Pressemitteilung | Deutscher Mieterbund e.V. (DMB)

Wahlversprechen einlösen - Koalitionsvertrag umsetzen

(Berlin) - "Wir erwarten, dass die Regierungsparteien ihre Wahlversprechen einlösen, dass die Vereinbarung des Koalitionsvertrages für gutes und bezahlbares Wohnen, insbesondere für bezahlbare Mieten kurzfristig umgesetzt werden", forderte Mieterbund-Präsident Dr. Franz-Georg Rips auf einer Pressekonferenz der Mieterorganisation in Berlin. "Wir haben kein Verständnis dafür, dass einvernehmlich beschlossene Regelungen zur Begrenzung der Wiedervermietungsmieten oder zur Realisierung des Bestellerprinzips im Maklerrecht jetzt wieder infrage gestellt oder an Bedingungen geknüpft werden sollen, die nicht einzuhalten sind. Man kann den Eindruck gewinnen, dass Teile der CDU die Mietpreisbremse oder das Bestellerprinzip gar nicht wollen und nach Möglichkeiten suchen, den Gesetzesentwurf auf die "lange Bank" zu schieben."

Begrenzung der Wiedervermietungsmieten und Wohnungsneubau erforderlich

"Wir brauchen die Mietpreisbremse, und zwar so schnell wie möglich. Die Mieten in den Großstädten, Ballungsräumen und Universitätsstädten laufen uns sonst weg. Die Begrenzung der Wiedervermietungsmieten ist alternativlos für uns. Vor allem können wir nicht warten, bis verstärkter Wohnungsneubau wieder für ausgeglichene Wohnungsmärkte sorgt", erklärte der Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB) Dr. Franz-Georg Rips.

Zurzeit fehlen in Deutschlands Großstädten etwa 400.000 bis 500.000 Mietwohnungen. Grund hierfür ist, dass die Einwohnerzahl, vor allem die Zahl der Haushalte in den Städten stetig steigt. Gleichzeitig ist der Wohnungsneubau in den letzten 20 Jahren förmlich eingebrochen.

Die Fertigstellungszahlen gingen von über 600.000 Wohnungen (1995) auf unter 160.000 Wohnungen (2009 und 2010) zurück, davon entfielen nur gut 50.000 Wohnungen auf den Geschosswohnungsbau. Parallel dazu sank die Zahl der neugebauten Sozialwohnungen auf noch etwa 15.000 Einheiten. Die Folge, deutlich steigende Mieten, insbesondere Wiedervermietungsmieten in den Städten. Wer hier eine neue Mietwohnung anmietet, muss im Durchschnitt bis zu 36 Prozent mehr zahlen als Mieter in bestehenden Mietverhältnissen, welche die ortsübliche Vergleichsmiete zahlen.
"Wir brauchen deshalb Wohnungsbau, 130.000 bis 150.000 neue Mietwohnungen pro Jahr, um das Wohnungsdefizit auf diesen Wohnungsmärkten auszugleichen, davon mindestens 50.000 Sozialmietwohnungen, die auch für den Durchschnittsverdiener bezahlbar sind", forderte Dr. Rips. "In der Zwischenzeit muss die Mietpreisbremse helfen, Auswüchse am Wohnungsmarkt zu verhindern."

