Pressemitteilung | BVfK - Bundesverband freier Kfz-Händler e.V.

BVfK kritisiert: Skandalöser Wirrwarr um Angabepflichten zu Energieverbrauch und Emissionen bei Neuwagen

(Bonn) - Veraltete Vorschrift gebietet ungültige Angaben nach altem Messverfahren / Wirtschaftsministerium empfiehlt rechtlich problematische Doppelkennzeichnung / Dilemmasituation im Autohandel: Egal wie man es macht, es ist falsch / BVfK fordert schnellstmögliche Umsetzung der EU-Richtlinie / BVfK empfiehlt praktikable Übergangslösung

Seit mehreren Jahren weiß der Bundeswirtschaftsminister, dass er die PKW-Energieverbrauchs-Kennzeichnungsverordnung (PKW-EnVKV) zu aktualisieren hat. Die spezifischen Verbrauchs- und CO2-Angaben werden nämlich seit 2018 nicht mehr nach dem "neuen europäischen Fahrzyklus" (NEFZ), sondern nach dem aktuell gültigen weltweit harmonisierten "Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure" (WLTP) ermittelt. Diese seit 2018 vorliegenden Werte sind allerdings bis heute nicht Bestandteil besagter PKW-EnVKV, auf deren Grundlage der Kfz-Handel verpflichtet ist, in der Werbung für Neuwagen über Kraftstoffverbrauch und Schadstoffemissionen zu informieren.

Stattdessen fordert diese Verordnung immer noch die Angabe der Verbrauchs- und Emissionswerte nach dem überholten NEFZ-Verfahren, die hinsichtlich des Verbrauchs- und der Emissionsangaben niedriger und hinsichtlich der Reichweite höher sind. Das schadet zwar nicht unbedingt dem Erfordernis, , Fahrzeuge hinsichtlich ihres Kraftstoffverbrauchs und ihrer Schadstoffemissionen vergleichen zu können, führt jedoch zu Verwirrung, wenn man plötzlich an anderer Stelle diesbezügliche Angaben mit schlechteren, jedoch wirklichkeitsnäheren Werten findet.

Der Kfz-Handel befindet sich in einem Dilemma, denn er ist verpflichtet, die Verordnung in der zwar alten, jedoch noch gültigen Form zu beachten. Diese Verordnung gilt so lange, bis die Nachfolgeverordnung in Kraft getreten ist. Dies hätte bis spätestens 1. Januar 2021 der Fall sein müssen, denn seit diesem Datum müssen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union dafür sorgen, dass im Neuwagenhandel nur noch mit den neuen, nach WLTP ermittelten Verbrauchs und Emissionsangaben geworben wird.

Was ist zu tun? Das Wirtschaftsministerium empfiehlt doppelte Angaben.

Das Bundeswirtschaftsministerium empfiehlt bis zum Inkrafttreten der neuen Pkw-EnVKV tatsächlich eine zusätzliche Verbrauchs- und CO2-Kennzeichnung! Da man jedoch offensichtlich befürchtet, dass das eher zur Verwirrung als zur Aufklärung führen könnte und Verwirrung im Wettbewerbsrecht i.d.R. als Irreführung eingestuft wird und damit abmahnfähig ist, wird empfohlen, diese zusätzliche Information besser neben oder in unmittelbarer Nähe des Fahrzeugs anzubringen.

BMWI-Informationen zur Übergangsregelung

Diese Empfehlung beinhaltet das gleichzeitige Anwenden zweier sich widersprechender Vorgaben, von denen die eine eigentlich nicht mehr gültig sein dürfte, die andere jedoch noch nicht durch Einbindung in eine aktualisierte PKW-EnVKV zu Gültigkeit und Rechtssicherheit an dieser Stelle in Deutschland führt.

Das Befolgen dieser Empfehlung führt den Kfz-Handel jedoch auch noch aus anderen Gründen in eine Dilemma-Situation, denn es ist für viele Händler nicht nur unmöglich, eine Doppelkennzeichnung in der Praxis durchzuführen, sie trägt nach Ansicht des BVfK auch nicht zur seitens des Gesetzgebers geforderten Transparenz und Vergleichbarkeit bei. Dabei spüren die Kfz-Händler bereits jetzt bekannte Abmahnvereine im Rücken, wenn sie der Empfehlung des Ministeriums folgen. Möglicherweise dürfte der dann entstehende finanzielle Schaden durch Abmahnungen, Vertragsstrafen und Gerichtsverfahren sogar größer sein als wenn die Empfehlungen zur Übergangsregelung ignoriert und man sich weiter an der bestehenden Verordnung orientieren würde.

BVfK-Vorschlag: Übergangslösung mit ergänzender Erläuterung.

Zur Lösung des Problems empfiehlt der BVfK, sich an einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu orientieren. In vergleichbarer Weise hatte sich der BGH im Urteil vom 18. November 2020 (Az.: VIII ZR 78/20) mit nationalen Vorschriften auseinanderzusetzen, die in unzulässiger Weise von konträren EU-Vorgaben abweichen. Konkret ging es um die Frage, ob die Verjährungsfrist für Sachmängelansprüche bei gebrauchten Sachen auf ein Jahr verkürzt werden darf. Der BGH hat zwischenzeitlich entschieden, dass die EU-rechtswidrige Regelung auf nationaler Ebene in Deutschland so lange Gültigkeit hat, bis die EU-Vorgaben vom Gesetzgeber entsprechend umgesetzt wurden.

Der BVfK hält es für geboten, die Kernaussage dieser Entscheidung auch auf vorliegenden Sachverhalt zu übertragen. Um allerdings gleichzeitig dem Bedürfnis nach möglichst vollständiger Verbraucherinformation gerecht zu werden, empfiehlt der BVfK, die Pflichtinformationen nach bestehender Verordnung vorübergehend durch einen erläuternden Zusatz zu ergänzen. Dieser könnte z.B. lauten:

"Die vorstehenden Angaben zu Kraftstoffverbrauch und Emissionen wurden wegen der in Deutschland noch nicht umgesetzten EU-Regelungen nicht nach dem aktuellen und wirklichkeitsnäheren WLTP-, sondern nach dem veralteten NEFZ-Verfahren ermittelt. Die so dargestellten Werte weichen i.d.R. bei Anwendung des WLTP-Verfahrens bei den Angaben zur Schadstoffemission und zum Kraftstoffverbrauch noch oben und zur Reichweite nach unten ab."

Quelle und Kontaktadresse:
(BVfK) Bundesverband freier Kfz-Händler e.V. Pressestelle Reuterstr. 241, 53113 Bonn Telefon: (0228) 85 40 9-0, Fax: (0228) 85 40 9-29

(sf)

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