Pressemitteilung | Deutscher Reiseverband e.V. (DRV)

Zukunft der Reiseveranstalter gefährdet / Gewerbesteuer auf Zimmerkontingente? Finanzgericht verhandelt am 28. Januar 2016

(Berlin) - An diesem Donnerstag, dem 28. Januar 2016 beschäftigt sich das Finanzgericht (FG) Münster mit der Frage, wie eingekaufte Zimmerkontingente von Reiseveranstaltern steuerlich bewertet werden sollen. Wie ein Damoklesschwert hängt das Thema gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Übernachtungsleistungen über der Reisebranche. Auslöser ist eine seit 2012 von den Finanzbehörden praktizierte Auslegung der 2008 reformierten Gewerbesteuergesetzgebung, wonach der Einkauf von Zimmerkontingenten der deutschen Reiseveranstalter wie Anlagevermögen bewertet wird.

Die Folgen für die Reiseveranstalter in Deutschland waren der Politik damals wohl nicht bewusst, macht der Deutsche ReiseVerband (DRV) im Vorfeld der am Donnerstag anstehenden Verhandlung in einem konkreten Rechtsstreit aufmerksam. Denn die aktuelle Auslegung mit Steuerquoten von über 60 bis teilweise bis zu 100 Prozent führt zu einer extremen wirtschaftlichen Belastung der Unternehmen. So hat beispielsweise ein Großveranstalter eine Gesamtsteuerquote für den Zeitraum 2008 bis 2014 von 87 Prozent ermittelt. Steuerquoten in dieser Höhe sind erklärtermaßen aber auch von der Politik nicht gewollt.

Rückwirkend stehen für die Reisebranche Forderungen von 1,6 Milliarden Euro im Raum. Die jährlichen Mehrkosten belaufen sich auf 230 Millionen Euro. Große Unternehmen könnten gezwungen sein, ganze Abteilungen rund um den Hoteleinkauf ins Ausland zu verlagern - 25.000 Arbeitsplätze sind gefährdet. Der DRV als Branchenverband der Touristik fordert eine politische Lösung: Der Gesetzgeber müsse eine Präzisierung der Steuergesetzgebung vornehmen, um unternehmerische Handlungssicherheit zu schaffen - und zwar zügig.

Hintergrund: Anlass für das steuerliche Streitthema ist die Reform der Gewerbesteuer - seit 2008 werden angemietete Objekte wie Ladenflächen, Büros oder Produktionsflächen der Gewerbesteuer hinzugerechnet. Die Finanzverwaltungen behandeln auch Unterkunftsleistungen der Reiseveranstalter als solche - eine fatale Fehlinterpretation: Erstens kombinieren Reiseveranstalter unterschiedliche Leistungen wie Hotelzimmer, Verpflegung und Sportangebote, um neue Produkte - die Pauschalreisen - zusammenzustellen. Zudem nutzt kein Reiseveranstalter ein Hotelzimmer wie eine Werkshalle. Da der Gebrauch einzig den Kunden vorbehalten ist, handelt es sich juristisch um Umlauf- und nicht um Anlagevermögen. Zahlungen hierfür dürfen der Gewerbesteuer deshalb nicht hinzugerechnet werden. Besonders bemerkenswert ist, dass die Finanzämter Gewerbesteuerzahlungen auch auf Hotelübernachtungen im Ausland fordern - laut Gesetz unterliegen aber nur im Inland betriebene Erwerbsbetriebe der Gewerbesteuer. Spitzenpolitiker, unter anderem Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, kritisieren immer wieder die Auslegung der Finanzbehörden. Nach Auffassung der Landesfinanzverwaltung in NRW handelt es sich in diesem Fall, der am 28. Januar in Münster verhandelt wird, um ein Musterverfahren. Die Reisebranche stellt hingegen klar, dass es sich bei dem Fall des Münsteraner Anbieters um ein spezielles Veranstaltergeschäft handelt, das nicht mit dem typischen und allgemeinen Reiseveranstaltergeschäft vergleichbar ist.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher ReiseVerband e.V. (DRV) Sibylle Zeuch, Pressesprecherin Schicklerstr. 5-7, 10179 Berlin Telefon: (030) 28406-0, Fax: (030) 28406-30

(sy)

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