Verbändereport AUSGABE 1 / 2015

Re-Branding: Wie ein Verband sich neu positioniert

Schritte einer Neuausrichtung am Beispiel des Deutschen Fundraising Verbandes

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Ein Verband entschließt sich immer nur dann zu einem Re-Branding, wenn es zuvor im Gebälk geknarrt hat, beispielsweise in Form von tief greifenden Personalentscheidungen, überraschenden Erfolgen oder nach einer handfesten Krise. Ein neues Gesicht ist dann stets ein deutliches Zeichen von Neuorientierung und von kraftvollem Aufbruch zu neuen Horizonten. Eine Organisation, die in den vergangenen Monaten ein solches Re-Branding vorgenommen hat, ist der Deutsche Fundraising Verband. An dessen Beispiel soll der – weiterhin in Gang befindliche – kreative Prozess nachgezeichnet und auf die wichtige Rolle neuer Medien in diesem Prozess eingegangen werden.

Die Ausgangssituation

Nach zehn Jahren ihrer Existenz kam die bis dahin als „Bundesarbeitsgemeinschaft Sozialmarketing“ firmierende Berufs-Organisation der „Mittelbeschaffer“ in eine personelle und inhaltliche Umbruchphase: Die Mitgliederzahl des Berufsverbandes war von einem Dutzend kontinuierlich auf knapp 1.000 gewachsen, die Branche fand immer mehr öffentliche Anerkennung, und auch die Aufgabenfelder des Verbandes hatten sich weiter vergrößert. Die Mitglieder empfanden sich schließlich nicht mehr als „Sozialmarketer“, sondern als „Fundraiser“. Mit dem geänderten Selbstverständnis kamen neben den ursprünglichen Berufsgruppen aus den sozialen Organisationen nun Interessenten aus dem Bereich Kultur und Bildung zum Verband.

Diese Entwicklung und das geänderte Selbstverständnis kumulierten schließlich in einer von den Mitgliedern beschlossenen Änderung des Namens der Organisation in „Deutscher Fundraising Verband“. Bereits in dieser Phase war klar, dass nur ein professionelles Auftreten in allen Bereichen der Organisation eine Zukunftsfähigkeit garantieren konnte. Lobbyarbeit, Mitgliederservice und Mitgliedergewinnung konnten nur mit einem professionellen Backup gewährleistet werden, zumal auch weiterhin nur eine hauptamtliche Person (Geschäftsführerin) die Geschicke des Verbandes lenken sollte.

Bereits in dieser Phase wurde der Kontakt zu Werbeagenturen hergestellt, die den Veränderungsprozess in Wort und Bild umsetzen sollten. Die Stuttgarter Kommunikationsagentur faktor, die sich auf die medienübergreifende Kommunikation von Nonprofit-Organisationen spezialisiert hat, wurde schließlich mit der Begleitung des Prozesses beauftragt.

Zu Beginn der gemeinsamen Arbeit von Verbandsvorstand und Agentur stellte sich die Situation des Verbandes wie folgt dar:

  • Das Logo bestand aus den Kürzeln des nun abgelegten alten Verbandsnamens.
  • Briefpapier und weitere Geschäftsausstattung waren nicht aufeinander abgestimmt.
  • Der Internet-Auftritt als gewachsene Kommunikationszentrale steckte voller Informationen, war jedoch unübersichtlich.
  • Es existierte kein CD-Handbuch, das für eine Standardisierung der visuellen Kommunikation sorgt.
  • Lediglich eine hauptamtliche Kraft stand zur Verfügung.

Der Re-Branding Prozess

Am Anfang des Re-Branding Prozesses standen einige zentrale Fragen, deren Beantwortung die Grundlage für sämtliche implementierte Kommunikationsmedien bilden:

  • Was sind unsere Stärken und Schwächen?
  • Was sind unsere strukturellen Charakteristika?
  • Wie lautet das Selbstverständnis des Verbandes?
  • Wie wird der Verband von außen wahrgenommen?
  • Wie war seine historische Entwicklung?
  • Worüber wird derzeit gestritten und diskutiert?

Um eine klare Antwort auf diese Fragen geben zu können, nahm die Agentur als Beobachter an Hauptversammlungen teil und sprach mit Ehrenamtlichen aus lokalen Gruppen. Sich ausschließlich auf ein Briefing durch Vorstandsvorsitzende zu stützen, würde, so ließ eine erste Analyse vermuten, dem Verbandscharakter nicht gerecht werden. Eine Analyse der bisherigen Kommunikationsinstrumente sowie die Sichtung der Ergebnisse von Mitgliederbefragungen ergänzten die Ergebnisse der Feldforschung.

Im Rahmen einer ersten Stärken-Schwächen-Analyse lassen sich bereits die wichtigsten strukturellen Charakteristika des Verbandes skizzieren: Die Schwäche, nur eine Minimalbesetzung an hauptamtlichen Mitarbeitern (eine Person in der Geschäftsstelle) zu besitzen, unterstreicht gleichzeitig die Stärke des Verbandes, nämlich das große Netz von Ehrenamtlichen, das schon immer die Aktivitäten des Verbandes trug.