Nach dem vom Bundesjustizminister Heiko Maas vorgelegten Referentenentwurf sollen Vermieter künftig nach einem Mieterwechsel nur noch die ortsübliche Vergleichsmiete zuzüglich 10 Prozent fordern dürfen. Lag die bisherige Miete oberhalb dieser Grenze, soll der Vermieter diese hohe Miete weiterhin verlangen dürfen. Für neu gebaute oder umfassend sanierte Wohnungen wird es nach wie vor keinerlei Mietpreisbegrenzungen geben. Außerdem soll die sogenannte Mietpreisbremse nur in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten gelten, die von den Bundesländern festgelegt werden.
"Diese Mietpreisbremse ist notwendig. Deshalb unterstützen wir die Pläne und Vorschläge aus dem Bundesjustizministerium, auch wenn wir an verschiedenen Stellen noch Nachbesserungsbedarf sehen. So muss eine wirksame Regelung zur Begrenzung der Wiedervermietungsmieten auch eine Sanktion vorsehen für Vermieter, die sich nicht an die gesetzliche Neuregelung halten und weiterhin völlig überzogene Mietpreise fordern. Die Vorschrift des § 5 WiStG, die "Mietpreiswucher" als Ordnungswidrigkeit beschreibt und Vermieter zur Rückzahlung zu Unrecht kassierter Mieten verpflichtet, darf nicht gestrichen, sondern muss novelliert werden. Außerdem sollte nach unseren Vorstellungen die "Mietpreisbremse" flächendeckend in Deutschland gelten und nicht nur in einzelnen Großstädten oder Ballungsgebieten, die dann noch von den Bundesländern benannt werden müssten", sagte der Mieterbund-Präsident.
"Der Referentenentwurf des Bundesjustizministers ist ein Kompromiss, so wie er schon im Koalitionsvertrag angelegt war. Mit der Einschränkung, dass die Mietpreisbremse nicht flächendeckend, sondern nur auf angespannten Wohnungsmärkten gelten soll, entspricht er weitgehend den Vorstellungen und Wahlversprechen der Bundeskanzlerin und der CDU. Umso unverständlicher, dass jetzt aus den Reihen der CDU versucht wird, die Neuregelung zur Begrenzung der Wiedervermietungsmieten zu verhindern bzw. auf die "lange Bank" zu schieben.

Bestellerprinzip im Maklerrecht

"Wer bestellt, muss zahlen. Diesen Grundsatz will der Gesetzgeber jetzt mit den vorgeschlagenen Änderungen im Maklerrecht für die Wohnungsvermittlung umsetzen. Das ist gut so, eine Korrektur der bisherigen Rechtslage war überfällig", erklärte der Direktor des Deutschen Mieterbundes Lukas Siebenkotten." Mit der Einführung des Bestellerprinzips werden wohnungssuchende Mieter in vielen Fällen von der Zahlung der Maklerprovision entlastet werden. Außerdem ist die Neuregelung auch gerecht. Sie stoppt die bisherige Praxis, dass Vermieter einen Makler mit der Vermarktung oder Vermietung ihrer Wohnungen beauftragen, der Makler dann das Vermietungsgeschäft für den Vermieter betreibt und das alles dann der Mieter zahlen muss."

Der Gesetzesentwurf aus dem Bundesjustizministerium sieht vor, dass Mieter nur dann noch Provision zahlen müssen, wenn sie dem Makler einen Suchauftrag erteilt haben, dieser nur aufgrund des Auftrages tätig geworden ist und es dann zum Abschluss eines Mietvertrages kommt. Hat der Makler die Wohnung aber bereits vorher über den Vermieter zur Vermietung erhalten, muss der Mieter nicht zahlen.

Gegen diese geplante Neuregelung laufen insbesondere die Maklerverbände Sturm. Sie fürchten, dass viele Vermieter ihre Wohnungen künftig ohne Einschaltung eines Maklers vermieten werden, oder dass Vermieter künftig Preise und Leistungen vergleichen werden und die höchstzulässige Provision von zwei Monatsmieten plus Mehrwertsteuer nicht mehr realisiert werden kann. Die Maklerverbände kritisieren die geplanten Neuregelungen als verfassungswidrig, befürchten, eine Prozesslawine werde auf die Gerichte zurollen und Chaos am Wohnungsmarkt sei programmiert. Viele Makler glauben außerdem, das Bestellerprinzip einfach umgehen zu können. Stichworte sind hier "verdeckte Provisionen" und "überhöhte Abstandszahlungen".

"Der typische Wohnungsvermittler wird sein Geschäftsmodell überdenken müssen. Wer das Bestellerprinzip aber durch verdeckte Provisionen und überhöhte Abstandszahlungen umgehen will, ist ganz sicher auf dem falschen Weg, er handelt illegal", sagte Siebenkotten. "Der Gesetzgeber sollte genau hinhören und prüfen, ob die angedachten gesetzeswidrigen Praktiken eine Verschärfung der geplanten Gesetzesänderungen notwendig machen."

