Pressemitteilung | Deutscher Bauernverband e.V. (DBV)

WTO wird nicht an der Landwirtschaft scheitern / DBV-Präsident Sonnleitner vor Berliner Journalisten

(Berlin) - "Die WTO-Verhandlungen werden nicht an der Landwirtschaft scheitern." Dies stellte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Gerd Sonnleitner, vor Journalisten in Berlin klar. Die Verhandlungen seien durch den Irak-Krieg gewiss nicht einfacher geworden; tief sei mittlerweile der Riss zwischen angelsächsischer und frankophoner Welt. Vor diesem Hintergrund wertete es Sonnleitner als "keinen Beinbruch, dass die Agrarverhandlungen nicht am 31.3.2003 abgeschlossen worden seien, sondern weiter geführt würden". Die Harbinson-Vorschläge seien keine Basis für einen fairen Welthandel.

Andererseits werde dadurch überdeutlich, dass es in anderen Bereichen wie bei Pharma, bei den Dienstleistungen, dem Banken- und Telefonmarkt sowie bei der Frage der Sonderbehandlung der Entwicklungsländer keine substantiellen Vorschläge und Fortschritte gäbe.

Für Sonnleitner hat sich die Agrarpolitik der EU und der USA mittlerweile sehr aufeinander zu bewegt. Vor allem beim Abbau der Exporterstattungen gelte es bei WTO, Gleichklang herzustellen zwischen der Kreditfinanzierung und der Nahrungsmittelhilfe der Vereinigten Staaten und den europäischen Exporterstattungen. Auch mit den Entwicklungsländern habe man immer mehr Übereinstimmung. Die große Auseinandersetzung gebe es nach wie vor mit den so genannten Cairns-Ländern, den so genannten Freihändlern.

In seiner Funktion als COPA-Präsident habe Sonnleitner den Entwicklungsländern Unterstützung zugesagt, eine so genannte "Development-Box" zu schaffen, wodurch der Binnenmarkt der Entwicklungsländer besser vor extremen Weltmarktbedingungen geschützt werde als der europäische und sie weiteren Zugang zu den Weltmärkten erhielten. Andererseits müssten die Entwicklungsländer aber die nicht-handelsbezogenen Themen anerkennen, vor allem die von der europäischen Gesellschaft gewünschten Umwelt- und Tierschutzstandards. Die Bauern der EU dürften den Wettbewerb nicht verlieren, nur weil sie ihrer Landwirtschaft Beschwernisse durch höhere Anforderungen im Tier- und Umweltschutz auferlegten.

Heftige Kritik übte Sonnleitner an der Position Australiens, dessen Handelsminister Europa jüngst in der Financial Times Deutschland nach altem Schwarz/Weiß-Muster vorgeworfen hatte, seine Märkte nicht zu öffnen. Die Realität sehe völlig anders aus: Die Europäische Union importiert mit 36 Milliarden Euro mehr Agrarprodukte aus den Entwicklungsländern als die fünf Länder USA, Kanada, Japan, Australien und Neuseeland zusammen. Auch in der Frage der Umweltschonung sei Australien deutlich im Hintertreffen, zeigte Sonnleitner auf. So würden Pflanzenschutzmittel und Düngemittel angewendet, wie dies in Europa keineswegs akzeptierbar wäre. Auch würden sie die natürlichen Ressourcen überstrapazieren, vor allem die begrenzten Wasservorräte, die mit hohen Subventionen für die Landwirtschaft verfügbar gemacht würden. Wegen der schwierigen klimatischen Bedingungen stehe Australien auch nicht als verlässlicher Handelspartner auf Weltebene zur Verfügung; die Getreideernte sank im vergangenen Jahr von 24 Millionen Tonnen auf 10 Millionen Tonnen, also auf weniger als ein Viertel der deutschen Getreideproduktion. Weil sich auch Cairns-Länder durch ähnliche Verhältnisse diskreditierten, bewertete Sonnleitner den Ausgang der kommenden WTO-Ministerkonferenz in mexikanischen Cancún durchaus optimistisch. Wenn die EU selbstbewusst verhandele, würden zumindest im Agrarbereich Fortschritte erzielt werden.

Für einen erfolgreichen Abschluss der WTO-Verhandlungen benötige die Europäische Union keine neuerliche Reform der EU-Agrarpolitik, wie dies EU-Agrarkommissar Franz Fischler immer wieder erkläre. Im Gegenteil, es wäre besser, wenn erst die WTO-Runde beendet würde, bevor man sich über die EU-Agrarpolitik nach dem Jahre 2006 verständige. Beide Verhandlungen gleichzeitig zu führen, schwäche die europäische Verhandlungsposition bei WTO. Sonnleitner betonte, dass außer Großbritannien und Schweden mittlerweile alle EU-Mitgliedstaaten für eine grundsätzliche Einhaltung der Agenda 2000 bis zum Jahre 2006 und bei Milch bis 2008 seien. Dies sei ein wichtiger Erfolg für die europäischen Bauernverbände, besonders auch für den Deutschen Bauernverband. Für die letzten beiden Agrarratssitzungen unter griechischer Präsidentschaft sah er reelle Chancen für Anpassungen auf den Roggen- und Milchmarkt.

Angesichts der überschüssigen Mengen und des Preisverfalls bei Milch käme eine Quotenerhöhung nicht in Frage. Die faktische Aushebelung der Milchquotenregelung nach Fischlers Überlegungen stoße bei der Mehrheit der EU-Länder auf Ablehnung, ebenso wie die Vorschläge zur Dauerbrauche und zu Cross Compliance. Eine totale Entkopplung sei nicht praktikabel, dies sehe derzeit auch die Mehrheit der EU-Länder, so Sonnleitner.

Quelle und Kontaktadresse:
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