Da ehrenamtlich tätige Mitglieder den Verband tragen, wird er als sehr authentisch empfunden. Seine Gründer sind auch heute noch im Verband aktiv, die (junge) historische Entwicklung ist den meisten Mitgliedern bekannt. Der Beruf des Fundraisers wird von Außenstehenden als neuartig, modern und zukunftsträchtig wahrgenommen. Die Besonderheit des Berufsverbandes, dessen Mitglieder sich selbstverständlich handfeste berufliche Vorteile von seinen Leistungen versprechen, liegt in der Art der Tätigkeit seiner Mitglieder: Ein Fundraiser arbeitet nicht mit Geld. Er arbeitet mit Leidenschaften und Emotionen. Einerseits muss der Verband wie jeder Berufsverband die professionellen Interessen seiner Mitglieder vertreten, andererseits liegt seine Besonderheit eben in dieser „sozialen“ Ausrichtung der Mitglieder.

Um den Verband mittelfristig auf solide Beine zu stellen, wurde zudem immer wieder eine intensivere Mitgliederwerbung gefordert. Deutlich wurde aber auch, wie wichtig es ist, die lokalen Netzwerke aus Ehrenamtlichen stärker einzubinden. In Abstimmung mit dem Vorstand galt es nun diese Ergebnisse kreativ aufzugreifen und medienübergreifend darzustellen.

Das neue Corporate Design

Neben den abgeleiteten Assoziationen „menschlich, authentisch, glaubwürdig, jung“ sollte die neue Gestaltung auch Werte wie „Professionalität und Beständigkeit“ transportieren. So wurde im neuen Corporate Design ein Spagat zwischen der nüchternen Welt eines Berufsverbandes und der emotionalen Arbeitswelt der Fundraiserinnen und Fundraiser vollzogen. Mit den Farben Orange und Bordeaux entstehen Assoziationen wie Freude und Lebhaftigkeit, aber auch Wärme, Leidenschaft, Tatendrang.

Mit dem Rot-Ton aus dem alten Logo sollte zudem die Kontinuität der Entwicklung von der ehemaligen „Bundesarbeitsgemeinschaft Sozialmarketing“ zum „Deutschen Fundraising Verband“ visualisiert werden. Bei der Schrift entschied man sich für „Futura“. Sie wurde 1926 entwickelt und gilt als einer der Klassiker unter den Schrifttypen. Damit sollte sie für den professionellen, soliden Teil des Wertekanons innerhalb des neuen Corporate Designs stehen.

Das neue Bild des Verbandes spiegelt sich neben der Geschäftsausstattung auch in einem neuen Mitgliedsausweis wieder. Dieser stellt den wichtigsten Identifikationsanker dar, da er immer wieder zur Hand genommen wird und im wahrsten Sinne die neue Marke bei jedem einzelnen Mitglied dauerhaft „trägt“.

Die neue Kommunikation

Um die Mitglieder-Werbung trotz der sehr knappen personellen und finanziellen Ressourcen voran zu treiben und den Service für bestehende Mitglieder weiter zu verbessern, sollte das Internet das Zentrum aller weiteren Bemühungen darstellen.

Um die Kernkompetenzen zu visualisieren, wurden virtuelle „Kompetenzräume“ geschaffen und die USPs des Verbandes auf der Titelseite positioniert. Ob Weiterbildung, Fachgruppen oder berufsgruppen-zentrierte Leistungen wie die Stellenbörse: Jede Rubrik stellt einen Mehrwert dar. Mit einem Blick sollte klar werden, wie viel der Verband leistet.

Die lokalen Gruppen von Engagierten, als aktivster und sichtbarster Teil in so genannten „Fundraising-Treffs“ organisiert, wurden mit ihrem Signal „Wir sind in deiner Nähe“ von faktor als das beste Verkaufs-argument für einen bundesweiten Verband positioniert. Sämtliche Veranstaltungen der bundesweit rund 20 Treffs werden auf der Homepage dargestellt. Jede Seite des Web-Auftrittes, insbesondere aber die Titelseite mit ihren Stellenanzeigen, Seminaren und News, soll ein Argument für den Beitritt zum Verband sein, so das Credo der Agentur.

Neben den frei zugänglichen Informationen steht der neu entwickelte Mitgliederbereich nur zahlenden Mitgliedern offen: Arbeitsunterlagen, Anbieterverzeichnisse und weiteres Fach-Know-how gibt es nach dem Log-In zum Download. Eine Mischform entwickelte faktor hingegen für das Forum: Nichtmitglieder können die Beiträge lesen, doch Fragen können nur von den „Members“ gestellt werden.

Gepflegt werden die Informationen durch die Geschäftsstelle und in Zukunft vermehrt auch durch Ehrenamtliche. Mit dem Open Source Redaktionssystem „Typo3“ kann der Verband auf eine lizenzfreie Software zurückgreifen, die dies ermöglicht. Gerade für Nonprofit-Organisationen ist dies nicht nur ein finanzieller, sondern auch ein ideologischer Königsweg.

Der Internet-Auftritt wurde von den Mitgliedern angenommen und hat sich bereits zur zentralen Kommunikationsplattform des Verbandes entwickelt. In den nächsten Monaten sollen auf der so gelegten Basis weitere Kommunikationsmaterialien entstehen und unter Einbeziehung der Mitglieder auch ein eigener Slogan entwickelt werden. Die Zahl der Neumitglieder hat im Vergleich zum Vorjahr bereits deutlich zugenommen.

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