Pressemitteilung | Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) - Bundesvorstand

Lohn- und Gehaltsentwicklung ist absolut wettbewerbsgerecht

(Berlin) - Die Entwicklung der in Deutschland gezahlten Entgelte abhängig Beschäftigter haben die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland seit 1995 absolut gestärkt. Insbesondere die Lohnstückkosten entwickelten sich in Deutschland im internationalen Vergleich absolut unterdurchschnittlich. Diese Größe, die Einkommen in Relation zur realen Wirtschaftsleistung je Beschäftigten setzt, ist für das Benchmarking der Wettbewerbsfähigkeit entscheidend. Aber auch beim Anstieg der nominalen Einkommen liegt Deutschland am unteren Rand der internationalen Entwicklung.

So legten die Lohnstückkosten in Deutschland zwischen 1995 und dem 2. Halbjahr 2004 um 3,4 Prozent zu. Gegenüber 2003 stagnierte die Entwicklung sogar. In wichtigen Vergleichsländern dagegen weist die Entwicklung der Einkommen viel deutlicher nach oben. Im Vergleichszeitraum 1995 bis 2004 stiegen die Lohnstückkosten in Frankreich wie in den USA um 12,3 Prozent, in den Niederlanden um 26 Prozent und in Großbritannien gar um 28,9 Prozent. Auch im gemeinsamen Eurowährungsraum lag die Entwicklung der Lohnstückkosten in Deutschland weit unter dem Durchschnitt von 13,1 Prozent.

Dieser Trend ist zum einen auf eine stark angestiegene Produktivität in Deutschland zurückzuführen, letztlich aber auch das Ergebnis moderater Lohnpolitik. Im Vergleich der zurückliegenden neun Jahre stieg das nominelle Einkommen je Arbeitnehmer in Deutschland um 14,3 Prozent an. Zum Vergleich: In Frankreich legten die Arbeitnehmerentgelte um 24,4 Prozent, in den USA um 34,8 Prozent und in Großbritannien um 49,7 Prozent zu. Nur in Japan, das fast eine Dekade einer Deflationskrise hinter sich zu haben scheint, sanken die nominalen Einkommen wie die Lohnstückkosten.

In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, dass sich die Volkswirtschaften Frankreichs, besonders aber der USA und Großbritanniens in der zurückliegenden Krise der Weltwirtschaft besser behaupteten als die deutsche. Insbesondere die seit Anbeginn 2001 rückläufige inländische Nachfrage sorgte dafür, dass die großen Erfolge des Exportweltmeisters Deutschland statistisch überdeckt wurden. Eine weitere Absenkung der Lohnstückkosten durch unentgeltliche Arbeitszeitverlängerung würde also nicht nur zum Abbau von Arbeitsplätzen und - im hoffentlich sich jetzt verstetigenden Aufschwung - zur Ausgrenzung derzeit Erwerbsloser von attraktiven Segmenten des Arbeitsmarkts führen, sondern die Lohnkonkurrenz im internationalen Wettbewerb verschärfen und eine letzten Endes für alle Volkswirtschaften ruinöse Spirale nach unten in Gang setzen.

Der Mythos von der Basar-Ökonomie

Einige Ökonomen wie der Präsident des Münchener Ifo-Institutes, Hans Werner Sinn, behaupten, dass die unterdurchschnittliche Entwicklung der Lohnstückkosten in Deutschland auf den zunehmenden Import von billigen Vor- und Halbfabrikaten aus den Mittel- und Osteuropäischen Staaten (MOE) zurück zu führen sei. Deutsche Unternehmen würden also lohnintensive Produktion zunehmend ins Ausland verlagern und lediglich die hochproduktiven und immer weniger arbeitsintensiven Teile der Fertigung im Inland belassen. Was einerseits stimmt, andererseits beschäftigt die deutsche Automobilindustrie mit einer hochgradig international vernetzten Wertschöpfungskette nicht zuletzt wegen ihrer enormen Exporterfolge heute deutlich mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als noch vor einem Jahrzehnt.

Bei seiner Basar-These geht der Global-Theoretiker Sinn von einer bemerkenswert national-ökonomischen Betrachtungsweise aus. Denn das würde bedeuten, dass Unternehmen in Italien und Frankreich auf die Fertigung von Vor- und Halbfabrikaten aus Niedriglohnländern verzichten würden. Dagegen sprechen aber auch die statistischen Erhebungen über die Außenhandelsbeziehungen Deutschlands zu den MOE-Staaten. Nur im Boomjahr 2000 importierte Deutschland mehr Güter und Dienstleistungen aus dem MOE-Raum als es dorthin exportierte. Ansonsten übersteigen die Exporte die Importe deutlich, der Saldo erreichte etwa 2002 ein Volumen von 4,5 Milliarden Euro.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) Henriette-Herz-Platz 2, 10178 Berlin Telefon: 030/24060-0, Telefax: 030/24060324

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