Pressemitteilung | BÄK Bundesärztekammer (Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern) e.V.

Wenn die Seele nicht vergessen kann / Schnelle ärztliche Hilfe nach psychischer Extrembelastung verbessert die Heilungschancen

(Berlin) - Nach dem Schock folgt oft das jahrelange Trauma - Opfer von Unfällen oder Gewaltverbrechen wie Überfälle, Vergewaltigung, Kriegserlebnisse oder Terroranschläge leiden mitunter jahrelang an den Spätfolgen des erlebten Traumas. Dabei sind die sogenannten posttraumatischen Belastungsstörungen mittlerweile gut behandelbar. Präventive Maßnahmen bzw. eine therapeutische Akut- und Langzeitbehandlung könnte Leiden verhindern oder lindern, wie Experten auf dem 36. Interdisziplinären Forum "Fortschritt und Fortbildung in der Medizin" der Bundesärztekammer in Berlin berichteten.

An der Posttraumatischen Belastungsstörung erkranken je nach Risikobedingungen im privaten und beruflichen Umfeld zwischen einem und sieben Prozent der Bevölkerung im Lauf ihres Lebens. Diese Form der Angststörungen ist nach Depressionen eine der häufigsten psychischen Störungen in Deutschland. "Die Betroffenen sind keinesfalls Schwächlinge oder hypersensible Menschen", betonte Prof. Mathias Berger, Ärztlicher Direktor an der Uniklinik Freiburg. Ob eine Posttraumatische Belastungsstörung auftritt, würde sowohl von der Schwere und Häufigkeit von Traumata, aber auch von der genetisch bedingten Disposition des Einzelnen abhängen. Nach einem Unfall oder Verbrechen litten manche Menschen noch Jahre später unter Posttraumatischen Belastungsstörungen. Holocaust-Überlebende könnten sich häufig ein Leben lang nicht von dem Trauma erholen. Selbst nach vielen Jahren oder Jahrzehnten könne die Stresserkrankung auch zum ersten Mal noch auftreten, z.B. durch eine starke Erinnerung an das Geschehene, wie man etwa bei Prozessen über lang zurückliegende Verbrechen feststellen musste.

Bei traumatisierten Menschen sei der Körper in ständiger Alarmbereitschaft, auch wenn objektiv keine Gefahr mehr besteht. "Voraussetzung für eine wirksame Behandlung ist, dass Risikopatienten nach einer massiven Angsterfahrung frühzeitig behandelt werden", sagte Berger. Frühinterventionsprogramme mit mehreren Behandlungssitzungen innerhalb von drei bis sechs Monaten hätten in zahlreichen Studien ihre Wirksamkeit bewiesen. "Eine Chronifizierung der akuten Angstsymptomatik könne dadurch verhindert werden", erklärte der Experte. Bei länger zurückliegenden und besonders bei komplexen Traumata seien aufwendigere psychotherapeutische Verfahren nötig, zum Teil kombiniert mit einer psychopharmakologischen Behandlung.

Prof. Dr. Gerhard Gründer vom Universitätsklinikum Aachen erklärte auf dem Fortbildungskongress der Bundesärztekammer dazu, dass Psycho- und Pharmakotherapien keine konkurrierenden Verfahren seien, sondern in einem Gesamtbehandlungsplan integriert werden sollten. Die Wirksamkeit einer Psychopharmakotherapie sei auch bei posttraumatischen Belastungsstörungen klar belegt und ihre rasch eintretende Wirkung oftmals wünschenswert.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesärztekammer (Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern) e.V. Pressestelle Herbert-Lewin-Platz 1, 10623 Berlin Telefon: (030) 4004560, Telefax: (030) 400456-388

(cl)

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