Pressemitteilung | Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V.

Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2010 an David Grossman

(Frankfurt am Main) - Der israelische Schriftsteller David Grossman ist gestern (10. Oktober 2010) mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet worden. Die Verleihung fand vor rund 1.000 geladenen Gästen in der Frankfurter Paulskirche statt, unter ihnen Bundespräsident Christian Wulff. Die Laudatio hielt der deutsche Bürgerrechtler und ehemalige Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Joachim Gauck.

In seiner Dankesrede sprach David Grossman über seine Hoffnungen als Israeli und als Jude. "Ich wünsche mir", so Grossman, "dass mein Land, Israel, die Kraft finden wird, seine Geschichte noch einmal neu zu schreiben. Dass es lernen wird, seiner Geschichte und seiner Tragödie auf eine neue Art und Weise zu begegnen und sich aus ihr heraus noch einmal neu zu erschaffen." Dafür brauche es den Frieden, denn wirklicher Friede für Israel bedeute die Aussicht, in der Welt auf eine neue Art leben zu können. "Nur Frieden wird Israel ein Zuhause und eine Zukunft geben. Und nur Frieden wird es uns, den Israelis, ermöglichen, etwas zu erleben, was wir überhaupt nicht kennen: Das Gefühl einer stabilen Existenz", sagte Grossman.

David Grossman sprach über den Tod seines Sohnes, der wenige Stunden vor Ende des zweiten Libanonkrieges durch eine Rakete der Hisbollah starb, und wie er selbst ins Leben zurückgefunden hat. "Wieder entdeckte ich, dass das Schreiben für mich der beste Weg ist, gegen Willkür zu kämpfen - gegen jedwede Willkür - und gegen das Gefühl, ihr hilflos, als Opfer ausgeliefert zu sein", sagte Grossman in seiner Dankesrede. "Ich habe gelernt: Es gibt Situationen, in denen die einzige Freiheit, die einem bleibt, die des Beschreibens ist: Die Freiheit, mit eigenen Worten das Schicksal zu beschreiben, das über einen verhängt ist. Manchmal kann dies auch der Weg sein, aus seinem Opferdasein herauszukommen."

Joachim Gauck hatte zuvor David Grossman in seiner Laudatio als inspirierenden Menschen bezeichnet. "Wir finden eine sprachliche Kraft in Ihnen, die wir bewundern. Aber mehr noch finden wir Unbestechlichkeit, Mut, die Bereitschaft zur unerschrockenen Wahrnehmung dessen, was ist, und den festen Willen, nicht aufzugeben, wo andere verzagen", sagte Gauck. Folge man Grossmans Worten, dann hänge es von den Menschen ab, ob der Hass die Oberhand gewinnt oder ob, wenn sie in den Dialog treten, die vielen und tiefen Verletzungen und Demütigungen zwischen verschiedenen Völkern überwunden werden können. "Es gibt keine Alternative zum Dialog", sagte der Laudator. "In diesem Geist wirkt David Grossman in Israel. Er erhielt gestern (10. Oktober 2010) den Friedenspreis dafür, dass er sich unverdrossen weigert, Teil einer Vergeltungsmechanik zu sein und in seinem Land Verantwortung selbst in `trüben´ Zeiten trägt."

Von Gabe und Gegengabe als Urformen der menschlichen Kultur sprach Prof. Dr. Gottfried Honnefelder, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, in seiner Begrüßung. "In Gabe und Gegengabe treten Menschen einander gegenüber, ohne sich gegenseitig umzubringen, sie geben einander, ohne sich dem anderen zu opfern. Wo solches geschieht, wird der Kampf vom Frieden abgelöst", sagte Honnefelder. Mit der Überreichung des Friedenspreises danke der Börsenverein David Grossman. "Für ein großes essayistisches und schriftstellerisches Werk - ein Werk, das von Hoffnung spricht, weil es sich weigert, dem Krieg in seinem Land, dem Krieg in aller Welt und dem Krieg in uns das letzte Wort zu überlassen", so Gottfried Honnefelder.

Seit 1950 vergibt der Börsenverein des Deutschen Buchhandels zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Preisträger waren neben Amos Oz und Teddy Kollek unter anderem Albert Schweitzer, Theodor Heuss, Astrid Lindgren, Václav Havel, Siegfried Lenz, Susan Sontag, Orhan Pamuk und im vergangenen Jahr Claudio Magris. Der Preis ist mit 25.000 Euro dotiert.

Weitere Informationen sind erhältlich unter

www.friedenspreis-des-deutschen-buchhandels.de.

Quelle und Kontaktadresse:
Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. Pressestelle Großer Hirschgraben 17-21, 60311 Frankfurt am Main Telefon: (069) 13060, Telefax: (069) 1306-201

(el)

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