Bundesländer bleiben weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. Selbst Spitzenreiter Bayern erreicht nur 58 Prozent der möglichen Punkte. Übertragen auf eine Schulnotenskala bedeutet das für die ersten vier Länder Bayern, NRW, Berlin und Baden-Württemberg gerade mal ein "ausreichend". Zwölf Länder schnitten sogar nur "mangelhaft" ab.

Neben der fast durchweg unzureichenden finanziellen Ausstattung der Verbraucherzentralen mangelt es der verbraucherpolitischen Arbeit von Landesregierungen und Behörden vor allem an Transparenz: So gibt es beispielsweise nur in vier Bundesländern einen öffentlich zugänglichen Rechenschaftsbericht der Eichämter. Landesregierungen und Länderparlamente messen der Verbraucherpolitik oft einen zu geringen Stellenwert bei. Und auch die Ausführung und Kontrolle staatlicher Verbraucherschutzvorschriften wurde in vielen Fällen nur mit unbefriedigend bis mangelhaft bewertet. Dabei sind aktuelle Entwicklungen, wie die Kürzungen der Landesmittel für einzelne Verbraucherzentralen oder die Schließung von Beratungsstellen in mehreren Bundesländern, noch nicht einmal berücksichtigt. Als besorgniserregend bezeichnete Müller das miserable Abschneiden der Kontrollbehörden. Mit Ausnahme Bayerns landen die Eichämter und Lebensmittelüberwachungsbehörden in allen Ländern bei "mangelhaft".

Beispiel Hessen: Neues Ministerium, aber kaum noch Geld

Das Beispiel Hessen zeigt wie ambivalent die Verbraucherpolitik auf Länderebene ist. Einerseits widmet die Landesregierung der Verbraucherpolitik mehr Aufmerksamkeit: Seit 2003 gibt es ein eigenes Verbraucherschutzministerium, und eine interministerielle Arbeitsgruppe bringt bei Querschnittsthemen alle beteiligten Ressorts an einen Tisch. Andererseits kürzte die Landesregierung gleichzeitig die sowieso schon sehr geringen Zuwendungen an die Verbraucherzentrale um mehr als ein Drittel.

Im Index wirken sich diese Schwerpunktsetzungen übrigens noch nicht aus, da sich die Daten auf 2002 beziehen.

Quelle und Kontaktadresse:
vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Markgrafenstr. 66, 10969 Berlin Telefon: 030/258000, Telefax: 030/25800218

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