Pressemitteilung | Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV)

Versicherungswirtschaft 2001 mit moderatem Wachstum

(Berlin) - In einem für sie unruhigen Jahr hat sich die deutsche Versicherungswirtschaft insgesamt gut behauptet. Den durch die Rentenreform, den freien Fall der Kapitalmärkte, die eingetrübte Konjunktur und die akuten Rezessionsgefahren ausgelösten Turbulenzen begegnet die unter anhaltendem Wettbewerbsdruck stehende Branche wieder mit einem kräftigeren Beitragswachstum. Wie der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin mitteilt, werden die Beitragseinnahmen seiner Mitgliedsunternehmen im Jahr 2001 - bei unterschiedlichen Tendenzen und Perspektiven in den Hauptzweigen - voraussichtlich um 3,3 (2000: 2,9) Prozent auf 265,8 (2000: 257,4) Milliarden Mark zunehmen. Bei den Versicherungsleistungen einschließlich der Rückstellungen für eingetretene und künftige Versicherungsfälle sowie Beitragsrückerstattungen erwarten die Verbandsmitglieder ein Plus von 3,6 (2000: 2,6) Prozent auf 310 Milliarden Mark.

GDV-Präsident Dr. Bernd Michaels: "Diese den deutschen Erstversicherungsmarkt betreffenden Zahlen spiegeln allerdings nicht den größten Schadenfall der jüngeren Geschichte wider. Für die verheerenden Terroranschläge in den USA werden - soweit es um die Bezahlung geht - zur Hälfte auch der europäische Markt, insbesondere die Rückversicherer, aufkommen. Die Versicherungswelt ist schon längst eine globale Welt. Und die Konsequenzen, die die Versicherungswirtschaft jetzt zu ziehen hat, gelten weltweit." So kennzeichne der 11. September eine völlig neue Dimension im Schadenumfang und in der Schadenentstehung durch terroristische Anschläge. Habe die Branche bis zu dieser Zäsur trotz zunehmender Risiken die an sie gerichteten Erwartungen weitgehend erfüllen können, sei sie jetzt gezwungen, über ihren Sicherheitsbegriff neu nachzudenken. Dabei gehe es in erster Linie um die Frage, wie in Zukunft politische Gefahren, insbesondere der Terrorismus, in der Erst- und Rückversicherung zu behandeln seien.


Lebensversicherung im Zeichen der Rentenreform

Die Entwicklung der deutschen Lebensversicherung wird im Jahr 2001 entscheidend durch die Rentenstrukturreform geprägt. Zum einen hat die bereits Anfang des Jahres in Kraft getretene Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit den Bedarf an privater Vorsorge erhöht, weil all jene Versicherten der gesetzlichen Rentenversicherung, die zum 1. Januar 2001 unter 40 Jahre alt waren, ihren Schutz bei Berufsunfähigkeit verloren haben. Zum anderen warten viele Bürger vorerst ab, bis Anfang 2002 die Förderung privater Altersvorsorge durch das Altersvermögensgesetz (AVmG) beginnt, um dann ihre Altersvorsorge neu auszurichten. Zudem wird ein Großteil der in 2001 abgeschlossenen "Riesterverträge" erst in 2002 beitragswirksam.

Dennoch rechnen die Lebensversicherer für 2001 mit weiter steigenden Beiträgen und Leistungen, einem Zuwachs im Neugeschäft und einem leichten Plus beim Vertragsbestand. So werden die Bundesbürger voraussichtlich Beiträge in Höhe von 122,9 Milliarden Mark für ihren Lebensversicherungsschutz aufbringen (plus 3,1 Prozent). Dem stehen um 4,5 (2000: 5,8) Prozent gestiegene Gesamtleistungen von etwa 179,5 Milliarden Mark gegenüber. Davon werden 103,3 Milliarden Mark direkt an die Kunden ausgezahlt, pro Arbeitstag 397 Millionen Mark. Weitere 76,2 Milliarden Mark dürften in die zugunsten der Kunden gebildeten Leistungsreserven fließen. Im Neugeschäft erwarten die Lebensversicherer rund 7,9 Millionen neue Verträge, so dass zum Jahresende der Bestand bei 88
Millionen Hauptversicherungen liegen dürfte.