Weitere Mietrechtsänderungen angekündigt und erforderlich

"Mit der Mietpreisbremse und der Einführung des Bestellerprinzips im Maklerrecht ist es nicht getan. Wie im Koalitionsvertrag beschrieben, ist eine Reform der Kostenumlage nach energetischen Sanierungen notwendig, das Mieterhöhungsrecht, das heißt die ortsübliche Vergleichsmiete ist auf eine breitere Basis zu stellen, die tatsächliche Wohnfläche muss Grundlage für Mieten, Mieterhöhungen und Betriebskostenabrechnungen sein, und der Kündigungsschutz muss punktuell verbessert werden. Wir erwarten, dass erste Vorschläge zu diesen Fragen noch in diesem Jahr vorgelegt werden", erklärte Mieterbund-Präsident Dr. Franz-Georg Rips.

Energetische Modernisierung:

Nach geltender Rechtslage kann der Vermieter 11 Prozent der Modernisierungskosten zeitlich unbefristet auf die Jahresmiete aufschlagen. Modernisierungskosten für eine Wohnung in Höhe von 20.000, 00 Euro führen also zu einer Mietererhöhung von 2.200,00 Euro im Jahr bzw. 183,00 Euro im Monat. Im Koalitionsvertrag haben CDU/CSU und SPD vereinbart, die Modernisierungsumlage auf 10 Prozent zu senken und auf die Dauer der Amortisationszeit zu begrenzen.

"Die Koalitionsvereinbarung zielt in die richtige Richtung. Die Kosten, die auf die Mieter nach einer energetischen Modernisierung zukommen können, sind für die meisten Haushalte nicht bezahlbar. Hier muss etwas passieren, Mieter sind zu entlasten. Wir schlagen in diesem Zusammenhang eine grundsätzliche Änderung vor. Die bisherige Regelung des Paragrafen 559 BGB (11-Prozenz-Umlage) sollte gestrichen werden. Nicht die Höhe der Modernisierungskosten, sondern der Modernisierungserfolg muss entscheidend sein für den Umfang der Mieterhöhung. Je mehr Heizkosten durch die Modernisierung eingespart werden können, desto stärker soll die Miete steigen dürfen", erklärte der Mieterbund-Präsident.
Ortsübliche Vergleichsmiete:

Zurzeit wird die ortsübliche Vergleichsmiete, die im laufenden Mietverhältnis gefordert werden darf, bestimmt durch Vertragsabschlüsse bzw. Mieterhöhungen der letzten vier Jahre. Hierdurch ist eine "dynamische" Mietpreisentwicklung garantiert. Das bedeutet aber auch, die hohen Wiedervermietungsmieten von heute sind über kurz oder lang die Bestandsmieten von morgen.

"Wir unterstützen deshalb die im Koalitionsvertrag angesprochene Reform, die Vergleichsmiete auf eine breitere Basis zu stellen. Wer das Bestandsmietenniveau realistisch abbilden will, darf nicht nur die teuren Vertragsabschlüsse oder Mieterhöhungen der letzten vier Jahre berücksichtigen. Eine Verlängerung des Betrachtungszeitraums, beispielsweise auf zehn Jahre, könnte die Mietpreisentwicklung im Bestand spürbar dämpfen, so Dr. Rips.

Tatsächliche Wohnfläche:

"Maßstab für die Festlegung der Mieten, für Mieterhöhungen und für Betriebskostenabrechnungen sollten immer die tatsächlichen Wohnflächen sein, nicht "fiktive" Flächen, wie sie im Mietvertrag genannt werden. Die hier laut Koalitionsvertrag geplante Klarstellung, dass nur die tatsächliche Wohnfläche Grundlage für Rechtsansprüche sein kann, ist richtig und dringend notwendig", sagte Dr. Franz-Georg Rips.
Nach geltender Rechtslage ist die im Mietvertrag angegebene Wohnfläche entscheidend. Erst bei Flächenabweichungen von mehr als 10 Prozent muss auf die tatsächliche Wohnfläche zurückgegriffen werden. Das bedeutet, in vielen Mietverträgen zahlen Mieter Quadratmeterpreise für nicht existierende Wohnflächen, müssen hierauf sogar noch Mieterhöhungen oder Betriebskosten zahlen.

