Pressemitteilung | Gesamtverband der Personaldienstleister e. V. (GVP) - Geschäftsstelle Berlin

Welche Zukunft hat die Zeitarbeit in Deutschland?

(Berlin) - Auf der Treffpunkt-Veranstaltung des BAP-Ausschusses Zukunftsvertrag Zeitarbeit diskutierten Unternehmer, Gewerkschaftsvertreter, Wirtschaftsexperten und Bundestagsabgeordnete das Thema Zukunft der Zeitarbeit aus verschieden Perspektiven. Die Resonanz war mit über 100 Zuhörern sehr groß.

2013 haben die Sozialpartner der Zeitarbeitsbranche ein neues Tarifwerk gegeben, das der Branche bis Ende 2016 Planungssicherheit bietet. Gleichzeitig hat die Große Koalition in ihrem Koalitionsvertrag neue Regulierungen festgesetzt, die die Funktion der Zeitarbeit als Integrationsinstrument auf dem Arbeitsmarkt und als Jobmotor gefährden könnten. "Welche Zukunft hat die Zeitarbeit in Deutschland?" lautete daher das Motto der gestrigen Treffpunkt-Veranstaltung des Ausschusses Zukunftsvertrag Zeitarbeit des Bundesarbeitgeberverbandes der Personaldienstleister (BAP). In der Vertretung des Saarlandes beim Bund in Berlin referierten und diskutierten hierzu Experten und Entscheider aus Politik und Wirtschaft.

Zu Beginn der Veranstaltung begrüßte Ausschuss-Vorsitzender und BAP-Vorstandsmitglied Andreas Dinges die über 100 Zuhörer in der Landesvertretung. Anschließend führte Prof. Dr. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln), mit einem Impulsreferat zur volkswirtschaftlichen Bedeutung der Zeitarbeit in das Thema ein: Durch Zeitarbeit hätten Unternehmen Flexibilität gewonnen und Stammbelegschaften stabilisieren können, führte Hüther aus. Als Arbeitsmarktinstrument hätte die Zeitarbeit die Wirtschaftskrise für viele Firmen "abgefedert", außerdem biete sie mit rund 90 Prozent voll sozialversicherungspflichtig Beschäftigten "gute Beschäftigungsverhältnisse" an. Dass durch Zeitarbeit eine sogenannte Prekarisierung des Arbeitsmarktes entstanden sei, schloss Hüther am Ende seines Vortrages kategorisch aus: "Dies lässt sich weiß Gott nicht bestätigen."

Die sich anschließende Podiumsdiskussion wurde von Henning Krumrey, stellvertretender Chefredakteur und Leiter des Hauptstadtbüros der WirtschaftsWoche, moderiert. Zuvor beleuchtete er in einem Kurzstatement die Darstellung der Zeitarbeit in den Medien: Die Zeitarbeitsbranche habe sich unter anderem durch tarifvertragliche Regelungen und Branchenzuschläge in den vergangenen Jahren stark weiterentwickelt, betonte Krumrey. Dennoch würde vielerorts immer noch auf Branchenbeschreibungen der Vergangenheit zurückgegriffen. "Klischees der Zeitarbeit wie 'moderne Sklavereiʹ setzen sich fort", sagte Krumrey. Einzelfälle in der Vergangenheit, in denen Zeitarbeit missbräuchlich eingesetzt worden sei, würden noch immer ungerechtfertigterweise das Image der Branche in der Berichterstattung prägen. Um Klischees aus den Köpfen zu bekommen, brauche man immer einen langen Atem.

Anschließend stellte Krumrey die Podiumsteilnehmer vor, die ausführlich über die Rolle der Zeitarbeit in Zeiten der Großen Koalition debattierten: Jana Schimke, MdB (CDU/CSU-Bundestagsfraktion), Markus Paschke, MdB (SPD-Bundestagsfraktion), Beate Müller-Gemmeke, MdB (Bündnis 90 / Die Grünen-Bundestagsfraktion), Johannes Jakob (DGB-Bundesvorstand, Abteilung Arbeitsmarktpolitik) sowie BAP-Vizepräsident Wilhelm Oberste-Beulmann.