Die Privaten Krankenversicherer (PKV) gehen in der Voll- und Zusatzversicherung von einem deutlich über dem Branchenschnitt liegenden Beitragswachstum von 6,1 (2000: 4,3) Prozent auf 38,8 Milliarden Mark aus. Nimmt man die Pflegepflichtversicherung mit einem Einnahmeminus von 5,8 (2000: plus 1,0) Prozent auf 3,7 Milliarden Mark hinzu, steigen die gesamten Beitragseinnahmen der PKV immer noch überdurchschnittlich um 4,9 (2000: 4,0) Prozent auf 42,5 Milliarden Mark. Noch stärker als die Beiträge dürften mit einem Plus von 7,5 (2000: 4,4) Prozent auf 28,6 Milliarden Mark die ausgezahlten Versicherungsleistungen in der Kranken- und Pflegepflichtversicherung zulegen. Die Gesamtleistungen, das sind die Aufwendungen für Versicherungsfälle zuzüglich der Zuführung zur Alterungsrückstellung sowie zur Rückstellung für Beitragsrückerstattung, werden voraussichtlich etwa 51 Milliarden Mark betragen (plus 8,3 Prozent).

Kraftfahrtversicherung trägt Umsatzwachstum der Schaden- und Unfallversicherer
Nach 2000 werden die Schaden- und Unfallversicherer auch im laufenden Jahr wieder ein Beitragsplus ausweisen: Die Brutto-Beitragseinnahme für das deutsche selbst abgeschlossene Geschäft wird voraussichtlich um 2,6 (Vorjahr: plus 1,4) Prozent auf 97,2 (Vorjahr: 94,7) Milliarden Mark steigen. Damit hat der seit Mitte der 90er Jahre zu beobachtende Schrumpfungsprozess in der Schadenversicherung vorläufig ein Ende gefunden. Die Kredit-, Luftfahrt- und Nuklearversicherung - mit einem Umsatz von rund 3,2 Milliarden Mark - sind in diesen Zahlen nicht enthalten. Die gesamten Aufwendungen der Schaden- und Unfallversicherer werden sich nach derzeitigem Kenntnisstand um etwa 1 (Vorjahr: minus 2,9) Prozent auf etwa 77 Milliarden Mark leicht mindern, wodurch sich die Schadenquote leicht auf rund 80 Prozent verbessern dürfte.

Die positive Beitragsentwicklung geht hauptsächlich auf die Kraftfahrtversicherung zurück: Im größten Zweig der Schadenversicherung ergibt sich bei unverändert hartem Wettbewerb ein deutlicher Beitragszuwachs von 4,7 (Vorjahr: 2,9) Prozent auf knapp 41,7 Milliarden Mark. Auf der Schadenseite signalisieren das Absinken der Schadenaufwendungen um etwa 2,5 Prozent und ein Rückgang der Schadenanzahl um 3 Prozent eine spürbare Entlastung. Bei dieser Entwicklung dürfte die Schadenquote von 99,8 Prozent in 2000 auf 93 Prozent sinken. Insgesamt steht für das Jahr 2001 eine deutliche Verringerung des Vorjahresverlustes ins Haus: Das Minus wird sich voraussichtlich um rund 2,3 Milliarden Mark auf einen Verlust von 1,2 (2000: minus 3,5) Milliarden Mark mindern. Allein in der Haftpflichtsparte deutet sich eine Verlustminderung um rund 1,6 Milliarden Mark auf minus 1,2 (2000: minus 2,8) Milliarden Mark an, in Vollkasko erscheint eine Verringerung des Verlustes um ca. 500 auf minus 400 Millionen Mark realistisch. In Teilkasko führt der nachlassende Schadendruck schließlich zu einer deutlichen Ergebnisverbesserung um rund 140 Millionen Mark auf gut 290 (2000: 159) Millionen Mark.

In der Sachversicherung Talsohle bei Einnahmen durchschritten
Nach Jahren schrumpfender Einnahmen scheint auch im Bereich der Sachversicherungen die Talsohle durchschritten: Nach einem leichten Rückgang um 0,7 Prozent im Jahr 2000 zeichnet sich für das laufende Jahr in der gesamten Sachversicherung wieder ein kleines Beitragsplus von 1 Prozent auf 24,3 Milliarden Mark ab. Da es bisher keine außergewöhnlichen Naturereignisse gegeben hat, könnte der Schadenaufwand nach derzeitigem Stand nur moderat um gut 2 (2000: minus 8,4) Prozent auf 17,9 Milliarden Mark ansteigen. Unkalkulierbar bleiben nach wie vor die Elementarereignisse, wie z.B. Stürme, die insbesondere zum Jahresende 1999 die Sachversicherungen außerordentlich stark belastet hatten.

