Pressemitteilung | Bitkom e.V.

Sicherheitspaket I/II: BITKOM warnt vor schnelle Eingriffbefugnisse

(Berlin) - BITKOM akzeptiert und unterstützt das politische Ziel, die innere Sicherheit zu gewährleisten und dem internationalen Terrorismus Aktionsräume und -möglichkeiten abzuschneiden. Mit großer Sorge beobachtet BITKOM die aktuellen Bestrebungen, durch die sog. Sicherheitspakete I bzw. II den Sicherheitsbehörden einen umfassenden Zugriff auf alle Daten der Nutzer von Telekommunikation und Telediensten zu ermöglichen und Mindestspeicherfristen einzuführen. Die Terroranschläge in den USA dürfen nicht als Anlass dazu dienen, vorschnell überschießende Eingriffsbefugnisse zu schaffen, die verfassungsrechtlich bedenklich sind.

Die weitreichenden präventiven Maßnahmen erscheinen schon im Ansatz unverhältnismäßig. Denn nach wie vor ist nicht der erforderliche konkrete Nachweis erbracht worden, dass durch geplante Maßnahmen wie die Überwachung und langfristige Speicherung von Verbindungs- und Nutzungsdaten überhaupt eine Effizienzsteigerung bei der Kriminalitäts- und Terrorbekämpfung erreicht werden kann. Dem insoweit schon zweifelhaften Mittel stehen aber weitreichende Belastungen gegenüber.

Einschneidende Auswirkungen hätten die geplanten Maßnahmen nicht nur für die Privatsphäre und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, sondern auch auf die Herstell- und Betriebskosten für Netze und Dienste.

Momentanen Formulierungen zufolge soll in verschiedenen Gesetzen u.a. eine Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung eingeführt werden. Im geplanten § 18 a des Bundesverfassungsschutzgesetzes heißt es beispielsweise, dass geschäftsmäßige Telekommunikations- und Telediensteanbieter verpflichtet sind, auf Anfrage kostenlos und auch rückwirkend Auskunft über Verbindungs- und Nutzungsdaten zu erteilen. Insbesondere wo entstehende Kosten pauschal den Betreibern von Telekommunikationsnetzen oder den Anbietern von Telediensten auferlegt werden (Vorratsdatenspeicherung, Verpflichtung zur kostenlosen Auskunft), muss der tatsächliche Kostenrahmen mit dem betroffenen Parteien bestimmt und abgesteckt werden. Wenn Daten online, d.h. zeitnah und über einen sehr lange zurückliegenden Zeitraum bereitstehen müssten, kämen auf die ITK-Branche Investitionen in noch nicht kalkulierbarer Höhe zu.

Mittelständische Anbieter und Dienstleister wären mit der über das bisher schon hohe Maß noch weit hinausgehenden Umfang technischer und betrieblicher Auflagen schlichtweg überfordert. Die Einbeziehung aller geschäftsmäßigen Anbieter würde die vollständige Speicherung der Daten der in-house Kommunikation von Firmennetzen jedweder Größe bedeuten, eine gewaltige, praktisch nicht umsetzbare Anforderung. Außerdem steht zu befürchten, dass die geplanten Maßnahmen zu einer bedenklichen Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit (z.B. Angebot von –anonymen- Prepaid Produkten) führen könnten.

Auch der mit den geplanten Eingriffen in den Datenschutz verbundene Vertrauensschwund und der Verlust an Akzeptanz bezüglich der Teledienste und Telekommunikation wäre nicht nur für die ITK-Branche, sondern gesamtwirtschaftlich kontraproduktiv, was angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage unverantwortlich wäre. Zudem muss die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen durch die unterschiedliche Handhabung der Kostentragungspflicht bzw. des Kostenersatzes auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene vermieden werden.

Weitere Bedenken treten unter datenschutzrechtlichen Aspekten hinzu. Dem Datenschutzrecht ist auf europäischer Ebene und in deutschen Gesetzen als Ziel vorgegeben, die anonyme und pseudonyme Nutzung zu gewährleisten, eine spurenlose Kommunikation zu ermöglichen und den Grundsatz der Datenvermeidung umzusetzen. Zu diesen grundsätzlichen Entscheidungen stehen die geplanten Maßnahmen in eklatantem Widerspruch.

Das geltende Telekommunikations- und Strafverfahrensrecht enthält ausreichende Regelungen, um schon jetzt eine effektive Strafverfolgung zu ermöglichen. Das Bemühen muss daher zunächst bei der Nutzung dieser Möglichkeiten und der Aufarbeitung bestehender Vollzugsdefizite ansetzen.

Zwingend ist es darüber hinaus in jedem Fall, alle neu beschlossenen Eingriffsbefugnisse in angemessener Weise zu befristen und einer ergebnisoffenen Erfolgskontrolle zu unterziehen.

Der BITKOM regt daher nachdrücklich die Herstellung von Öffentlichkeit und die Einbeziehung aller betroffenen Kreise in das weitere Vorgehen an, um zu ausgewogenen und rechtlich unbedenklichen Regelungen zu gelangen.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) Albrechtstraße 10 10117 Berlin Telefon: 030/27576-0 Telefax: 030/27576-400

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