Pressemitteilung | Transparency International Deutschland e.V.

Wirecard-Skandal unterstreicht Bedeutung von Hinweisgebern

(Berlin) - Laut Informationen der Financial Times soll ein Hinweisgeber bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young schon 2016 schwere Unregelmäßigkeiten bei Wirecard gemeldet haben. Konkret soll es um damalige Wirecard-Zukäufe in Indien sowie um Bestechungsversuche gegenüber einem Prüfer gegangen sein. Dies gehe aus einem bislang unveröffentlichten Dokument des Sonderprüfers KPMG hervor.

Dazu erklärt Louisa Schloussen, Expertin für Hinweisgeberschutz von Transparency Deutschland:

"Der Fall bei Ernst & Young zeigt wieder einmal, welche Bedeutung Hinweisgeber für das Aufdecken von Betrug und Korruption haben können. Entsprechende Meldungen müssen jedoch frühzeitig und konsequent ernst genommen werden. Nur so können schwere Schäden für Anleger*innen, aber auch für das Unternehmen selbst vermieden werden. Ernst & Young hat dies offensichtlich nicht getan. Als Konsequenz droht neben Auftragsverlusten und Schadensersatzforderungen nun ein erheblicher Reputationsschaden. Unternehmen sollten Hinweisgeber als Verbündete wahrnehmen, deren Meldungen dazu dienen, Schäden vom Unternehmen abzuwenden. Es ist daher unverständlich, dass die großen Unternehmensverbände und das Bundeswirtschaftsministerium den aktuellen Gesetzgebungsprozess blockieren und noch nicht verstanden haben, welchen Wert Whistleblowing für die deutsche Wirtschaft haben kann."

Stephan K. Ohme, Finanzexperte von Transparency Deutschland, betont:

"Im Fall Wirecard haben interne wie externe Finanzaufsicht versagt. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young hat sich durch fehlerhafte Bilanzprüfungen überfordert gezeigt, betrügerische Praktiken aufzudecken. Kein Einzelfall. Die sogenannten Big Four dominieren den Markt der Wirtschaftsprüfung großer Unternehmen bei gleichzeitiger Prüfung und Beratung. Und die Finanzaufsicht BaFin wird von ihren Verbänden mit finanziert - sie sind auch im Verwaltungsrat vertreten. Kommerzielle Interessen und Verflechtungen mit ihren Mandanten stehen einer wirklich unabhängigen und konsequenten Prüfung entgegen. Wir fordern daher, dass eine strenge Regulierung die Bereiche der Prüfung und Beratung klar trennt und ein Wechsel der Wirtschaftsprüfer periodisch erfolgt. Vertrauen in die Selbstüberwachung der deutschen Wirtschaft ist verfehlt. Selbst die USA zeigen mit einer scharfen Finanzaufsicht und klaren Sanktionen, dass Lehren aus den Finanzskandalen gezogen wurden. Zudem dürfen Prüfer gegenüber der Aufsicht und damit auch gegenüber dem Kapitalmarkt nicht zur Geheimhaltung verpflichtet werden - diese muss hinterfragt werden."

Quelle und Kontaktadresse:
Transparency International - Deutschland e.V. Adrian Nennich, Referent Kommunikation & Advocacy/Pressestelle Alte Schönhauser Str. 44, 10119 Berlin Telefon: (030) 549898-0, Fax: (030) 549898-22

(sf)

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