In der Industriellen Sachversicherung (inklusive Extended Coverage und All-Risks) dürften nach mehrjähriger Talfahrt die Beitragseinnahmen um etwa 3,5 (2000: minus 1,9) Prozent auf 6,1 Milliarden Mark steigen. Das Beitragsplus wird dabei vorerst allein von den Zuwächsen in EC und All-Risks getragen, deren Einnahmen 2001 nochmals um ein Drittel auf dann insgesamt 1,7 Milliarden Mark zulegen und fast das gleiche Volumen erreichen dürften wie die "klassische" Industrielle Feuer- und Feuer-Betriebsunterbrechungsversicherung (FI/FBU).

Nicht zuletzt durch derartige Verschiebungen wird für FI/FBU der dramatische Beitragsrückgang mit voraussichtlich minus 8 (2000: minus 13,4) Prozent noch weiter anhalten. Ausgehend von der angespannten Großschadensituation im ersten Halbjahr 2001 werden in den Industriesparten um 5 (2000: minus 11,6) Prozent erhöhte Aufwendungen in Höhe von 6,1 Milliarden Mark erwartet. Eine Trendwende kann noch nicht festgestellt werden; die versicherungstechnischen Ergebnisse verharren weiterhin tief im roten Bereich.

In der Allgemeinen Sachversicherung (gewerbliches, landwirtschaftliches und privates Geschäft) könnten dagegen schwarze Zahlen geschrieben werden, sofern bis zum Jahresende keine größeren Schadenereignisse mehr eintreten. Bei den Beitragseinnahmen zeichnet sich ein leichtes Plus von 0,5 (2000: minus 0,3) Prozent auf 18,2 Milliarden Mark ab. Dem steht ein um 0,8 (2000: minus 6,8) Prozent gestiegener Schadenaufwand in Höhe von voraussichtlich 11,8 Milliarden Mark gegenüber. Der Verlauf der Verbundenen Wohngebäudeversicherung, dem beitragsstärksten Sachzweig, ist weiterhin von einem teilweise ruinösen Wettbewerb gekennzeichnet. Hier zeichnet sich ein leichtes Beitragsplus von allenfalls 1 (2000: 1,4) Prozent auf 6,9 Milliarden Mark ab. Der Schadenaufwand liegt mit voraussichtlich 5 Milliarden Mark ebenfalls um 1 (2000: minus 10,0) Prozent über dem Vorjahreswert. Bei einem Beitragsvolumen von 4,7 Milliarden Mark dürften auch in der Verbundenen Hausratversicherung die Beitragseinnahme um 1 (2000: minus 0,6) Prozent leicht ansteigen, während sich der Schadenaufwand wie im Jahr zuvor bei einem Volumen von 2,5 Milliarden Mark bewegt.

Auch Haftpflicht, Unfall, Rechtsschutz und Transport mit leichtem Umsatzplus
In der Allgemeinen Haftpflichtversicherung ist wieder mit einem leichten Wachstum zu rechnen: Die Einnahmen dürften um 1,5 (2000: minus 0,2) Prozent auf 11,7 Milliarden Mark zunehmen. Dabei ist bereits berücksichtigt, dass nach den Feststellungen des unabhängigen Treuhänders ab 1. Juli 2001 keine Prämienangleichung mehr zulässig ist. Auf der Schadenseite wird ein bei etwa 9,1 Milliarden Mark stagnierender Aufwand erwartet. Für die Private Unfallversicherung zeichnet sich ein Beitragswachstum von 1 (2000: 2,0) Prozent auf 10,7 Milliarden Mark ab. Mit einem erwarteten Plus von ebenfalls 1 (2000: minus 2,0) Prozent auf 4,9 Milliarden Mark wird auch der Aufwand für Geschäftsjahresschäden nur geringfügig zunehmen. Die Rechtsschutzversicherer rechnen mit Mehreinnahmen von allenfalls 0,5 (2000: 2,1) Prozent auf 5,3 Milliarden Mark und einem um minus 0,5 (2000: minus 0,8) Prozent geringfügig zurückgehenden Aufwand in Höhe von 3,7 Milliarden Mark.

Für die Transportversicherer scheint sich im Jahr 2001 die positive Beitragsentwicklung fortzusetzen. Dies gilt insbesondere für die "Leitsparte" Warenversicherung, auf die etwa 45 Prozent des gesamten Prämienvolumens in Höhe von 3,2 Milliarden Mark entfällt. Der bisherige Verlauf in der Transportsparte signalisiert ein leichtes Beitragswachstum von 1 (2000: 1,6) Prozent auf 3,2 Milliarden Mark. Der Schadenaufwand dürfte sich um etwa 9 Prozent auf 2,6 Milliarden Mark vermindern, nachdem im Jahr zuvor ein Plus von über 30 Prozent einen Rekordaufwand von knapp 2,9 Milliarden Mark erbracht hatte.


