Pressemitteilung | Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV)

Sieben Punkteprogramm für mehr Bildungsgerechtigkeit / Neuer Forumssprecher Klaus Wenzel fordert größtmöglichen Lern- und Bildungserfolg für alle Kinder und Jugendlichen / „Investitionen sind auf internationales Niveau anzuheben“

(München) - Im Vorfeld der Landtagswahlen hat sich das Forum Bildungspolitik in Bayern mit sieben zentralen Forderungen an alle Parteien gewandt. Forumssprecher Klaus Wenzel erklärte: „Bildung entscheidet wesentlich über die Lebensqualität und Lebenschancen jedes Einzelnen sowie über die soziale und ökonomische Verfassung und Zukunft unserer Gesellschaft. Bildungspolitik ist daher Kernaufgabe der Landespolitik.“ Die derzeit 35 Organisationen, die zum Forum Bildungspolitik in Bayern gehören, fordern für die Legislaturperiode 2008 bis 2013 größtmöglichen Lern- und Bildungserfolg für alle, den Ausbau der frühkindlichen Förderung, mehr Zeit und Expertenhilfen für den schulischen Erziehungsauftrag, bessere Abstimmung zwischen den Bildungsstufen und mehr Vielfalt. Sie verlangen größere Eigenverantwortung und Mitgestaltungsrechte, Professionalität und Anerkennung des Erziehungs- und Lehrpersonals sowie Investitionen in Bildung auf internationalem Niveau. In der Summe vertreten die Einzelorganisationen im Forum Bildungspolitik in Bayern über 1,5 Millionen Mitglieder, die in der schulischen und außerschulischen Bildungsarbeit tätig sind.

„Das bayerische Bildungs- und Schulwesen erfüllt bisher nicht den Anspruch, allen Kindern und jungen Menschen gerecht zu werden“, erklärte Wenzel. Der enge Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg ist unerträglich. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die eine Jahrgangsstufe wiederholen, die Schule wechseln oder die Schule ohne Abschluss verlassen müssen, ist zu hoch. Alle Kinder und Jugendlichen müssen zu größtmöglichem Lern- und Bildungserfolg geführt werden. Jedes Kind ist bestmöglich und individuell zu fördern - sei es leistungsstark oder leistungsschwächer, sei es aus sozial günstigen oder prekären Verhältnissen, sei es aus einer einheimischen Familie oder aus einer Familie mit Migrationshintergrund. „Keine Rolle spielen darf dabei, ob sie in einer Großstadt oder in ländlichen Regionen aufwachsen, ob sie weiblich oder männlich sind oder der spezifischen sonderpädagogischen Förderung bedürfen.“ Vordringlich ist es, die Zahl der Schüler, die eine Jahrgangsstufe wiederholen oder die Schule wechseln müssen, deutlich zu reduzieren. Keine Schülerin / kein Schüler darf die Schule ohne Abschluss verlassen.

Die Sprachförderung im Kindergarten muss für alle Kinder verstärkt und in der Grundschule fortgeführt werden. Der Erwerb der deutschen Sprache verlangt ganzheitliche Angebote und muss im Kontext kultureller Inhalte erfolgen. Dazu bedarf es gut aus- und fortgebildeter Fachkräfte. Das Erlernen der deutschen Sprache muss auch für Eltern mit nichtdeutscher Sprache außerschulisch gefördert und begleitet werden. Angesichts der erheblichen Zahl von Schüler/innen mit Migrationshintergrund sollten sich die Schulen für Mehrsprachigkeit öffnen und Bilingualität unterstützen. Die Beherrschung einer nicht deutschen Muttersprache ist im Blick auf Schulabschlüsse als weitere „Fremdsprache“ anzuerkennen.

Der Einsatz zweisprachiger Lehrer/innen ist zu forcieren.

Angesichts massiver sozialer und kultureller Veränderungen im Lebensumfeld von Kindern und Jugendlichen müssen Kindergärten und Schulen einen erweiterten Erziehungsauftrag wahrnehmen. Heranwachsende müssen lernen, die Menschenwürde zu achten, unterschiedlichen Überzeugungen respektvoll zu begegnen und sie müssen grundlegende Werte kennenlernen. Dazu bedarf es zusätzlicher zeitlicher Ressourcen im Unterrichts- und Schulalltag ebenso wie stärkerer sozialpädagogischer, schulpsychologischer und psychologisch-therapeutischer Hilfen. Die Schuleingangsphase soll pädagogisch-didaktisch an die Elementarbildung anschließen. Deshalb muss zunächst das letzte Jahr im Kindergarten kostenlos und obligatorisch sein. Der Elementarbereich als grundlegende Bildungsphase ist wieder dem Geschäftsbereich des Kultusministeriums zuzuordnen.

Lehrer/innen, Erzieher/innen, Eltern und Trägern ist ein größerer pädagogischer, organisatorischer und rechtlicher Gestaltungsraum zuzubilligen, den sie innerhalb verbindlicher Rahmenregelungen bedarfsgerecht und eigenverantwortlich ausgestalten können. „Alles, was sie in ihren Einrichtungen selbst regeln können, müssen sie auch selbst regeln dürfen.“

Die herausragende Bedeutung der frühen Kindheit für die Entwicklung sprachlicher, kognitiver, sozialer und emotionaler Kompetenzen erfordert es, dass die Berufsausbildung von Erzieher/innen - dem europäischen Niveau entsprechend - an Fachhochschulen erfolgt. Europäischer Standard muss auch in der Lehrerausbildung gelten: Im Blick auf die fachwissenschaftlichen Kenntnisse der Unterrichtsfächer sowie auf das wissenschaftlich begründete didaktisch-methodische und pädagogische Handeln ist für alle Lehrämter der „Master“ als Universitätsabschluss erforderlich. Der Lehrer- und Erzieherberuf muss sowohl dienstlich und finanziell als auch gesellschaftlich mehr anerkannt werden.

Um die bestmögliche individuelle Förderung zu ermöglichen, ist der Personalschlüssel in den Kindergärten und Kindertagesstätten deutlich zu verbessern. Die Klassenstärken müssen sich an den spezifischen Bedingungen der jeweiligen Schule und des schulischen Umfelds orientieren. Da das bayerische Bildungs- und Schulwesen gemessen am Brutto-Inlandsprodukt und im Vergleich zu den durchschnittlichen Investitionen der OECD-Staaten ohnehin unterfinanziert ist, bedarf es einer kräftigen finanziellen Aufstockung. Vor allem die Mittel für die frühe Förderung und für die Grundschule liegen deutlich unterhalb der Bildungsfinanzierung der Industrieländer.

Weitere Informationen und Wahlprüfsteine finden Sie im Internet unter http://www.forum-bildungspolitik.de/positionen/index_landtagswahl_2008.html.

Quelle und Kontaktadresse:
Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV) Andrea Schwarz, Pressereferentin Bavariaring 37, 80336 München Telefon: (089) 72100129, Telefax: (089) 72100155

(el)

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