Pressemitteilung | Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger e.V (BDZV)

Zeitung ist die Plattform in der digitalen Zivilgesellschaft / Verleger verlangen von Politik neue Rahmenbedingungen

(Berlin) - Auf dem weiteren Weg in die digitale Medien- und Informationsgesellschaft erwarten die Zeitungsverleger von der Politik neue Rahmenbedingungen und schnellere Entscheidungen. "Die mittelständische Zeitungsbranche steht - gefesselt durch Wettbewerbs-, Datenschutz- und Medienvielfaltsregelungen - den globalen Internet-Giganten gegenüber, die in weiten Teilen uneingeschränkt in unseren Märkten agieren können", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), Dietmar Wolff, bei der Jahrespressekonferenz am 14. Juli 2015 in Berlin. Die Politik müsse endlich Position beziehen und klar entscheiden, ob die überregionalen, regionalen und lokalen Zeitungsunternehmen eine echte Chancengleichheit bei den Regeln hätten oder ob digitale Großkonzerne das Spiel für sich ausmachten. Als ein Beispiel für die zögerliche Haltung der Politik nannte Wolff das in Brüssel anhängige EU-Kartellverfahren gegen Google. Die EU-Kommission habe nach jahrelanger Prüfung endlich das Verfahren gegen den Quasi-Monopolisten eingeleitet, doch sei damit zu rechnen, dass es weitere Jahre dauern werde, bis ein Ergebnis vorliege.

Auch von den politischen Entscheidungsträgern in Bund und Ländern erwartet der BDZV ein stärkeres Bekenntnis zur Zeitung. Überfällig sei eine neue Medienordnung, in der die Position der Verlage gestärkt und an die neuen Marktentwicklungen angepasst werde. "Die Zeitungen wollen auch in Zukunft in Qualitätsinhalte investieren. Doch dafür brauchen sie mehr Freiraum", so Wolff. Stoppschilder beim Zugang zu den elektronischen Medien müssten beseitigt werden. Umgekehrt dürften Angebote von Rundfunksendern, die mit staatlich festgesetzten Gebühren finanziert würden, die frei finanzierte Presse nicht im Wettbewerb behindern. Auch die Werberegeln müssten so stabil sein, dass die Presse ihre öffentliche Funktion, die ihr vom Gesetzgeber zugedacht sei, auch ausfüllen könne. Wie fragil dieses Gefüge sei, hätten die Diskussionen um den Versuch des Senders ProSiebenSat.1 gezeigt, regionale Werbung auszustrahlen und damit gegen alle Regeln das wirtschaftliche Fundament der regionalen Medienunternehmen anzugreifen.

Ausdrücklich begrüßte der BDZV-Hauptgeschäftsführer die Arbeit der Bundesregierung bei der Entwicklung der digitalen Infrastruktur in Deutschland. Dazu gehöre auch die Unterstützung von Telekommunikations-Unternehmen, Deutschland flächendeckend mit schnellem Internet zu versorgen, was auch den Verlagen bei der digitalen Verbreitung ihrer Inhalte nutzen würde. "Doch das ist dieselbe Bundesregierung, die es uns durch praxisfremdes Eingreifen fast unmöglich macht, die Menschen jenseits der Ballungsräume betriebswirtschaftlich sinnvoll mit der Zeitung zu versorgen", kritisierte Wolff. Dies sei eine der Folgen des Mindestlohns, der die Zustellung auf einen Schlag um 230 Millionen Euro verteuert habe.

Qualität, Glaubwürdigkeit, Vertrauen

Der BDZV-Hauptgeschäftsführer machte deutlich, wie existenziell wichtig die Zeitungen im Mediensystem in Deutschland seien. Kein anderes Medium könne die Welt in ihrer Universalität so professionell abbilden. Bis in den lokalen und hyperlokalen Nahraum hinein begleite die Zeitung die Menschen und liefere zugleich das "big picture" in Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport. Mit diesem Informations- und Bildungsangebot erreiche die Zeitung täglich fast 52 Millionen Bürger beziehungsweise drei Viertel der deutschsprachigen Bevölkerung. Dies geschehe zunehmend auf digitalen Ausspielkanälen vom PC bis zu Tablet und Smartphone. "Damit ist die Zeitung die universale Kommunikationsplattform in der digitalen Zivilgesellschaft", so Wolff.

Wie sehr die Bürger den Zeitungen vertrauten, habe erst jüngst wieder eine Untersuchung der Forschungsgruppe Wahlen bestätigt: Über alle Altersgrenzen hinweg genössen Zeitungen die höchste Glaubwürdigkeit - ganz oben stünden die regionalen Tageszeitungen. Sie seien in den Städten und Gemeinden das Forum für sachliche und meinungsstarke Debatten. Tag für Tag würden von Zeitungen Missstände in Politik, bei Behörden, Institutionen und Unternehmen aufgedeckt. Oft seien es Regionalzeitungen, die journalistische Scoops landeten. Diese Leistung sei für eine lebendige Demokratie von unschätzbarem Wert, stellte Wolff fest.

Wie hoch die Relevanz der Zeitung bei den Leistungseliten sei, bestätige die jüngste Leseranalyse Entscheidungsträger in Wirtschaft und Verwaltung (LAE), bei der die Zeitungen im Vergleich zum sehr guten Vorjahr noch einmal zugelegt hätten.

"Ob überregional, regional oder lokal - in allen Zeitungshäusern wird optimistisch und mit höchstem Engagement an der Zukunft der Zeitung gearbeitet", so Wolff. Jedem sei klar, dass eine große Innovationskraft gefordert sei und überall sei der Wille zur Erneuerung zu spüren. In die etablierten Zeitungstitel werde ebenso investiert wie in neue Produkte und Formate. Dabei bleibe professioneller erstklassiger Journalismus der Kern des Geschäfts. Gleichwohl würden die Verlage sich wandeln und künftig einen wachsenden Anteil der Gesamterlöse auch jenseits des Kerngeschäfts erzielen. "Die Marktbedingungen für Zeitungen haben sich grundlegend geändert", so Wolff. Die Relevanz der Zeitung sei höher denn je, doch das Geschäftsmodell müsse weiterentwickelt werden. Die Frage nach der langfristigen Refinanzierung von Qualitätsjournalismus im digitalen Zeitalter sei eine der großen Herausforderungen, denen sich die Zeitungsbranche stelle.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V. (BDZV), Haus der Presse Pressestelle Markgrafenstr. 15, 10969 Berlin Telefon: (030) 726298-0, Fax: (030) 726298-299

(sy)

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