Pressemitteilung | Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)

Zwischen PISA und leeren Kassen / woher soll das Geld für die Bildung kommen?

(Berlin) - Zusätzlich 20 Milliarden Euro für den Ausbau von Bildung und Forschung bis 2010 hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) am 14. Mai in Berlin verlangt. Die Bildungsgewerkschaft legte zur Finanzierung ihres Forderungspakets einen Maßnahmenmix zur Erhöhung der Einnahmen von Bund, Ländern und Kommunen vor. "Wir dürfen aber auch die Wirtschaft nicht aus ihrer gesellschaftlichen Verantwortung lassen. Die Unternehmen sollen die Steuergeschenke der letzten Jahre stärker nutzen, um in Forschung und Entwicklung sowie Ausbildung und Qualifizierungsmaßnahmen der Beschäftigten zu investieren", sagte GEW-Vorsitzende Eva-Maria Stange.

Stange betonte, dass die Ergebnisse der Schulleistungsstudie PISA den großen Reformbedarf im Bildungswesen der Bundesrepublik belegten. "Reformen sind aber nicht zum Nulltarif zu haben", sagte sie. Bund, Länder und Kommunen müssten endlich ernst machen und in Bildung investieren. Als vordringlichste Projekte benannte die GEW-Chefin den "sofortigen Ausbau der Kindertagesstätten zu Bildungseinrichtungen", die "schrittweise Abschaffung der KiTa-Elternbeiträge", das Ganztagsschulprojekt der Bundesregierung, den Stopp des Abbaus im Weiterbildungsbereich und die Erhöhung der Akademikerquote auf 40 Prozent - ohne die Einführung von Studiengebühren. Nach Angaben der GEW sind für diese Vorhaben zusätzliche Gelder in Höhe von rund zehn Milliarden Euro notwendig.

"Auch in Forschung und Entwicklung muss Deutschland noch erhebliche Klimmzüge machen, um das EU-Ziel von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts
(BIP) für diesen Bereich zu packen", unterstrich Stange. Die Erhöhung des Status quo um 0,5 Prozent, der Staat erbringt 0,8 Prozent, die Wirtschaft 1,7 Prozent, bedeute zusätzliche Investitionen von rund zehn Milliarden Euro. Hier sei auch die Wirtschaft gefordert.

Die GEW-Vorsitzende forderte ein radikales Umsteuern in der Steuerpolitik. "Der Steuersenkungsrausch ohne Rücksicht auf die gesellschaftlichen Folgen muss beendet werden. Einen armen Staat können sich nur die Reichen leisten", sagte sie. Steuern dienten der öffentlichen Risikosicherung und müssten nach dem Leistungsprinzip erhoben werden. "Der Spitzensteuersatz von zurzeit 45 Prozent darf nicht weitergesenkt werden. Außerdem muss eine verfassungsgerechte Vermögensteuer wieder belebt werden. Allein diese könnte acht Milliarden Euro in die leeren öffentlichen Kassen spülen", hob die Gewerkschafterin hervor.

Weitere konkrete Maßnahmen seien die Erhöhung der Grund-, Erbschafts- und Schenkungsteuer, die Schaffung einer kommunalen Wertschöpfungsteuer und einer Devisentransaktionssteuer, die Mindestbesteuerung von Unternehmen und die Kappung des Ehegattensplittings. "Diese Schritte erfordern politischen Mut, aber Bildungsinvestitionen versprechen gesellschaftlich höhere Renditen als der Aktienmarkt hergibt", sagte Stange. "Die Maßnahmen müssen durch das Stopfen von Steuerschlupflöchern, die Durchsetzung der Steuerehrlichkeit und die Verhinderung von Steuerflucht flankiert werden.

Zusätzlich brachte Stange den Vorschlag ins Spiel, die Goldreserven der Bundesbank für eine "Stiftung Bildung" zu mobilisieren.

Die GEW-Vorsitzende forderte, Ausgaben für den Ausbau von Bildungs- und Forschungseinrichtungen nicht auf die Staatsschuldengrenze des europäischen
Stabilitäts- und Wachstumspaktes anzurechnen. "Diese Gelder sind Investitionen und dürfen nicht dazu führen, dass Deutschland die Maastrichter Drei-Prozent-Hürde reißt", sagte sie.

Der Essener Bildungsforscher Klaus Klemm machte deutlich, dass Deutschland bei den Ausgaben für Bildung im internationalen Vergleich hinter her hinke. Die Bundesrepublik liege bei den öffentlichen Bildungsinvestitionen mit 4,3 Prozent des BIP ein halbes Prozent unter dem OECD-Schnitt. "Würden wir den Wert eines PISA-Siegerlandes wie Schweden mit 6,3 Prozent des BIP zugrunde legen, wäre das Bildungsbudget im Jahre 2000 um 40 Milliarden Euro größer gewesen", sagte Klemm. Einer Umverteilung innerhalb des Bildungssystems zugunsten der finanziell schlechter ausgestatteten Bereiche, erteilte Klemm eine Absage. "Hier sind die Spielräume sehr eng. Wir müssen zusätzliche Mittel für den Bildungsbereich bereit stellen. Bildungsausgaben sind Zukunftsinvestitionen", sagte der Wissenschaftler. Er stellte während der Pressekonferenz die im Auftrag der Max-Traeger-Stifung erstellte Broschüre "Bildungsfinanzierung in Deutschland" vor.

Quelle und Kontaktadresse:
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Reifenberger Str. 21, 60489 Frankfurt Telefon: 069/78973-0, Telefax: 069/78973-201

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