"Riester-Markt" prägt Aussichten für 2002

Für die Lebensversicherung ist die Entwicklung des "Riester-Marktes" ein entscheidender Faktor. So könnte 2002 auf die betriebliche Altersvorsorge (Direktversicherung) und die individuelle "Riestervorsorge" über Lebensversicherungen zusammengenommen etwa die Hälfte des tatsächlichen Mittelaufkommens für die "Riester-Rente" entfallen. Dies wären rund 4,1 Milliarden Mark. Bezogen auf das für 2001 geschätzte Beitragsaufkommen der Lebensversicherer in Höhe von 123 Milliarden Mark würde der "Riester-Effekt" somit einen Wachstumsbeitrag von knapp 3,5 Prozent leisten. Zusätzlich scheint im Bereich der klassischen - nicht "Riester-geförderten" - Lebensversicherung ein Beitragsplus von 4 Prozent möglich, sofern es tatsächlich bald zu einer konjunkturellen Erholung kommen sollte. Insgesamt ergibt sich damit für die Lebensversicherung in 2002 eine Wachstumsprognose von 7,5 Prozent.

Die Beitragsentwicklung in der privaten Krankenversicherung (PKV) wird im Wesentlichen von der Entwicklung der Gesundheitskosten und den Veränderungen im sozialpolitischen Umfeld beeinflusst. Vom weiteren Kostenanstieg im Gesundheitswesen dürfte 2002 kaum ein Anpassungsbedarf bei den Prämien ausgehen. In Konsequenz der demographischen Entwicklung ist dagegen zu erwarten, dass sich die Kunden, die an einer hochwertigen und finanzierbaren medizinischen Versorgung interessiert sind, zunehmend für die private Alternative entscheiden werden. Vor diesem Hintergrund spricht vieles dafür, dass die PKV das Wachstumstempo der vergangenen Jahre wird halten können. Somit erscheint auch in 2002 ein Beitragswachstum von etwa 4,5 Prozent realistisch, wobei sich das Plus in der Voll- und Zusatzversicherung auf knapp 5 Prozent verlangsamen dürfte, während für die private Pflegepflichtversicherung nach dem Minus in 2001 wieder mit einem leichten Wachstum gerechnet werden darf.

Im Bereich der Schaden- und Unfallversicherung könnte sich von der gesamtwirtschaftlichen Seite allenfalls eine leichte Aufhellung der Rahmendaten ergeben. Bei einem spartenspezifisch anhaltend hohen Wettbewerbsdruck dürften Tarifanpassungen trotz der Tendenz zu Prämienerhöhungen in der Folge des 11. September eher verhalten ausfallen. Im Ergebnis zeichnet sich für die Schaden- und Unfallversicherung mit einem Plus von 2,5 Prozent ein Beitragswachstum in der Größenordnung des laufenden Jahres ab.

Daraus resultiert als Wachstumsprognose für die gesamte Versicherungswirtschaft im Jahr 2002 ein Plus von rund 5 Prozent, wobei diese Entwicklung von der erwarteten Wachstumsbeschleunigung in der Lebensversicherung geprägt wäre. Dr. Michaels: "Im Ausblick wird der ‚Riester-Markt' zweifellos die deutlichsten Impulse für die Versicherungsnachfrage setzen. Auch wenn hier gelegentlich abenteuerliche Zahlen genannt werden, so ist doch richtig, dass ein großer Markt bewegt wird. Umgekehrt darf jedoch nicht
übersehen werden, welche gewaltigen Leistungen in der Produktentwicklung und Anschubfinanzierung für ein Engagement auf diesem Markt erforderlich sind. Insofern ist die Rentenreform kein Geschenk des Himmels, das der Versicherungswirtschaft einfach in den Schoß fällt. Im Gegenteil stehen wir in der Pflicht und in der Verantwortung, den sozialpolitischen Wandel in der Gesellschaft wie in der staatlichen Daseinsvorsorge mitzugestalten. Diese Aufgabe werden wir auch in Zukunft im Interesse unserer Mitgliedsunternehmen und ihrer Kunden wahrnehmen."

Quelle und Kontaktadresse:
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) Friedrichstr. 191-193a 10117 Berlin Telefon: 030/20205000 Telefax: 030/20206000

NEWS TEILEN: