Pressemitteilung | Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb)

Zuwanderungsgesetz übergeht Frauen

(Bonn) - Die am 8./9. September in Hamburg gewählte neue Präsidentin des djb, Margret Diwell, sieht in dem kürzlich vorgestellten Referentenentwurf eines Zuwanderungsgesetzes die Befürchtung des djb bestätigt (vgl. Focus Nr. 47/2000 „Schily, der Macho-Minister“), dass die Zuwanderungskommission, die Bundesinnenminister Otto Schily fast ausschließlich mit Männern besetzt hat, die Interessen von Frauen völlig übergeht.

Margret Diwell: „Dass Frauen ausreichend berücksichtigt wurden, ist weder aus dem Wortlaut noch aus der Begründung des Gesetzentwurfs erkennbar. Im langfristigen gesellschaftlichen Interesse liegt es jedoch, dass auch qualifizierte Frauen nach Deutschland kommen. Für die Integrationsmöglichkeiten der Zuwandernden und eine geschlechtergerechte gesellschaftliche Struktur insgesamt ist es unbedingt notwendig, dass Frauen nicht nur als Familienangehörige oder Engpassarbeitskräfte in niedrig bezahlten Berufssparten zuwandern.“ Der djb fordert die Gleichberechtigung der Geschlechter unter dem Gesichtspunkt des gesamtgesellschaftlichen Interesses und als Auswahlkriterium in die vorgeschlagenen Einzelregelungen und auch in die Gesetzesbegründung aufzunehmen. Diwell: „Mit dem Zuwanderungsgesetz sendet die Bundesrepublik Deutschland eine Botschaft an migrationswillige Menschen in aller Welt aus. Diese Botschaft muss lauten: In Deutschland wird Gleichberechtigung ernst genommen. Willkommen als Arbeitsmigranten sind genauso Frauen wie Männer.“ Der djb erwartet, dass bei der Zuwanderung gerade qualifizierte und hochqualifizierte Frauen, die in ihrer Heimat nur wenig Chancen haben, eine ihrer Ausbildung entsprechende Beschäftigung zu finden, ausdrücklich dazu zu ermutigt werden, sich in Deutschland zu bewerben.

Der djb kritisiert aber auch die fehlende Beteiligung von Fachverbänden am Gesetzgebungsverfahren. Diwell: „Der djb fordert die Bundesregierung auf, die Reform des Ausländer- und Asylrechts in einem Gesetzgebungsverfahren ohne wahlkampftaktisch bestimmte Hektik zu erarbeiten. Insbesondere müssen die Fachverbände und -organisationen – hierzu gehören auch die Frauenorganisationen – trotz des außerordentlich engen Zeitrahmens, der für die Beratung des Gesetzentwurfes vorgesehen ist, angehört und ihre Stellungnahmen in die Beratung des Gesetzes einbezogen werden.“

Diwell weist auf die am 10. September vorgelegte Stellungnahme des djb zu dem Referentenentwurf eines Zuwanderungsgesetzes hin, die in den nächsten Tagen an die Bundesregierung und die Bundestagsparteien gehen wird.. Zwei Punkte werden besonders kritisiert: – Der djb sieht bei der vorgeschlagenen Regelung des Zuzugs qualifizierter Arbeitskräfte die Gefahr einer Benachteiligung von Frauen. Die Rekrutierung nahezu ausschließlich männlicher Gastarbeiter in den 60er und 70er Jahren führte zu gravierenden sozialen Problemen. Dass künftig nachziehende Familienangehörige von Arbeitsmigranten – ganz überwiegend Ehefrauen – ohne Wartezeit Zugang zum Arbeitsmarkt haben sollen, genügt aus Sicht des djb nicht. Die jetzt im Gesetz vorgesehenen Auswahlkriterien (möglichst jung, mehrjährige Berufserfahrung, Führungserfahrung) werden die faktisch nach Geschlechtern differenzierende Anwerbung nicht verhindern können. Hier sieht der djb Nachbesserungsbedarf. Ein künftiges Zuwanderungsrecht sollte Regeln enthalten, die die Erwerbsarbeit von Frauen fördern und Frauen ermutigen, sich zu bewerben. „Unter den Frauen findet sich ein Potential hoch qualifizierter Arbeitskräfte nicht nur im Ausland, sondern auch im Inland, das bislang viel zu wenig genutzt wird. Wir können uns eine solche Politik nicht mehr leisten“, so die Präsidentin des djb, Margret Diwell.

– Der djb fordert zudem eine menschenrechtliche Asylpraxis, die Frauen, die von geschlechtsspezifischer Verfolgung betroffen sind, den rechtlich sicheren Status als Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zubilligt. Die politische Verfolgung von Frauen reicht von ihrer Entrechtung über sexuelle Gewalt bis hin zur rituellen Tötung. Im künftigen § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz sollte daher ausdrücklich klargestellt werden, dass eine Person nicht in einen Staat abgeschoben werden darf, „in dem ihr Leben, ihr Körper oder ihre Freiheit wegen (...) ihres Geschlechts bedroht ist“.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Juristinnenbund (Vereinigung der Juristinnen, Volkswirtinnen und Betriebswirtinnen) e.V. (DJB) Reuterstr. 241 53113 Bonn Telefon: 0228/915100 Telefax: 0228/211009

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