Verbändereport AUSGABE 4 / 2004

Entwicklungshilfeprojekt Verbandsmanagement

Förderung der Privatwirtschaft in Zentraleuropa, Osteuropa und Zentralasienbedeutet: Verbandsmanagement lernen - ein Erfahrungsbericht aus Kirgistan

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Fragen des Verbandsmanagements stehen zunehmend im Mittelpunkt, wenn die weltweit tätigen Unternehmen für internationale Zusammenarbeit Privatwirtschaft nachhaltig fördern.

Für die Europäische Kommission, die Vereinten Nationen, die Weltbank und die beiden Unternehmen, die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit , die GTZ in Eschborn, dessen Hauptauftraggeber das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit ist, und die SEQUA in Bonn, eine Serviceorganisation der Spitzenverbände der Kammern (DIHK), des Handwerks (ZDH) und der Arbeitgeber (BDA), steht bei der Förderung der Privatwirtschaft vor allem das im Vordergrund: Der Know-How-Transfer auch deutscher Unternehmer und ihrer Verbände ist von Bedeutung für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in den Reformstaaten in Zentraleuropa, Zentralasien und den Entwicklungsländern des Südens.

In über 130 Ländern in den so genannten Transformationsländern Osteuropas, den so genannten Neuen Unabhängigen Staaten und in Afrika, Asien und Lateinamerika, in denen beispielsweise allein die GTZ rund 9.600 Mitarbeiter beschäftigt, gewinnt das Thema Verbandsmanagement mehr und mehr an Stellenwert.

Es spricht sich bei den Entscheidern in den Zentralen und den Repräsentanzen im Ausland herum: Nur wenn sich Unternehmer kennen, können sie sich helfen, sich verabreden, Rahmenbedingungen gestalten, Einfluss nehmen. Klassische Unterstützung von privatwirtschaftlichen Strukturen.

Die runden Tische von Verbänden und Netzwerken sind für die Unternehmer in diesen Ländern existenziell wichtig. Denn unabhängig davon, dass selbstverständlich auch in diesen Ländern der Wettbewerbsdruck enorm gestiegen ist und auch in diesen Ländern in Industrie, Handel, Dienstleistungen und Handwerk die Nerven blank liegen, haben die Unternehmer noch zusätzliche Quantensprünge zu bewältigen.

Die Zeit vom klassischen Produktionsmanagement in der Zeit ab 1945 zum Wahrnehmungsmanagement nach dem Ende der New Economy ab etwa 2000 müssen kleinere und mittlere Unternehmen dort im Vergleich zu deutschen Unternehmen in wesentlich kürzeren Abständen überspringen.

Dabei vertrauen sie sich dem umfassenden Wissen und der Managementkompetenz ihrer Verbände an. Gute Verbände helfen überall: Bei der Produktion, der Positionierung im Markt, der Vermarktung.

Gute Verbände müssen beim Business taktisch helfen, die Zeit abstrakter, strategisch orientierter Verbandspositionierung ist in diesen Ländern bereits vorbei, ehe sie beginnen konnte. Anspruchsvolle Verbandsarbeit ist von Ehrenamt und Hauptamt gefordert. Die Agenden müssen stimmen, wenn das Ziel der wirtschaftlichen Prosperität höchste Priorität hat. Und alle wissen: Hohe Erwartungshaltung heißt auch große Enttäuschungsbereitschaft.

Beispiel Kirgistan. Präsidiale Republik am Rande des Himalajas. Mit den höchsten Bergen der ehemaligen Sowjetunion, mit mehreren Siebentausendern, Steppe, wilde Pferde, Stutenmilch. Hohe Berge auch bis direkt an die Hauptstadt Bishkek heran. Eine Pass-Strasse verbindet Bishkek mit dem nahen Kasachstan und der früheren Hauptstadt, der Großstadt Almaty. Lufthansa-Destination, täglich ab Frankfurt.

