Pressemitteilung | NORDMETALL Verband der Metall- und Elektro-Industrie e.V.

NORDMETALL-Konjunkturumfrage: Zweistellige UmsatzeinbrĂŒche und drohende Insolvenzen in norddeutscher Metall- und Elektroindustrie

(Hamburg) - NORDMETALL-PrĂ€sident Thomas Lambusch hat heute in einer Video-Pressekonferenz die Ergebnisse der FrĂŒhjahrs-Konjunkturumfrage 2020 vorgestellt, die unter den 670 Mitgliedsfirmen von NORDMETALL und dem Schwesterverband AGV NORD in Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, dem nordwestlichen Niedersachsen und Schleswig-Holstein erhoben wurde. "Die norddeutsche M+E-Industrie steuert durch die Corona-Krise auf einen Strukturbruch mit weitreichenden Folgen zu", bilanzierte der Rostocker Unternehmer die Resultate.

51 Prozent der Mitgliedsunternehmen ordnen die GeschĂ€ftslage als unbefriedigend oder schlecht ein, ein Negativrekord in den vergangenen zehn Jahren. Die KapazitĂ€tsauslastung sinkt mit 71,5 Prozent noch deutlich unter den bisherigen Tiefstwert aus der Finanzkrise 2010. 73 Prozent der Betriebe erwarten im nĂ€chsten halben Jahr Umsatzeinbußen, fast die HĂ€lfte in zweistelliger GrĂ¶ĂŸenordnung. Ursache ist die Corona-Krise mit ihren Folgen: Fast 40 Prozent der Unternehmen erlitten dadurch bereits Produktions- und LieferausfĂ€lle. Der durchgehend negative Trend manifestiert sich besonders in der Autoindustrie und bei ihren Zulieferern, bei Flugzeug- und Schiffbauern sowie den Gießereien.

Trotz der Krise wollen 67 Prozent der Betriebe ihre Belegschaften halten, nur 25 Prozent planen Personal abzubauen. Ursache dafĂŒr sind die stark genutzten Kurzarbeiterregeln: 34 Prozent der norddeutschen M+E-Betriebe hat bereits Kurzarbeit eingefĂŒhrt, insgesamt 53 Prozent planen es in diesen Wochen. Ein Viertel aller Unternehmen sieht sich in weniger als einem halben Jahr von Insolvenz bedroht.

"Die Lage ist dramatisch und mit einem vorĂŒbergehenden Konjunktureinbruch wie noch im vergangenen Herbst absolut nicht zu vergleichen", bewertete Lambusch die Ergebnisse. "Der Shutdown in weiten Teilen der Welt, das plötzliche Wegbrechen zentraler AbsatzmĂ€rkte in China, den USA und Europa, die unterbrochenen Lieferketten und die eingeschrĂ€nkte Produktion sind Ursachen der Krise." Lambusch dankte den rund 140.000 BeschĂ€ftigten in der norddeutschen Industrie fĂŒr ihre umsichtige Reaktion auf verĂ€nderte ProduktionsablĂ€ufe oder ihre Bereitschaft zu kurzfristig angesetzter Kurzarbeit. Die Politik habe dies mit rasch verbesserten Kurzarbeiterregeln ermöglicht, die die Unternehmen nun in sozialer Verantwortung fĂŒr ihre Mitarbeiter umsetzen wĂŒrden.

"Das unterscheidet unsere funktionierende soziale Marktwirtschaft von vielen anderen Teilen der Welt", lobte Lambusch. Der NORDMETALL-PrĂ€sident bedankte sich auch bei der IG Metall KĂŒste, die in dieser Situation einen schnellen Tarifabschluss ohne Entgeltsteigerungen und mit neuen Möglichkeiten zum Einsatz von Arbeitszeitkonten mitgetragen habe. All das komme jetzt den Betrieben und BeschĂ€ftigten unmittelbar zugute und helfe, Standorte und ArbeitsplĂ€tze zu sichern.

Wie schnell die Krise zu ĂŒberwinden sei und mit welchen einschneidenden Folgen, sei im Moment nur ansatzweise absehbar, betonte Lambusch. "Klar ist, dass unsere Unternehmen einen wirksamen Arbeitsschutz herstellen werden, sobald die Politik die Versorgung mit Schutzmaterial sicherstellt. Hier besteht Aufholbedarf", so der NORDMETALL-PrĂ€sident: "Die Gesundheit unserer Belegschaften hat oberste PrioritĂ€t, aber die Schutzmaßnahmen mĂŒssen auch angemessen und leistbar sein."

Aus der Krise ergĂ€ben sich Gefahren fĂŒr den Bestand ganzer Industriezweige im Norden, sagte Lambusch weiter. "Wenn die Existenz großer Airlines und Kreuzfahrtanbieter in Frage steht, wird das sehr rasch Auswirkungen auf Werften und Flugzeugbauer haben. Wir werden auf Gewerkschaft und Politik zugehen, um hier frĂŒhzeitig einen Schulterschluss zugunsten bedrohter Industriezweige herzustellen", kĂŒndigte der NORDMETALL-PrĂ€sident an.

Der durch die Corona-Krise beschleunigte Strukturwandel mache an vielen Stellen ein Umdenken erforderlich. GeschĂ€ftsmodelle mĂŒssten ĂŒberprĂŒft, Branchen ggf. insgesamt neu ausgerichtet werden. Auf der Makroebene sei nach dem schrittweisen Wiederhochfahren der Produktion in den nĂ€chsten Monaten nicht nur ein gezieltes Aufbauprogramm vonnöten, sondern auch zusĂ€tzliche Konsolidierungsanstrengungen, um die in der Krise aufgebauten Schuldenberge wieder abzutragen. Auch dem Thema Nachhaltigkeit komme besondere Bedeutung zu, was nicht nur die ökologischen Lasten fĂŒr die Umwelt, sondern auch die finanziellen Lasten fĂŒr nachfolgende Generationen betreffe. Es mĂŒsse darauf geachtet werden, dass der Ruf nach umweltgerechterer und Lieferketten-unabhĂ€ngigerer Produktion den ohnehin gebeutelten Unternehmen nicht noch zusĂ€tzliche Kosten aufbĂŒrde. "Die Politik darf der Wirtschaft nun keine neuen Lasten mehr fĂŒr soziale Wohltaten oder Klimaschutz auferlegen, sondern muss sie gezielt unterstĂŒtzen und entlasten. Anders ist die Herkulesaufgabe der Corona-KrisenbewĂ€ltigung nicht zu bewĂ€ltigen", bilanzierte Thomas Lambusch.

Quelle und Kontaktadresse:
NORDMETALL Verband der Metall- und Elektro-Industrie e.V. Pressestelle Kapstadtring 10, 22297 Hamburg Telefon: (040) 63784200, Fax: (040) 63784234

(ds)

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