Pressemitteilung | Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV)

Zuwanderungsgesetz nicht zukunftsorientiert

(Berlin) - Der vorgelegte Referentenentwurf für ein Zuwanderungsgesetz wird vom DAV abgelehnt. Die im Bericht der Zuwanderungskommission geforderten dringend erforderlichen Reformen werden nicht umgesetzt. Große Teile des allzu restriktiven und integrationshemmenden Ausländerrechts werden übernommen. Qualitative Verbesserungen hin zu einer bedarfsgerechten Steuerung und Begrenzung von Zuwanderungen, die nicht bereits mit der aktuellen Gesetzlage bzw. mit geringfügigen Gesetzesänderungen erreicht werden können, sind nicht ersichtlich.

Enttäuschend ist, dass das Nachzugsalter gemäß dem europäischen Standard nicht auf 18 Jahre herauf gesetzt wurde. Auch der empfohlene Ausweisungsschutz für im Inland geborene oder aufgewachsene Kinder, Jugendliche und Heranwachsende wird nicht umgesetzt. Im Übrigen müssten Personen, die von nichtstaatlichen Organisationen bzw. aus geschlechtsspezifischen Gründen verfolgt werden, als Flüchtlinge anerkannt werden, so die Anwälte.

„Konnte bei dem Bericht der Zuwanderungskommission noch von einem großen Wurf gesprochen werden, bleibt der vorgelegte Referentenentwurf weit hinter den Erwartungen zurück. Statt das Ausländer- und Asylrecht den Notwendigkeiten anzupassen, übernimmt er überkommene Regelungen,“ so die Vorsitzende des DAV-Ausschusses Ausländer- und Asylrecht, Rechtsanwältin Veronika Arendt-Rojahn, in Berlin.

Die Regelungen, die den künftigen Aufenthalt zum Zwecke der Erwerbstätigkeit regeln sollen, lassen mehr Fragen offen, als dass sie Antworten geben. Sie werden sich vermutlich erst beantworten lassen, wenn die dazugehörigen Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften vorliegen. Auch im Bereich des Asylverfahrens dominiert im Entwurf die Verschlechterung der Situation der Flüchtlinge, ohne dass erkennbar wäre, dass die vorgesehenen Regelungen tatsächlich geeignet wäre, das Verfahren zu beschleunigen bzw. dem Missbrauch vorzubeugen. Die Abschaffung der Duldung als Aufenthaltstitel wird dazu führen, dass viele Betroffene in die Illegalität getrieben werden.

Im Einzelnen:

Zur Frage des Nachzugsalters von Kindern folgt der Entwurf bedauerlicherweise nicht den Vorschlägen der SPD-Fraktion, die in ihrem Konzept zur Steuerung von Zuwanderung gefordert hatte, das Nachzugsalter auf 18 Jahre herauf zu setzen. Die SPD-Fraktion hatte sich dabei ebenso wie die Zuwanderungskommission an den Vorschlägen der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Rates betreffend das Recht auf Familienzusammenführung orientiert. Der Entwurf berücksichtigt damit im Bereich des Kindernachzuges nur mangelhaft die europäische Rechtsentwicklung.

Im Bereich des Ausweisungsrechts bleibt es für diejenigen Ausländer, die nicht unter das Freizügigkeitsgesetz der EU fallen, bei der überkommenen Normierungstechnik der Ist-, Regel- und Ermessensausweisung. Die Zuwanderungskommission hat in Übereinstimmung mit dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates der EU einen vollständigen Ausweisungsschutz für im Inland geborene oder aufgewachsene Kinder, Jugendliche und Heranwachsenden empfohlen. Der Referentenentwurf übernimmt die überkommenen Regelungen vollständig. Es finden sich lediglich einige sprachliche Korrekturen. Es bestehen erhebliche Zweifel, ob in einem Rechtsstaat, der den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als tragende Säule der Verfassung errichtet hat, derartige Ausweisungen mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip und dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz verfassungsrechtlich noch zu rechtfertigen sind.

Entgegen einer Vielzahl von Forderungen und in Abweichung der Praxis anderer EU-Staaten bleiben Opfer nicht staatlicher Verfolgung sowie geschlechtsspezifischer Verfolgung weiterhin von der Zuerkennung des Flüchtlingsstatus ausgeschlossen. Der Referentenentwurf versucht auf untaugliche Weise, den Schutz der Betroffenen über ausländerrechtliche Vorschriften zu regeln. Ihr Rechtsstatus verschlechtert sich, da nach dem Entwurf die Aufenthaltserlaubnis zwingend zu versagen ist, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist.

Die Abschaffung der Duldung als Aufenthaltstitel minderen Rechts wird für die Betroffenen zu einem Zustand völliger Rechtlosigkeit führen. Sie werden in die Illegalität getrieben. Die Zahl der im Land lebenden Ausländer wird steigen.

Im Bereich des Asylrechts soll es künftig zu einer Überprüfung sämtlicher Antragsteller nach drei Jahren kommen. Dies ist nicht akzeptabel. Die Folge der automatischen Überprüfung führt zu einem erheblichen Mehraufwand beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und im Falle von eingeleiteten Widerrufsverfahren auch zu einer entsprechenden Mehrbelastung der Verwaltungsgerichte. Dies wird sich im Endeffekt als Verfahrensverzögerung im eigentlichen Asylverfahren erweisen. Im Übrigen verhindert die automatische Überprüfung der Schutzbedürftigkeit anerkannter Flüchtlinge deren Integration und provoziert bei ihnen eine massive Verunsicherung.

Der seit langem geforderte Schutz unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge und Kinder im Sinne der UN Kinderkonvention bleibt unberücksichtigt.

Die Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins finden Sie im Internet unter www.anwaltverein.de/03/05/index.html.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV) Littenstr. 11 10179 Berlin PR-Referent: Swen Walentowski, Telefon: 030/726152129 Telefax: 030/726152190

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