Pressemitteilung | Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW)

Ausbildungsumlage ist ein Vorschlag aus der Mottenkiste

(Köln) - Kaum ziehen dunkle Wolken auf dem Lehrstellenmarkt auf, wird ein alter Knüppel aus dem Sack geholt – die Drohung mit der gesetzlichen Ausbildungsumlage. Betriebe, die nicht ausbilden, sollen wenigstens zahlen, so die gewerkschaftliche Forderung. In der Bauwirtschaft gibt es zwar eine Umlagefinanzierung – doch dient sie nicht dazu, zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen.

In seiner Regierungserklärung vom 14. März hat Bundeskanzler Schröder den Unternehmen die gelbe Karte gezeigt: Falls sie in diesem Jahr nicht genügend Ausbildungsplätze bereitstellen, soll die Ausbildungsumlage her. Das Gesetz hierfür liegt praktisch in der Schublade. Schon im Oktober 1997 hatte die SPD ihren Entwurf vorgelegt. Betriebe sollen demnach generell eine Ausbildungsumlage in Höhe von 1,5 Prozent der Wertschöpfung an einen Fonds abführen, der als Sondervermögen bei der Bundesanstalt für Arbeit gebildet wird. Die eigenen Aufwendungen der Unternehmen für die Berufsausbildung könnten, so der Vorschlag, von den Zahlungen abgezogen werden. Mit dem so akquirierten Geld würden fehlende Ausbildungsplätze oder -maßnahmen finanziert.

Nach dem Regierungswechsel verschwand der Entwurf schnell in der Versenkung. Zum einen hatte die rot-grüne Koalition als Ziel formuliert, die Lohnnebenkosten zu senken, zum anderen sollte sich das Bündnis für Arbeit um Arbeits- und Ausbildungsplätze kümmern.

Angesichts der derzeit schwierigen Lage auf dem Lehrstellenmarkt gewinnen allerdings die Befürworter der Umlagefinanzierung wieder Oberwasser. Sie verweisen dabei gern auf die Bauwirtschaft, wo seit 1987 auf tarifvertraglicher Grundlage eine Ausbildungsumlage erhoben wird.

Betriebe des Bauhauptgewerbes zahlen einen Anteil von zurzeit 1,2 Prozent der Bruttolohn- und Gehaltssumme in einen Branchenfonds ein. Der erstattet den ausbildenden Unternehmen die Kosten für die überbetriebliche Ausbildung.
Das Modell der Bauwirtschaft taugt jedoch nicht als Argument für eine gesetzliche Regelung. Denn der Fonds finanziert lediglich die überbetrieblichen Ausbildungsphasen. Diese sind mit einem Umfang von 17 Monaten im Baugewerbe überdurchschnittlich lang. Ein überbetrieblicher Finanzausgleich macht hier deshalb Sinn.

Das Beispiel der Bauwirtschaft zeigt aber auch: Ein Ausbildungsfonds ist keine Garantie für ein kontinuierliches oder gar bedarfsdeckendes Angebot an Ausbildungsplätzen. Parallel zum Beschäftigungsrückgang in der Branche haben sich nämlich auch die Auszubildendenzahlen auf Talfahrt begeben:
Zwischen 1996 und 2002 gingen im Hoch- und Tiefbau 42.000 gewerbliche Ausbildungsplätze verloren.

Die Ausbildungsquote, also der Anteil der Auszubildenden an den Beschäftigten, beträgt am Bau nur noch 5,2 Prozent und ist damit inzwischen deutlich niedriger als in der Gesamtwirtschaft, wo die Quote 5,9 Prozent erreicht.

Doch nicht nur die Praxis in der Bauwirtschaft, sondern eine Reihe weiterer Gründe spricht dafür, die Umlage in der Mottenkiste zu belassen: Sie bedeutet zusätzlichen Bürokratieaufwand und benachteiligt kleine und mittelständische Unternehmen, von denen viele gar nicht selbst ausbilden können und dürfen. Die Fondsfinanzierung führt auch nicht unbedingt zu mehr Ausbildungsplätzen – manch ein Betrieb kauft sich dann von seiner Verpflichtung einfach frei.

Überdies würde ein Fonds dazu führen, dass die Verantwortung für die Berufsausbildung zu einem guten Teil auf den Staat überginge. Dies wäre mehr als verhängnisvoll. Die Erfahrungen mit den außerbetrieblichen Maßnahmen vor allem in den neuen Bundesländern zeigen, dass die Jugendlichen dort nicht die für einen erfolgreichen Berufseinstieg erforderliche Praxis erwerben können. Häufig gehen die vermittelten Berufe am Arbeitmarktbedarf vorbei.

Unterstützung brächte den ausbildenden Betrieben stattdessen eine wirksame Entlastung von Kosten und Bürokratie sowie eine Flexibilisierung der Ausbildungsordnungen. Die von Bundesbildungsministerin Bulmahn angekündigte Aussetzung der Ausbildungseignungsverordnung für einen Zeitraum von fünf Jahren ist dazu ein erster und wichtiger Schritt.

Quelle und Kontaktadresse:
Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) Gustav-Heinemann-Ufer 84-88, 50968 Köln Telefon: 0221/49811, Telefax: 0221/4981592

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