Pressemitteilung | Kassenärztliche Bundesvereinigung KdÖR (KBV)

Müller: Die Richtgrößenprüfungen müssen weg - nicht nur teilweise / Versorgungsstrukturgesetz - Der KBV-Vorstand fordert die Ablösung der Richtgrößenprüfung bei Arzneimittelverordnungen / Ein strengeres Meldeverfahren soll außerdem bei Anwendungsbeobachtungen mehr Transparenz schaffen

(Berlin) - "Wir begrüßen, dass die Politik im Referentenentwurf des Versorgungsstrukturgesetzes die Ärzte bei der Richtgrößenprüfung entlasten will. Insgesamt geht der Entwurf aber nicht konsequent genug auf die Veränderungen in der Arznei- und Heilmittelversorgung ein. Hier verpasst die Politik eine wichtige Weichenstellung." Das hat der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Carl-Heinz Müller, zum Referentenentwurf des Versorgungsstrukturgesetzes gesagt.

Bislang muss der Arzt den Kassen Geld zurückzahlen, sobald er die Richtgrößen für Arzneiverordnungen erstmals um mehr als 25 Prozent überschreitet. Geplant ist, dass in einem solchen Fall zunächst eine Beratung stattfindet. Nur bei erneuter Überschreitung um mehr als 25 Prozent setzen die Krankenkassen einen Regress fest. Im Heilmittelbereich sollen vorab anzuerkennende Praxisbesonderheiten außerdem nicht mehr wie bisher die regionalen Vertragspartner festlegen, sondern die KBV und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auf Bundesebene vereinbaren. "Bundesweite, zentrale Vereinbarungen von Praxisbesonderheiten widersprechen dem Grundsatz dieses Gesetzes, die vertragsärztliche Versorgung zu flexibilisieren und zu regionalisieren", kritisierte Müller.

Vor allem aber sollten die Richtgrößenprüfungen und die preisbezogene Steuerung abgelöst werden, fordert der KBV-Vorstand: "Gegenwärtig sollen die Ärzte die volle finanzielle Verantwortung für die Verschreibungen übernehmen. Das können sie aber nicht. In Zeiten von Rabattverträgen zwischen Kassen und Pharmaunternehmen haben die Ärzte keinen Einblick mehr, welchen Preis ein Arzneimittel hat und welches Medikament der Patient in der Apotheke tatsächlich erhält. Dies trägt ganz massiv zu beruflichen Unzufriedenheit und der mangelnden Attraktivität des Arztberufes bei", warnte Müller.

Die KBV hat deshalb ein Modell entwickelt, in dem die leitlinien- und indikationsgerechte Verordnung von Arzneimitteln im Vordergrund steht. Diese neue Herangehensweise ist Teil eines Gesamtkonzepts: Der Arzt verordnet demnach Arzneimittel nach Wirkstoffen. Diese müssen auf den Packungen im Vergleich zum Produktnamen deutlich sichtbarer gedruckt werden. Nur so können Patienten sofort erkennen, dass sie eine verschriebene Arznei weiterhin erhalten, auch wenn sich der Markenname ändert.

In einem bundesweit geltenden Medikationskatalog vereinbaren KBV und Kassen eine wirksame, effiziente und dem medizinischen Stand der Erkenntnisse entsprechende Versorgung mit Standard- und Reservewirkstoffen. Ärzte, die mit den Verordnungen auffällig häufig von diesem Katalog abweichen, erhalten eine Beratung. Bei wiederholten Verstößen werden sie zu Fortbildungsmaßnahmen verpflichtet.

Eine weitere Forderung zum Thema Arzneimittel betrifft Anwendungsbeobachtungen. "Wenn pharmazeutische Unternehmen Ärzte an Untersuchungen zu Arzneimitteln einbinden wollen, sollte Transparenz herrschen. Wir fordern ein strikteres Meldeverfahren und eine öffentlich zugängliche wissenschaftliche Auswertung. Wir versuchen das seit Jahren durchzusetzen", so der KBV-Vorstand.

Pharmaunternehmen melden bislang Ort, Zeit, Ziel und Beobachtungsplan der Anwendungsbeobachtung. Dem Vorschlag der KBV nach sollen darüber hinaus die der KBV und dem GKV-Spitzenverband gemeldeten Ärzte auch eindeutig als Vertragsärzte identifiziert werden können. Die Ärzte klären die teilnehmenden Patienten über die Anwendungsbeobachtung auf und dokumentieren deren Einwilligung. Der Aufwand ist vom Unternehmen vorher im Beobachtungsplan darzulegen. Aufwandsentschädigungen für die Ärzte müssen sich an der für die Dokumentation notwendigen Zeit und dem sonstigen Aufwand orientieren. Abschließend sind Zusammenfassungen mit Angabe beteiligter Ärzte, Patienten und dem Honorarvolumen einzureichen. Die zuständige oberste Bundesbehörde richtet eine öffentlich zugängliche Datenbank ein, in der Beobachtungspläne, Ergebnisse und Bewertungen erfasst sind.

"Allein zum Zweck des Marketings könnten nach unserem Vorschlag keine Anwendungsbeobachtungen mehr gestartet werden. Wir brauchen endlich mehr Transparenz. Damit erhöht sich auch die Qualität der Ergebnisse", erklärte Müller.

Quelle und Kontaktadresse:
Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Körperschaft des öffentlichen Rechts Dr. Roland Stahl, Referent, Kommunikation Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin Telefon: (030) 4005-0, Telefax: (030) 4005-1093

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