Diese Berge rund um Bishkek wirken jetzt noch höher, seit vor kurzem die Ehe der beiden Präsidenten-Kinder von Kirgistan und Kasachstan nur ein Jahr nach der Hochzeit scheiterte. Jetzt müssen die Kirgisen noch mehr für ihr Visum zahlen, wenn sie in das nahe Almaty im benachbarten, wohlhabenden und fast europäisch anmutenden Kasachstan für das Business wollen. Und auch die Zölle von Kasachstan, dem größten Exportland von Kirgistan noch vor Russland, haben sich seit der Scheidung angeblich spürbar erhöht.

Wie geht man damit um in der Position eines exportorientierten Verbandes in Kirgistan? Wie nimmt man Einfluss auf Präsident, Parlament und Administration? Wie unangreifbar müssen Verbandsvertreter sein, mit welchem Wagemut müssen sie ausgerüstet sein, um solche Themen lösungsorientiert zu platzieren?

Beispiel Kirgistan. Erste Intensiv-Schulung des dortigen GTZ-Koordinierungsbüros unter der Leitung der dortigen GTZ-Chefin Ulrike Rösler im Verbandsmanagement. Erster Teil, bilaterale Bestandsaufnahme mit den einzelnen Verbänden. Hauptamt und Ehrenamt. Die Basis für interaktives Lernen.

Wo stehen sie, die Kirgisen, im Verbandsmanagement?

Wie kämpfen sie für ihre Interessen, gegen Übervorteilungen und für mehr Fairness in Wirtschaftszweigen wie Telekommunikation, Transport, Energie, Kommunale Dienstleistungen, Bau oder Medizinische Versorgung? Wo gibt es eher angelesenes, mehr theoretisches Verbandswissen, wo wird es im Werteset gelebt?

Kennen die Kirgisen die Zielsetzungen ihrer Verbände, haben sie sich und ihre Verbände positioniert, leben sie in ihren verbandlichen Strukturen, schätzen sie das Miteinander in Vorstandsgremien, Arbeitsgruppen, Kommissionen und regionalen Strukturen?

Danach dreitägiger Workshop mit dem Titel „Zwischen Lobby und Kommerz — Zukunft der Verbände in Kirgistan“. Erfahrungsaustausch. Offene Fragen, die sich zwischen Seoul und San Franzisko wahrscheinlich nur marginal unterscheiden.

  • Wie binde ich Mitglieder durch aktive Verbandskommunikation?
  • Wie organisiere ich Wissenstransfer?
  • Wie nehme ich Einfluss auf Rahmenbedingungen der Wirtschaft?
  • Wie organisiere ich Lobbying?
  • Wie werde ich in der Politikberatung akzeptiert?
  • Welche Services und Dienstleistungen dürfen Mitglieder von ihre
  • Verbänden in Kirgistan erwarten?
  • Wie organisiere ich unter Wettbewerbern Zugang zu neuen Märkten?
  • Wie arbeite ich eine nachhaltige Verbandsstrategie aus?
  • Wie gestalte ich mein Beziehungsmanagement zu Mitgliedern und potentiellen Mitgliedern?
  • Wie finde ich Allianzen mit Dienstleistungspartnern und anderen Verbänden?
  • Wie können wir das Verhältnis zwischen Hauptamt und Ehrenamt in Verbänden gestalten?
  • Wer bringt welches Engagement, welche Emotionen und welche Motivation in die Verbände ein?
  • Welche minimalen Strukturen benötige ich?
  • Was darf das kosten?
  • Wie plane ich ein Budget?

Beispiel Kirgistan. Die Verbände sind dankbar, wenn die Unternehmen und Institutionen für wirtschaftliche Zusammenarbeit in die Leistungsfähigkeit und Professionalisierung der Verbände investieren. Die Verbände brauchen das, weil sie wissen, dass sie auch im Wettbewerb stehen. In Kirgistan, im Europa der 15 plus 10, weltweit. Aber brauchen wir das nicht auch? Dort, zum Beispiel in Kirgistan: Berechenbare und verlässliche Strukturen mit geübten Spielregeln.

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