Pressemitteilung | VhU - Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e.V. - Hauptgeschäftsstelle

VhU mit guten Kompromissen beim Bildungsgipfel zufrieden / Wirtschaft erreicht erleichterten Hochschulzugang für Facharbeiter, massiven Ausbau der Berufsorientierung und Stärkung der dualen Berufsausbildung

(Frankfurt am Main) - Die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) hat die heute beschlossenen Empfehlungen des Bildungsgipfels begrüßt und sieht die Kernforderungen der Wirtschaft an das Schulsystem weitgehend einbezogen. "Wir konnten bei unseren Hauptanliegen einen erleichterten Hochschulzugang für Facharbeiter, den massiven Ausbau der Berufsorientierung an allen Schulen und eine Stärkung der dualen Berufsausbildung erreichen", bewertete die VhU-Vizepräsidentin und Sprecherin Wirtschaft der Landesarbeitsgemeinschaft SchuleWirtschaft, Désirée Derin-Holzapfel, aus Sicht der VhU das Ergebnis der sechsmonatigen Beratungen von mehr als 30 Organisationen.

Die VhU erwartet, dass die im Bildungsgipfel verankerten Leitplanken für die Schulpolitik der nächsten Jahre trotz des Ausstiegs einiger Gipfelteilnehmer immer wieder in die schulpolitische Debatte der Fraktionen und Parteien einfließen. "Wir folgen gerne dem Vorschlag von Kultusminister Prof. Dr. Lorz, in einem Jahr alle beim Gipfel Engagierten zu einer Nachschau einzuladen, um die angestoßenen oder auch schon umgesetzten Entwicklungen zu bewerten", erwartet VhU-Vizepräsidentin Derin-Holzapfel.

Konstruktiver Gipfel-Dialog brachte Erkenntnisgewinn: Parlament entscheidet
Die VhU sieht den Bildungsgipfel bereits unabhängig von den konkreten Ergebnissen als Erfolg. "Noch nie haben sich alle Beteiligten im Schulsystem und am Schulleben an einem Runden Tisch gemeinsam zu zentralen Fragen der weiteren Entwicklung ausgetauscht und nach sachbezogenen Kompromissen für verlässliche Leitlinien in der Bildungspolitik gesucht", lobte Derin-Holzapfel. "Alle haben dazu gelernt, Verständnis für Gegenpositionen aufgebaut und konstruktiv miteinander gestritten. Wir alle haben damit ein Stück Scheuklappendenken in einem so großen System wie der Schule abgelegt", stellte die VhU-Vizepräsidentin heraus. Sie sieht die Beratungen des Gipfels als neue und gute Erfahrung eines gesamtgesellschaftlichen Dialogs in der Schulpolitik. Dieser Dialog könne aber natürlich nicht die parlamentarischen Debatte und Entscheidung ersetzen. "Wir bieten der Schulpolitik mit dem Abschlusspapier des Gipfels konkrete und umsetzbare Leitplanken, die in den anstehenden Jahren von ihr auch umgesetzt werden können. Mit diesem konkreten Ziel hat sich die intensive wie aufwändige Zusammenarbeit gelohnt", bekräftigte Derin-Holzapfel. Besonders positiv sieht die VhU dabei drei Punkte: von Anfang habe es kein Tabuthema gegeben, die Landesregierung sei im Verlauf der Beratungen sogar zur Modifikation der eigenen Koalitionsvereinbarungen bereit gewesen und die meisten Wünsche der Wirtschaft seien auch bei denjenigen nicht auf Ablehnung gestoßen, die das Gipfelpapier aus anderen Gründen letztlich nicht unterzeichnen wollten.

Gestaltung von Schule am meisten umstritten: einig bei Durchlässigkeit nach oben
Bei Fragen der Gestaltung von Schule und Schulsystem hätten die Auffassungen am weitesten auseinander gelegen. Die gefunden Kompromisse stärkten aus der Sicht der Wirtschaft die Chancen- und Bildungsgerechtigkeit. Vielfältige, freiwillige und bedarfs- wie nachfrageorientierte Bildungsgänge könnten nicht mit einer Gemeinschaftsschule bedient werden. Insoweit sei der Weg einer Sekundarschule mit der Zusammenlegung von Haupt- und Realschule ein gangbarer Weg. Er erhalte Vielfalt. Er erhalte aber gleichzeitig auch die notwendige Transparenz und Überschaubarkeit. Und er werde finanziellen Zwängen bei den staatlichen Ressourcen gerecht. Die VhU habe ihrerseits immer wieder eingebracht, dass Bildungsgänge und Schulformen nach dem individuellem Entwicklungsverlauf von Schülern auch "nach oben" durchlässig sein müssten, um jede Form einer Sackgasse zu vermeiden. Auf diesem Weg seien auch die vereinbarten Möglichkeiten des längeren gemeinsamen Lernens ein guter Baustein, ohne die verstaubte Frage nach dem ausschließlichen "entweder so oder so" bei differenzierten oder integrierten Schulformen wiederzubeleben.

