Pressemitteilung | Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW e.V. | Deutscher Werberat

40 Jahre Werberat: Mitbestimmung der Verbraucher durchgesetzt / Hohe Erfolgsquote für Werbekritiker / Vorsitzender Wiegmann sieht Arbeit politisch bedroht

(Berlin) - Der Deutsche Werberat hat anlässlich seines 40-jährigen Bestehens eine Bilanz des Konfliktmanagements zwischen werbenden Firmen und Verbrauchern in Berlin veröffentlicht. Danach bearbeitete das Gremium in den vier Jahrzehnten 17.756 Beschwerden aus der Bevölkerung über 7.746 Werbeaktivitäten. Bei 2.595 Kampagnen oder einem Drittel erwirkten die Proteste mit Hilfe des Werberats den Rückzug oder die Änderung der Werbung.
"Diese hohe Erfolgsquote bescheinigt den Bürgern ausgeprägte Kompetenz als Werbekritiker", schreibt das Gremium in seinem Bericht. Auch lasse sich an den Daten ablesen, dass die Bevölkerung die Institution als Korrektiv nutzt und damit als wesentlicher Teil der freiwilligen Reinigungskraft der Werbebranche wirkt.

Ebenso zu bilanzieren sei die Anerkennung der Autorität des Werberats in der Wirtschaft. Das Gremium setzte sich bei den betroffenen Unternehmen durchschnittlich in 96 Prozent der von ihm beanstandeten Werbung durch. Das sei keineswegs selbstverständlich, weil es sich bei den meisten Streitfällen um rechtlich einwandfreie, aber inhaltlich unerwünschte Werbung handele.
Selbst die gegen Firmen verhängten Öffentlichen Rügen in 4 Prozent der Fälle wegen anfänglicher Uneinsichtigkeit hätten ihren korrigierenden Effekt. "Die derart auf die öffentliche Bühne gezogenen Unternehmen wurden in der Regel anschließend nicht mehr auffällig."

"Werbung durch den Windkanal einer Moral to go"

Der Vorsitzende des Werberats, Hans-Henning Wiegmann, erläuterte vor Journalisten in Berlin die aktuellen Aufgaben seiner Institution. Der Staat müsse über seine Rahmengesetzgebung hinaus die Menschen in ihrer Selbstbestimmung ernst nehmen. Er dürfe deshalb die privaten Lebensverhältnisse nicht verstaatlichen.

Dort setze der Werberat an - nicht als Kreativitätskiller oder Lebensstil-Lenker, sondern als Normensetzer freiwilliger und solidarisch vereinbarter Werberegeln wie in sensiblen Bereichen der Diskriminierung, Kinder und Jugendliche oder den Sektoren Alkohol und Lebensmittel. Darüber hinaus arbeite sein Gremium als Brücke zwischen Werbebranche und Gesellschaft und insbesondere als Konfliktregler zwischen Beschwerdeführer und werbenden Unternehmen. Das alles entlaste den Staat, der nicht alles regeln kann und darf, um nicht immer größere kostenträchtige Bürokratien für die Vorschriftenkontrolle zu schaffen, so Wiegmann.

Sein Gremium aus 13 Persönlichkeiten der werbenden Unternehmen, Medien und Agenturen ziehe die rote Linie bei der Beurteilung von Werbung über die selbstverständliche Rechtstreue hinaus. "Nicht alles was legal ist, ist auch legitim." Wenn Werbung die Selbstachtung von Menschen beschädige, Kinder oder Jugendliche unerwünscht bedränge, Gewalt als zulässiges Mittel darstelle oder religiöse Empfindungen verletze, sei die Grenze überschritten.

Dabei müsse der Rat die Bedürfnisse zwischen Beschwerdeführer und werbenden Unternehmen in jedem Einzelfall ausbalancieren. Sein Kollegium achte auf den Unterschied zwischen Selbstkontrolle und Selbstzensur. Heute müsse jede Werbung nicht nur durch Paragraphen, sondern auch durch den Windkanal einer Moral to go. "Da ist es manchmal nicht so entscheidend, was in der Werbung gemacht wird, sondern was unterbleibt", so Wiegmann unter Hinweis auf die vorbeugende Wirkung des Werberats.

Neue Medien führen zu neuen Beurteilungskriterien

Für Streitfälle in der Werbung der Zukunft werde die demografische Entwicklung mit ihrer abnehmenden Einwohnerzahl und Alterung eine stärkere Rolle spielen. Beide Trends verschärften den Wettbewerb der Anbieter. "Wir haben als Werberat die Würde älterer Menschen im Blick und werden auch dort Grenzüberschreitungen die gelbe und rote Karte zeigen", sagte der Ratsvorsitzende.

Auch die Veränderungen in der Medienlandschaft produzierten neue Werbeformen, die gegebenenfalls neue Beurteilungskriterien erforderten.
Werbeselbstdisziplin werde durch die Digitalwirtschaft immer wichtiger. Es könnten zwar detaillierte Rechtsvorschriften auf das Papier geschrieben werden. Aber deren Überwachung wäre finanziell für die Steuerzahler sehr erheblich. Anstelle der aufwendigen Bürokratien habe die Werbewirtschaft eine dreispurige Werbekontrolle etabliert:

Der Werberat biete sich den Bürgern als Beschwerdestelle für unerwünschte Inhalte von digital verbreiteter Werbung an; die Wettbewerbszentrale (Bad
Homburg) werde rechtsverfolgend tätig; und unter dem Dach des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft ZAW kümmere sich der Deutsche Datenschutzrat Online-Werbung DDOW umfassend um Transparenz und Selbstbestimmung für die Konsumenten, wie die neue Institution in Kürze im Einzelnen berichten werde.

Drohende Demontage des Werberats durch Brüssel?

Bedroht sieht der Werberat die Struktur der Selbstdisziplin indessen durch die Europäische Union. "Welchen Sinn macht unsere Arbeit, wenn die Selbstkontrolle durch Brüsseler Aktionen der Fremdkontrolle sozusagen überholt wird?", fragt Wiegmann unter Hinweis auf den EU-Werbedirigismus in den Sektoren Tabak, Zucker, Fett, Alkohol und Pkw. Und darüber hinaus:

In Brüssel liege ein Plan auf dem Tisch, eine Aufsichtsbehörde über Redaktionelles und Werbliches in Sachen Diskriminierung zu schaffen. "Der Begriff "Zensur" ist da nicht weit", sagte Wiegmann.

Neuer Online-Auftritt

Neuen Bedürfnissen angeglichen hat der Werberat seinen Online-Dienst, der jetzt komplett überarbeitet ist. In die Nutzung einbezogen wurden auch unterschiedliche Bildschirmgrößen und alle gängigen Browser-Versionen, mobile Endgeräte eingeschlossen. Im Fokus steht dabei die Online-Beschwerdemöglichkeit für Verbraucher. Künftig können beispielsweise kritisierte Werbemotive fotografiert und über das Smartphone noch einfacher an den Werberat übermittelt werden. (www.werberat.de)

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Werberat Pressestelle Am Weidendamm 1a, 10117 Berlin Telefon: (030) 590099-700, Telefax: (030) 590099-722

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