Ausgabenentwicklung der Krankenversicherung / Bundesgesundheitsministerium betreibt Augenwischerei
(Köln) - Die Aussagen von Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer zur Finanzentwicklung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im ersten Halbjahr 2000, mit denen die Stabilität der Gesamtausgabenentwicklung in der GKV herausgestellt wird, können nach Ansicht von Experten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) nicht unwidersprochen bleiben.
Die Zahlen belegen nach KBV-Ansicht erneut die eklatante Finanzierungslücke in der ambulanten ärztlichen Versorgung in den neuen Bundesländern. Während im Bereich der Krankenhausbehandlung bereits seit Jahren in Ost und West der gleiche Betrag je Versicherten für die medizinische Versorgung zur Verfügung stehe, sei der Finanzierungsanteil für die ambulante ärztliche Behandlung in den letzten fünf Jahren stetig zurückgegangen. Erstmalig im ersten Halbjahr diesen Jahres sei wieder ein Anstieg zu verzeichnen. Dennoch liege der Finanzierungsanteil je Versicherten im Osten bei nur 77,2 Prozent der Ausgaben je Versicherten im Westen. Im Jahre 1995 seien es 78,9 Prozent gewesen.
Diese Finanzierungslücke ist nach Ansicht der KBV-Experten um so gravierender, als zahlreiche Untersuchungen den erhöhten Versorgungsbedarf aufgrund der höheren Krankheitslast in den neuen Bundesländern nachgewiesen hätten. Wenn die Ministerin in ihrem Bericht die Stabilität der Finanzen der Ost-Krankenkassen herausstellt, verschweige sie, dass die Ost-Krankenkassen die Sanierung ihrer Kassenlage nicht unwesentlich dem gesetzlich erzwungenen Finanztransfer aus den Vertragsärztlichen Gesamtvergütungen im Westen verdanke. Ohne diesen Transfer läge der Anstieg der Gesamtvergütung um rund 3,4 Prozentpunkte niedriger - weit unter der Einnahmenentwicklung der Ost-Krankenkassen.
Der positive Bericht des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) zur Finanzentwicklung im ersten Halbjahr verdecke auch die strukturellen Versorgungsprobleme, die mit der Budgetierungsproblematik im Arznei- und Heilmittelbereich bestehen. Die staatlich fixierten Budgetierungsniveaus 1999 schienen den Ausgabenzuwachs zu bremsen: zu Lasten der Versorgung der Versicherten, die auf fortschrittliche Therapie verzichten müssten, und zu Lasten der Ärzte, denen die Verantwortung zur Einhaltung der Budgets alleine übertragen werde. Für die ersten sieben Monate des Jahres 2000 müssten die Ärzte aus ihrem Honorar bereits (in 16 KV-Bereichen) mit einem Kollektivregress in Höhe von 580 Millionen Mark rechnen.
Angesichts dieser Defizite widerspricht die Kassenärztliche Bundesvereinigung der Behauptung die Zahlen belegten, dass die Finanzmittel ausreichend seien, um den Versorgungsbedarf der Versicherten zu decken. Das BMG habe es bisher versäumt, Datengrundlagen zu schaffen, die eine systematische und sachliche Beurteilung des Versorgungs- und Finanzbedarfs in der GKV erlaubten.
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