Kündigungsschutz verbessern:

"An zwei Stellen muss der gesetzliche Kündigungsschutz verbessert werden, forderte der Mieterbund-Präsident. Eine Eigenbedarfskündigung darf nur zulässig sein, wenn auf Seiten des Vermieters oder eines berechtigten Dritten tatsächlich Wohnbedarf besteht, wenn die gekündigte Wohnung dauerhaft zu Wohnzwecken genutzt werden soll. Gleichzeitig ist klarzustellen, dass die im Gesetz genannten Kündigungsgründe wie Pflichtverletzung des Mieters, Eigenbedarf oder Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung eine abschließende Aufzählung der in Betracht kommenden Kündigungsgründe darstellen.

Wer als Mieter Mietschulden in Höhe von zwei Monatsmieten hat auflaufen lassen, kann gekündigt werden, sogar fristlos. Zahlt der Mieter aber alle Mietrückstände nach, wird die fristlose Kündigung unwirksam. Nicht aber die Kündigung, die der Vermieter mit Kündigungsfrist ausgesprochen hat. Hier muss sich die sogenannte Heilungswirkung der nachträglichen und vollständigen Schuldenbegleichung auch auf die ordentliche Kündigung mit Kündigungsfrist erstrecken, und nicht nur wie bisher auf die fristlose Kündigung.

Umfassende Wohngeldreform erforderlich

Im Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung angekündigt, sie wolle die Leistungen des Wohngeldes verbessern. So sollen die Leistungshöhe und die Miethöchstbeträge an die Bestandsmieten- und Einkommensentwicklung angepasst werden. Zwischenzeitlich hat Bundesbauministerin Barbara Hendricks in Aussicht gestellt, die Erhöhung des Wohngeldes könnte schon zum 1. April 2015 wirksam werden. In der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes sind hierfür zusätzlich etwa 130 Mio. Euro eingeplant.

"Wir begrüßen natürlich die Ankündigung der Bauministerin und wir halten die im Koalitionsvertrag vereinbart Wohngelderhöhung für dringend notwendig. Wir fürchten aber, dass die zur Verfügung stehenden zusätzlichen Finanzmittel vorn und hinten nicht ausreichen, eine umfassende Wohngeldreform zu finanzieren", sagte Siebenkotten.

Zuletzt ist das Wohngeld 2009 erhöht worden. Damals stieg es von im Schnitt 90,00 Euro auf 142,00 Euro im Monat, nicht zuletzt weil erstmals Heizkosten bei der Berechnung des Wohngeldes berücksichtigt wurden. Dieser Teil der Verbesserung ist mit Wirkung zum 1. Januar 2011 dann wieder von der damaligen CDU/CSU und FDP-Koalition gestrichen worden. Während im Jahr 2010 noch 1,06 Mio. Haushalte Wohngeld bezogen, waren es 2013 nur noch 750.000 Haushalte. Parallel dazu sanken die Ausgaben bis zum Jahr 2013 auf etwa 1 Mrd. Euro.

Siebenkotten: "Noch ist unklar, wie die Wohngeldverbesserung konkret aussehen soll. Es wird aber nicht genügen, nur die Leistungshöhe und die Miethöchstbeträge an die Bestandsmieten und Eigentumsentwicklungen anzupassen. Wichtig ist, dass die Energie- und Heizkosten beim Wohngeld endlich wieder berücksichtigt werden Unerlässlich ist auch eine Dynamisierung des Wohngeldes, damit nicht alle fünf Jahre wieder die Diskussion geführt werden muss, ob das Wohngeld zu erhöhen ist, und wenn ja, in welchem Umfang."

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Mieterbund e.V. (DMB) Pressestelle Littenstr. 10, 10179 Berlin Telefon: (030) 223230, Fax: (030) 22323100

(sy)

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