Schulentwicklungsplanung: Erhalt von Schulstandorten wichtig
Vereinbart worden sei eine integrierte Planung von Land und Schulträgern. Sie helfe die heute häufige Verengung und Begrenzung auf Teilsysteme vor Ort zu überwinden und könne dabei auch Ressourcen freisetzen. Für die Unternehmen sei es mit Blick auf die Ausbildung in Betrieb und Berufsschule wichtig, dass der Bildungsgipfel hier das Bemühen um den Erhalt von Schulstandorten besonders betont habe.

Ausbau von Ganztagsschulen mit Schwerpunkt auf Grundschulen richtig
Die VhU begrüßt den Vorschlag des Bildungsgipfels, auch mit Blick auf finanzielle Beschränkungen vor allem auf den frühkindlichen Bereich zu setzen und den Übergang vom Kindergarten in die Grundschule zu fokussieren. Zwar seien sich alle darüber einig gewesen, dass die Form der gebundenen bzw. rhythmisierenden Ganztagsschule die beste Ganztagsform sei. Gleichzeitig sei aber den meisten Gipfelteilnehmern klar geworden, dass dies nicht über Nacht gehen könne, sondern in jedem Einzelfall eine behutsame und solide Entwicklung erfordere.

Allgemeiner Konsens bei verstärkter Vorbereitung auf die Arbeits- und Lebenswelt
Die Bedeutung von Schule als Vorbereitung auf die Arbeits- und Lebenswelt konnte laut VhU durch mehrere Maßnahmen gestärkt werden. Unter der gemeinsamen Leitung von Wirtschaftsminister Al-Wazir und VhU-Vizepräsidentin Derin-Holzapfel seien die im Abschlussbericht der Fachkräftekommission und dem Bündnis für Ausbildung bereits angesprochenen Themen vertieft und das sektorale Abschlusspapier mit Zustimmung aller beteiligten Akteure des Bildungsgipfels einvernehmlich verabschiedet worden. Es biete eine gute Grundlage für die weitere Arbeit. Die aus Sicht der Wirtschaft wichtigsten Vereinbarungen seien die Verankerung der Berufsorientierung an allen allgemein- und berufsbildenden Schulen, die Priorität der dualen Berufsausbildung vor vollschulischen Maßnahmen des Übergangssystems und unproduktiven Warteschleifen, die Integration möglichst aller Jugendlichen in eine qualifizierte Ausbildung - keiner darf zurückgelassen werden -, die Öffnung der Hochschulen für Facharbeiter, die Verbesserung der Durchlässigkeit des Bildungssystems und das Verständnis von Schule als umfassende Vorbereitung auf ein selbstbestimmtes Leben in einem demokratischen Gemeinwesen.

Mehr Praxisorientierung in der Lehrerbildung
Die VhU begrüßt, dass alle drei Phasen der Lehreraus-, -fort- und -weiterbildung stärker strukturell und inhaltlich miteinander verzahnt werden sollen. Es bedürfe dazu eines deutlich ausgebauten Qualitätsmanagements, von den Universitäten über die Lehrerakademie bis hin zu den Schulämtern und den Schulen selbst. Einen Schwerpunkt für Reformen sieht die VhU im Konsens des Gipfels, eine freiwillige Eignungsfeststellung bereits fest im Lehramtsstudium zu verankern. Allen Beteiligten sei klar, dass ein einzelnes Praxissemester nicht ausreiche, um bei fehlender Praxiseignung ohne Brüche einen Wechsel in ein fachwissenschaftlich verwandtes Nichtlehramtsstudium zu ermöglichen.

Quelle und Kontaktadresse:
Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e.V. (VhU) Dr. Ulrich Kirsch, Leitung, Presse und Kommunikation Emil-von-Behring-Str. 4, 60439 Frankfurt am Main Telefon: (069) 95808-0, Fax: (069) 95808-126

(sy)

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