Pressemitteilung | Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF)

Apothekenreform darf Beratung und Sicherheit nicht aushebeln

(München) - Der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) sieht die gestern beim Deutschen Apothekertag skizzierten Eckpunkte zur Apothekenreform kritisch. Entlastung der Praxen ist wichtig – die Sicherheit der Patientinnen muss jedoch an erster Stelle stehen. Vorgesehen sind unter anderem erweiterte heilkundliche Leistungen der Apotheken, zusätzliche Impfangebote sowie in definierten Konstellationen die Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel ohne vorherige ärztliche Verordnung; flankierend ist eine Dokumentation in der elektronischen Patientenakte (ePA) vorgesehen.

„Als erste Anlaufstelle in Fragen der Frauengesundheit kennen wir unsere Patientinnen oft über Jahre. Wir beurteilen Impfungen und Medikationsentscheidungen stets im Kontext von Schwangerschaft und Stillzeit, Kontrazeption, Vorerkrankungen und möglichen Wechselwirkungen. Diese ärztliche Gesamtschau und Expertise ist durch nichts zu ersetzen“, betont Dr. Cornelia Hösemann, 3. Vorsitzende des BVF und als Mitglied der SIKO Impfexpertin im BVF.

Kontext Gynäkologie. Impfentscheidungen in der Frauenheilkunde sind selten „one size fits all“. In Schwangerschaft und Stillzeit erfordert die Nutzen-Risiko-Abwägung besondere Sorgfalt; bei hormoneller Kontrazeption müssen kardiovaskuläre Risiken und Migräneformen beachtet werden; bei chronischen Erkrankungen oder onkologischer Vorgeschichte braucht es eine sorgfältige Einordnung. Das setzt Anamnese, Aufklärung, den Ausschluss von Kontraindikationen und – im Zweifel – eine ärztliche Untersuchung voraus. Das Impfmanagement gehört in ärztlich qualifizierte Hände; der BVF teilt damit die von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe bekräftigte Haltung, dass das Impfmanagement grundsätzlich ärztlich verantwortet bleiben muss. (1) Niedrigschwellige Angebote können ergänzen, sie dürfen jedoch ärztliche Verantwortung nicht ersetzen.

Entlastung ja – aber verantwortungsvoll. Vor dem Hintergrund von Fachkräftemangel und hoher Taktung in Praxen begrüßt der BVF Überlegungen zur besseren Patientensteuerung und zur Stärkung niedrigschwelliger Angebote. Primat der Sicherheit heißt dabei: Jede neue Aufgabe benötigt klare Indikationsgrenzen, Qualitätsstandards, Notfall- und Haftungsregelungen sowie eine verbindliche, zeitnahe Dokumentation in der ePA und Information der behandelnden Praxis. Nur so bleiben Versorgungskontinuität und Arzneimitteltherapiesicherheit gewahrt.

Besonderheiten der Frauengesundheit – Beispiele:

• Impfungen in Schwangerschaft/Stillzeit (Timing, Impfstoffwahl, Nutzen-Risiko-Abwägung)
• Kontrazeption und Wechselwirkungen (z. B. Enzyminduktion, Migräne mit Aura, Thromboserisiken)
• HPV-Impfung im Lebenslauf (Impflücken schließen, Koordination mit gynäkologischer Vorsorge)
• Chronische Erkrankungen (Autoimmunität, Gerinnungsstörungen, onkologische Vorgeschichte)
„Entlastung erreichen wir nicht, indem wir ärztliche Kernaufgaben verlagern, sondern indem wir Versorgung intelligent steuern – mit der Sicherheit der Patientinnen an erster Stelle“, ergänzt Cornelia Hösemann.

Forderung des BVF. Die Politik sollte im Gegenzug mit den Gynäkologinnen und Gynäkologen, den Primärversorgern der Frau, ins Gespräch kommen, um die unmittelbare Abgabe von Arzneimitteln im Ärztlichen Bereitschaftsdienst/Notdienst zu ermöglichen.

Quelle und Kontaktadresse:
Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF), Arnulfstr. 58, 80335 München, Telefon: 089 244466-0

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