Pressemitteilung | Gesamtverband der Personaldienstleister e. V. (GVP) - Geschäftsstelle Berlin

"Weitere Regulierungen der Zeitarbeit sind nicht notwendig!" / Thomas Hetz, Hauptgeschäftsführer des Bundesarbeitgeberverbandes der Personaldienstleister (BAP), im BAP-Serieninterview "Drei Fragen an..."

(Berlin) - Der deutschen Wirtschaft drohen weitere bürokratische Belastungen: Wie im Koalitionsvertrag beschlossen, will die Regierung die flächendeckende Einführung von Equal Pay nach neun Monaten und die Festschreibung einer Höchstüberlassungsdauer auf 18 Monate in Kürze umsetzen. Welche Auswirkungen werden die Regulierungen der Bundesregierung haben? Sind tatsächlich Eingriffe des Gesetzgebers notwendig? Thomas Hetz, Hauptgeschäftsführer des BAP, spricht sich entschieden gegen das Vorhaben der Bundesregierung aus, die Branche noch weiter zu regulieren, und erklärt im Interview, was dagegen spricht.


Herr Hetz, die Regulierungsabsichten der großen Koalition für die Zeitarbeit dürften nicht im Sinne der Branche sein. Warum sprechen Sie sich so deutlich dagegen aus?

Ich will das am Beispiel Höchstüberlassungsdauer erläutern. Die Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten begrenzt ja nicht nur die Einsätze unserer Mitarbeiter, sondern konterkariert eindeutig die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, für die sich die Bundesregierung stark macht. So ist derzeit in der Familienpflegezeit eine Reduzierung der Arbeitszeit von bis zu 24 Monaten möglich - in der Elternpflegezeit besteht sogar ein Gesetzesanspruch für 36 Monate. Eine Höchstüberlassungsdauer, die unter den Zeiträumen von Eltern- und Familienpflegezeit liegt, würde den Einsatz von Zeitarbeitnehmern jedoch nahezu unmöglich machen. Dabei sind diese Vertretungen das klassische Einsatzgebiet der Zeitarbeit und gehören absolut zu ihren Kernfunktionen - auf die Bundesregierung die Branche laut Koalitionsvertrag 'hin orientieren' will. Jahrelange Überlassungen sind außerdem die Ausnahme und finden hauptsächlich im Bereich der Höherqualifizierten statt. Gerade die werden aber fast ausnahmslos über Tarif bezahlt und begeben sich freiwillig in ein Arbeitsverhältnis in der Zeitarbeit. Das heißt, die Bundesregierung schränkt mit einer Höchstüberlassungsdauer ohne Not das wichtige Flexibilitätsinstrument Zeitarbeit für die ganze deutsche Wirtschaft ein.

Betreffen die Regulierungen denn nicht nur die Zeitarbeit oder muss tatsächlich die gesamte deutsche Wirtschaft mit Belastungen rechnen?

Es handelt sich um einen Trugschluss, dass die vorgesehenen Gesetzesänderungen nur Auswirkungen auf die Personaldienstleister haben werden! Das zeigt das Beispiel Equal Pay in aller Deutlichkeit. Die Ermittlung von Equal Pay trifft neben der Zeitarbeit auch die Kundenunternehmen, die den vergleichbaren Stammmitarbeiter ermitteln müssen. Dann müssen die Gehaltsstrukturen der Kunden zugrunde gelegt werden - und die können äußerst komplex sein: Bei einem deutschen großen Autohersteller gibt es beispielsweise rund 180 Entgeltbestandteile - daraus Equal Pay zu bestimmen, wird eine echte Herausforderung. Und es gibt noch mindestens zwei Fragen, die sowohl in der Zeitarbeit als auch bei den Kundenunternehmen zu großer Rechtsunsicherheit führen werden. Erstens ist offen, was passiert, wenn es keinen Stammmitarbeiter gibt, an dem sich Personaldienstleister und Kunde orientieren können. Zweitens ist völlig unklar, was genau eigentlich unter Equal Pay zu verstehen ist. Gehört dazu auch die vergünstigte Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio, die der Kunde seinen Mitarbeitern bietet? Wir können also mit Gewissheit davon ausgehen, dass häufig Arbeitsgerichte ermitteln müssen, ob tatsächlich Equal Pay gezahlt wurde. Die Nachweispflicht liegt in diesem Fall beim Kunden.

Diese zusätzlichen Belastungen und Rechtsunsicherheiten sind schlichtweg unnötig, weil die Zeitarbeit bereits durch Gesetz und ein umfangreiches Tarifwerk umfassend geregelt ist. Außerdem haben die Sozialpartner mit den Branchenzuschlagstarifverträgen längst ein System entwickelt, mit dem Zeitarbeitnehmer in Stufen an Equal Pay herangeführt werden. Aktuell gibt es elf Zuschlagstarifverträge für zwölf Wirtschaftsbereiche, sodass die wichtigsten Einsatzbereiche der Zeitarbeit abgedeckt sind. Aber dieses System ließe sich natürlich problemlos auf weitere Branchen übertragen.

Wie beurteilen Sie die Rolle der Zeitarbeit bei der Integration von Flüchtlingen?

Hier wurde von der Bundesregierung eine Chance vertan. Mit dem kürzlich verabschiedeten Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz sind wir einer schnellen Integration in unserer Branche nicht näher gekommen. Flüchtlinge erhalten nämlich erst nach 15 Monaten die Möglichkeit, in der Zeitarbeit zu arbeiten - Ausnahmen bestehen nur für qualifizierte Mangelberufe und im hochqualifizierten Bereich. Das war vom Koalitionsausschuss Anfang September noch ganz anders beschlossen worden, denn unsere Branche sollte nach drei Monaten für alle Flüchtlinge geöffnet werden. Das wäre auch der richtige Ansatz gewesen, weil die Zeitarbeit schon seit Jahren immer wieder ihre Integrationsleistung für Zielgruppen, die es am Arbeitsmarkt schwer haben - seien es Migranten oder Langzeitarbeitslose - unter Beweis stellt. Daher hätte unsere Branche eigentlich ein wichtiger Mosaikstein für die effektive Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt sein können - selbst wenn wir nur einen kleinen Teilbeitrag leisten könnten.

Angesichts der bevorstehenden Herausforderungen, vor denen Deutschland bei der Flüchtlingsfrage steht, ist es für mich jedenfalls nicht nachvollziehbar, warum die Zeitarbeit weiter reguliert werden soll. Auch wenn Flüchtlinge erst nach 15 Monaten bei uns arbeiten dürfen, werden Equal Pay und Höchstüberlassungsdauer eine Integration via Zeitarbeit in den Arbeitsmarkt nicht befördern, sondern erschweren. Die Bundesregierung sollte deshalb darüber nachdenken, ob sie eine zwei Jahre alte Vereinbarung umsetzen muss, die in ganz anderen Zeiten getroffen wurde!

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP) Pressestelle Universitätsstr. 2-3a, 10117 Berlin Telefon: (030) 206098-0, Fax: (030) 206098-70

(cl)

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