Die gegenwärtigen anhaltenden wirtschaftlichen und sozialen Probleme in der Bundesrepublik Deutschland stellen auch die Verbände vor immer größere Herausforderungen. Die Vertretung der Interessen und die Unterstützung ihrer Mitglieder findet unter erschwerten Bedingungen statt. Gleichzeitig überprüfen die Verbandsmitglieder immer kritischer, ob ihren Mitgliedsbeiträgen ein entsprechender Nutzen der Verbandsaktivitäten gegenübersteht.
Diesen Herausforderungen können die Verbände nur mit qualifizierten und engagierten Führungskräften begegnen. Führungskräfte mit hoher Einsatzbereitschaft erwarten für ihr Engagement eine leistungsgerechte Vergütung. Moderne und allgemein konkurrenzfähige Vergütungssysteme sind hierbei für die Verbände fast unverzichtbar geworden.
Der folgende Artikel stellt einige Ergebnisse der neuen von der Kienbaum Vergütungsberatung durchgeführten Marktumfrage zur Vergütung der Führungskräfte in Verbänden 2003 vor. Gegenstand der Untersuchung waren die Höhe und Struktur der Vergütung vor dem Hintergrund verschiedener Merkmale der Verbände und Verbandsführungskräfte. An der Befragung im Frühjahr 2003 beteiligten sich insgesamt 271 Verbandsbetriebe mit Angaben zu 1006 Führungspositionen.
Persönliche Merkmale der Führungskräfte
Ausbildung
Verbandsmanager weisen vergleichsweise hohe formale Qualifikationen auf: 86 Prozent von ihnen haben ein Studium absolviert, 67 Prozent der Führungskräfte haben einen Universitätsabschluss, 18 Prozent mit Promotion (vgl. Schaubild 1). Das Qualifikationsniveau steigt mit der Stellung der Mitarbeiter in der Verbandshierarchie.
Schaubild 1
Unter den Hochschulabsolventen dominieren Wirtschaftswissenschaftler (27 Prozent) und Juristen (23 Prozent), gefolgt von den Ingenieur- und Naturwissenschaftlern (zusammen 24 Prozent). Besonders der hohe Anteil von Juristen unterscheidet die Verbandsbetriebe von Unternehmen aus Industrie und Handel.
Alter und Berufserfahrung
Bei den Befunden zu den Karrierepfaden zeigen sich im Vergleich zu Unternehmen einige merkliche Unterschiede: Das Durchschnittsalter von Hauptgeschäftsführern entspricht mit 51 Jahren in etwa dem der Geschäftsführer von Unternehmen, jedoch ermöglicht die insgesamt geringere Größe und flachere Hierarchie von Verbandsbetrieben einen schnelleren Aufstieg in der Hierarchie bis hin zu Top-Positionen. Von den Referats- und Abteilungsleitern (hier liegt das Durchschnittsalter bei 46 Jahren) sind immerhin 30 Prozent nicht älter als 40 Jahre. Die entsprechenden Führungskräften in den Unternehmen sind ca. 48 Jahre alt und nur 23 Prozent sind jünger als 40. Die Führungskräfte sind im Durchschnitt 13 Jahre bei ihrem Verband und seit 9 Jahren in ihrer Position beschäftigt.
Geschlecht
Frauen sind unter den Führungskräften in Verbänden deutlich unterrepräsentiert: Von den untersuchten Positionen besetzen sie lediglich 20 Prozent. Dabei sind mit diesem Wert die beruflichen Chancen der Frauen in Verbandsbetrieben immer noch besser als in Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, wo ihr Anteil unter 10 Prozent liegt. In den Verbandsbetrieben selbst hat sich die Situation langsam, aber kontinuierlich verbessert: Noch 1991 lag nach der damaligen Kienbaum-Erhebung der Anteil weiblicher Führungskräfte in Verbandsbetrieben bei 7 Prozent, 1994 bei 12 Prozent, 1997 bei 16 Prozent. Allerdings haben auf höheren Hierarchieebenen Frauen geringere Aussichten auf eine entsprechende Position: Während sie auf Referentenebene noch mit 25 Prozent repräsentiert sind, sinkt ihr Anteil bei Geschäftsführern der zweiten Ebene auf 12 Prozent und bei Hauptgeschäftsführern auf 11 Prozent.
Entwicklung der Bezüge
Von April 2002 bis April 2003 stiegen die Gehälter der Führungskräfte in Verbänden um durchschnittlich 2,9 Prozent. Der mittlere Bereich der Gehaltserhöhungen reicht von 1,0 Prozent bis 3,7 Prozent. Die erheblichen Unterschiede in den Erhöhungssätzen zeigen sich weniger zwischen den verschiedenen Positionen, Verbandsarten oder Größenordnungen der Verbandbetriebe, sondern bilden sich in Abhängigkeit zum Lebensalter. Die jüngeren Führungskräfte können höhere Gehaltszuwächse verzeichnen. Dies ist damit zu erklären, dass jüngere Führungskräfte zunächst über einen Zeitraum von einigen Jahren an das eigentliche „Zielgehalt“ ihrer jeweiligen Position herangeführt werden. Mit zunehmendem Alter der Positionsinhaber nimmt die Höhe der Steigerungssätze folglich tendenziell ab.