Zu Beginn standen die Regulierungen im Koalitionsvertrag im Fokus der Diskussionsteilnehmer. Jana Schimke merkte an, dass die Zeitarbeitsbranche mit ihren Tarifverträgen bereits selbstständig für Weiterentwicklungen gesorgt hätte. "Ich bedaure, dass nun etwas auf den Weg gebracht wird, was dies alles konterkariert", sagte Schimke. Markus Paschke meinte, die anstehenden Regulierungen seien Teil des SPD-Wahlprogramms gewesen. Die Zeitarbeit erfülle eine wichtige Funktion, es gehe aber darum, sich auf ihren Kernbereich - "Beschäftigung auf Zeit" - zu konzentrieren. Wilhelm Oberste-Beulmann erinnerte an die anfangs von Prof. Dr. Michael Hüther angeführten Erfolge der Zeitarbeit. "Wir haben mit dafür gesorgt, dass die Wirtschaft wieder in Schwung kam", so Oberste-Beulmann. "Wir stellen Menschen aus der Arbeitslosigkeit heraus ein, und wir investieren viel Geld, um auch gerade gering und nicht Qualifizierte weiterzubilden und nachhaltig in Arbeit zu bringen." Johannes Jakob stellte fest: "Das Image der Zeitarbeit ist besser geworden." Er fügte an, dass hierzu auch die Regulierungen der Vergangenheit beigetragen hätten. Beate Müller-Gemmeke sagte, sie wünsche sich Verbesserungen in der Leiharbeit: Branchenzuschlagstarife würden beispielweise nicht in allen Bereichen dieser Beschäftigungsform gelten. Sie benutzte in diesem Zusammenhang bewusst den Ausdruck "Leiharbeit" und verwies darauf, dass dies auch der im Gesetz verwendete Ausdruck sei.

Angesprochen wurde auch die geplante Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten in der Zeitarbeit. Jana Schimke bezeichnete einen solchen Schritt als "Eingriff in die betriebliche Praxis". Sie warnte davor, Einzel-Missbrauchsfälle zu verallgemeinern und Gesetze zu erlassen, die dann "zu Lasten vieler" gingen. Markus Paschke meinte, es gehe darum, rechtliche Unsicherheiten zu beseitigen und Dauereinsätze von Zeitarbeitnehmern bei Kundenunternehmen zu verhindern. Außerdem schreibe die europäische Leiharbeitsrichtlinie einen vorübergehenden Einsatz vor. Johannes Jakob verwies auf das Bundesarbeitsgericht: Dieses hätte bereits angemahnt, dass der Gesetzgeber tätig werden müsse, um den vorübergehenden Einsatz von Zeitarbeitnehmern klarer zu definieren. "Außerdem muss nach 18 Monaten klar sein, ob es sich um einen vorübergehenden oder um einen Stamm-Arbeitsplatz handelt", so Jakob weiter. Beate Müller-Gemmeke meinte, es gehe bei diesem Punkt auch um soziale Sicherheit von Arbeitnehmern. Außerdem bezog sie sich ebenfalls auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes: "Was ʹvorübergehendʹ ist, muss definiert werden", so Müller-Gemmeke. "Auch im Hinblick auf Missbrauch." Oberste-Beulmann warnte hingegen vor einer Höchstüberlassungsdauer, die die Funktion der Zeitarbeit als Integrationsinstrument auf dem Arbeitsmarkt einschränken würde: Projekte auch gerade im höherqualifizierten Bereich würden oft länger als 18 Monate laufen - genau wie Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für gering und nicht Qualifizierte. "Sollen wir diese Menschen dann einfach in die Arbeitslosigkeit schicken?", fragte Oberste-Beulmann.

BAP-Hauptgeschäftsführer Thomas Hetz betonte im Nachgang der Veranstaltung ebenfalls, dass die Sozialpartner die Zeitarbeit in den vergangenen Jahren durch Tarifverträge und Branchenzuschläge zu einer "ganz normalen Branche mit ganz normalen Löhnen" gemacht hätten. Weitere Regulierungen seitens des Gesetzgeber seien daher nicht nur unnötig - "sie gefährden ganz konkret das Flexibilisierungsinstrument und den Jobmotor Zeitarbeit", so Hetz. "Und dies ist besonders für diejenigen ein Nachteil, die es schwer haben auf dem Arbeitsmarkt und dringend eine Perspektive brauchen."

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP) Pressestelle Universitätsstr. 2-3a, 10117 Berlin Telefon: (030) 206098-0, Fax: (030) 206098-70

(cl)

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