Gehaltshöhe und Einflussfaktoren
Ähnlich wie in Wirtschaftsunternehmen werden Höhe und Struktur der Gehälter von Führungskräften in Verbandsbetrieben durch eine Vielzahl von Einflussgrößen geprägt. Diese Faktoren überlagern einander; je nachdem, in welche Richtung sie wirken, verstärken oder verringern sie ihre Wirksamkeit.
Schaubild 2
Die Darstellung beleuchtet einige wesentliche Einflussfaktoren der Gehaltshöhe. Grundsätzlich ist die Höhe der Vergütung vor dem Hintergrund des Beitrages zu bestimmen, den der Mitarbeiter zur Erreichung der Ziele des Verbandsbetriebes leistet. Von entscheidender Bedeutung für die Entgelthöhe ist also die betriebsinterne Wertigkeit der ausgefüllten Position einerseits, das Maß, in dem diese Position aufgrund von Qualifikation, Erfahrung und Einsatzbereitschaft von der jeweiligen Führungskraft ausgefüllt wird, andererseits.
Die Streuung der Gehälter von Verbandsführungskräften ist beträchtlich. Hierbei ist zu beachten, dass je höher die Mitarbeiter in der Verbandshierarchie angesiedelt sind, desto stärker streuen die Gehälter. Die Bandbreite der monetären Gesamtbezüge (= Grundgehälter + Weihnachts-/Urlaubsgeld + eventuelle variable Vergütung) reicht von ca. 20 000 € bis über 275 000 €.
Hierarchischer Rang/Position
Die Aufgabeninhalte der von der jeweiligen Führungskraft ausgefüllten Position übern einen spürbaren Einfluss auf die Vergütungshöhe aus. Das Vergütungsgefälle zwischen Hauptgeschäftsführern, Geschäftsführern der 2. Ebene und Referats- und Abteilungsleitern erklärt sich aus dem unterschiedlichen Verantwortungsumfang innerhalb des Verbandsbetriebes.
Schaubild 3
Tätigkeit des Verbandes
Die Wirtschaftsverbände weisen schon aufgrund ihrer Aufgabenstellung und Mitgliederstruktur eine große Nähe zum Unternehmen auf; dies schlägt sich auch im Vergütungsniveau ihrer Führungskräfte wieder. Dagegen spielen soziale Aufgabenstellungen, ehrenamtliches Engagement, ideelle Anreize vor allem in den sozialen und politischen Verbänden eine große Rolle. In vielen Fällen sind die Vergütungsstrukturen aufgrund rechtlicher Rahmenbedingungen von den Entgeltregularien und dem Gehaltsniveau des öffentlichen Dienstes (BAT) geprägt. Einen mittleren Rang nehmen die soziokulturellen Verbände ein. Hier zeigen sich innerhalb der Gruppe erhebliche Unterschiede, die Ausdruck sehr heterogener Aufgaben und Zielsetzungen dieser Verbände sind.
Größe des Verbandsbetriebes
In Verbandsbetrieben (ähnlich wie in Wirtschaftsunternehmen) existiert ein enger Zusammenhang zwischen dem Aufgaben- und Verantwortungsumfang einerseits und der Gehaltshöhe andererseits. Indikatoren für die Größe des Verbandsbetriebes und damit für den Verantwortungsumfang vor allem der Hauptgeschäftsführer sind der Etat, die Beschäftigtenzahl sowie die Zahl der Führungskräfte des Verbandsbetriebes. Die Zahl der Mitglieder (Mitgliedsunternehmen) übt keinen spürbaren Einfluss auf die Vergütungshöhe der Verbandsmitarbeiter aus.
Die durchschnittliche Gehaltshöhe des Hauptgeschäftsführers im Verbandsbetrieb beträgt mit einem Etat bis 500 Tsd. € (71 Tsd. €) nur etwas mehr als die Hälfte des Kollegen mit einem Etat von über 25 Mio. €(132 Tsd. €).
Qualifikation, Berufserfahrung und Geschlecht
Bis hierhin wurden Einflussfaktoren der Vergütungshöhe behandelt, die sich allein auf die Position ohne Ansehen der Person beziehen. Aber auch bei sonst gleichen Rahmenbedingungen finden sich Unterschiede im Vergütungsniveau, die davon beeinflusst werden, in welchem Maße die Position von der einzelnen Führungskraft ausgefüllt, aber auch weiterentwickelt wird. Neben der Einsatzbereitschaft, auf die eventuelle leistungsabhängige Vergütungskomponenten zielen, ist die Qualifikation der Mitarbeiter von entscheidender Bedeutung.
Verbandsmanager mit hoher formaler Qualifikation erzielen im Allgemeinen ein höheres Einkommen als ihre Kollegen ohne vergleichbare Abschlüsse. Besonders deutlich wird dies an den Unterschieden im Gehaltsniveau zwischen promovierten und nichtpromovierten Hochschulabsolventen.
Schaubild 4
Im Karriereverlauf führt vor allem die zunehmende Berufserfahrung zu steigenden Bezügen. Dabei ist der Zuwachs an Erfahrungswissen und anderen im Berufsleben erworbenen Kenntnissen in jüngeren Jahren besonders hoch und sorgt beim Einstieg in Führungspositionen zunächst für überdurchschnittliche Zuwächse. Die anfangs steile Kurve flacht im Karriereverlauf immer mehr ab. Am stärksten sind hiervon die Referats- und Abteilungsleiter betroffen.
Frauen sind in Führungspositionen der Verbandsbetriebe nicht nur deutlich unterrepräsentiert, sondern auch schlechter bezahlt. Die Abstände lassen sich nur zum Teil dadurch erklären, dass Frauen eher in kleineren Verbandsbetrieben tätig sind oder ein niedrigeres Lebensalter und damit geringere Berufserfahrung aufweisen. Auch bei Berücksichtigung dieser Faktoren zeigt sich, dass weibliche Führungskräfte in vergleichbaren Führungspositionen ein um 20 bis 40 Prozent niedrigeres Gehalt beziehen als ihre männlichen Kollegen.
Variable Vergütung
Erfolgsabhängige Vergütungsbestandteile haben in Wirtschaftsunternehmen seit langem eine große Bedeutung: Fast 90 Prozent aller Geschäftsführer in Industrie und Handel erhalten einen Teil ihres Jahreseinkommens in erfolgsabhängiger Form; der variable Anteil liegt im Mittel bei 26 Prozent der Jahresgesamtbezüge. Aber auch von den Führungskräften unterhalb des Vorstandes erhalten zwischen 70 Prozent und 80 Prozent eine erfolgsabhängige Tantieme, die auf der 1. und 2. Unterstellungsebene 16 Prozent bzw. 13 Prozent der Jahresgesamtbezüge ausmacht.
In Verbandsbetrieben haben leistungsabhängige Zusatzvergütungen bei weitem nicht die gleiche Bedeutung wie in Wirtschaftsunternehmen. Allerdings zeigen sich nach unserer Untersuchung – wie schon in den Vorjahren – auch in den Verbänden langsam aber kontinuierlich an Bedeutung gewinnende Ansätze einer Vergütungspolitik, die das Einkommen der Verbandsführungskräfte an Leistung und Erfolg koppelt. Immerhin ist seit unserer letzten Untersuchung (2001) der Anteil der Empfänger einer variablen Vergütung von 25 Prozent auf 35 Prozent gestiegen. Der Anteil an den Gesamtbezügen ist zwar spürbar geringer als bei Führungspositionen in der Privatwirtschaft, die Zusatzvergütung erreicht mit durchschnittlich 15 000 €bei den Hauptgeschäftsführern bzw. 14 000 €bei den Geschäftsführern der 2. Ebene aber durchaus eine spürbare Höhe. Die Referats- und Abteilungsleiter erhalten im Mittel eine Zusatzvergütung von 8 000 €. In allen Positionsgruppen liegt der variable Vergütungsanteil mit 9 Prozent bzw. 10 Prozent der Gesamtbezüge aber deutlich niedriger als in Wirtschaftsunternehmen. Leistungsabhängige Vergütungsbestandteile haben von der Höhe her in den Wirtschaftsverbänden die größte Bedeutung, finden sich jedoch auch bei Führungskräften aller anderer Verbandstypen.
Die variable Vergütung birgt für die Personalführung der Verbände große Chancen: Durch die Verbindung von Leistungsfähigkeit und Erfolg der Verbandsbetriebe und der Vergütung der Führungskräfte fördert sie die Identifikation der Verbandsmanager mit den Zielen ihrer Organisation und honoriert besondere Anstrengungen und Leistungen. Dafür bedarf es aber einer auf die Verbandsspezifika ausgerichteten Ausgestaltung.
Die für Unternehmen typischen ertragsorientierten Kenngrößen als Bemessungsgrundlage von Tantiemen kommen für Verbände weniger in Frage. Für die Ausgestaltung einer variablen Zusatzvergütung bietet sich dagegen die sich auch in der Privatwirtschaft immer mehr verbreitende Form eines Bonus an, der - basierend auf dem Konzept "Führen durch Zielvereinbarungen" - an das Erreichen quantitativ oder qualitativ formulierter Ziele anknüpft. Diese Ziele, die zwischen den Führungskräften und ihren Vorgesetzten bzw. den Verbandsorganen zu Jahresbeginn vereinbart werden, leiten sich aus den übergeordneten Zielsetzungen und Aufgaben des Verbandsbetriebes ab und können sich auch auf zeitlich begrenzte Projekte oder Aktionen beziehen. Sie richten sich letztlich immer auf die Verbesserung der Verbandstätigkeit im Interesse der Mitglieder. Ein Vergütungssystem, das hierauf zielt, kann maßgeblich dazu beitragen, die Tätigkeit des hauptamtlichen Verbandsapparates effektiver und effizienter zu gestalten.
Schaubild 5