Pressemitteilung | Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V. (DVD)

Ausländer nicht zu Menschen zweiter Klasse machen

(Berlin) - Nachdem das Bundeskabinett am 7. November das zweite Antiterrorismuspaket beschlossen hat, auf das sich zuvor das Bundesinnenministerium und die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen geeinigt hatten, sind die Verfassungsrechtler gefordert, den Gesetzestext auf seine Vereinbarkeit mit dem deutschen Grundgesetz zu überprüfen. Eine erste ausführliche Stellungnahme zu den Ausländer-Kontroll- und Überwachungsregelungen des Entwurfes durch den Vorsitzenden der Deutschen Vereinigung für Datenschutz e.V. (DVD), Dr. Thilo Weichert, liegt nun vor.

Das Ergebnis Weicherts ist beängstigend: "Jedem Verfassungspatrioten muss es angesichts dieses Entwurfes die Zornesröte ins Gesicht treiben. Die Regelungen des Pakets, die sich mit der Erfassung und der Datenverarbeitung zu Ausländern befassen, sind fast durch die Bank hindurch verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar. Es wird offensichtlich vergessen, dass es nicht nur terroristische Ausländer gibt, sondern auch solche - die wie die meisten Deutschen auch - sich nach bestem Wissen und Gewissen an Recht und Gesetz halten. Ohne den Nachweis, dass von Ausländerinnen und Ausländern pauschal mehr Extremismus, mehr Kriminalität, mehr Terrorismus oder mehr Gefahr ausginge als von Deutschen, werden diese - unter Missachtung des Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG - einem Überwachungsregime unterworfen, das sie ohne konkreten Anlass in Ermittlungen der Geheimdienste und der Polizei einbezieht.

Dabei erfolgt - unter Missachtung des Grundrechtes auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 3 GG - eine Vorratsdatenverarbeitung, die die Betroffenen schuldlos existenziellen Beeinträchtigungen aussetzen kann: von der Verweigerung der Visaerteilung und der Einreise über massive polizeiliche Ermittlungsmaßnahmen und den Verlust des Arbeitsplatzes bis hin zum Risiko der Abschiebung und Ausweisung und der politischen Verfolgung durch den Heimatstaat.

Dass bei vielen Regelungen gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot verstoßen wird, ist dabei schon fast zu vernachlässigen.

Im einzelnen:

Die voraussetzungslose Zulassung der Datenweitergabe von allen Asyl- und Ausländerbehörden an die Verfassungsschutzämter ohne Sicherung vor einer Weitergabe an Heimatstaaten hätte - unter Verstoß gegen das Asylgrundrecht des Art. 16a GG - zur Folge, dass die Begründungen aus Asylanträgen zur weiteren politischen Verfolgung der Flüchtlinge genutzt würden.

Die Zulassung von verschiedenen Ausländerausweisen mit biometrischen Merkmalen auf der Basis einer Rechtsverordnung - nicht eines Gesetzes – läuft darauf hinaus, dass der Probelauf der Bio-Ausweise bei Ausländern durchgeführt werden wird.

Mit Einführung der Sprachanalyse zur Herkunftsbestimmung werden Sprachdatenbestände aufgebaut, die der Polizei zur Sprecheridentifikation zur Verfügung stehen.

Die Vorratsdatenspeicherung von Fingerabdrücken - bisher praktiziert "nur" bei Flüchtlingen - wird auf weitere Ausländergruppen ausgeweitet und ohne jede Einschränkung für polizeiliche Spurenabgleiche beim Bundeskriminalamt vorgehalten.

Bei Erfüllung bestimmter Gruppenmerkmale von Visaantragstellern werden deren Daten mit denen der Sicherheitsbehörden abgeglichen und dort u.U. dauerhaft gespeichert.

Die Möglichkeit einer Rasterfahndung mit Daten aus dem Ausländerzentralregister (AZR) wird nicht nur der Polizei, sondern mit sämtlichen AZR-Daten sämtlichen Geheimdiensten erlaubt, ohne dass eine konkrete Gefahr bestehen müsste.

Geheimdienste erhalten ungehinderten Zugriff auf sämtliche AZR-Daten, so dass sämtliche Ausländer in deren Blickfeld geraten und insofern die Trennung zwischen Verwaltung und Diensten aufgehoben ist.

Die Regelungen schaffen nicht mehr Sicherheit, sondern sind dazu geeignet, ein Klima der Angst, Abwehr und Aggression zu schüren, das dem Terrorismus förderlich ist. Die Bundesregierung und die Regierungsfraktionen sollten sich ihrer bürgerrechtlichen Wurzeln besinnen und dieses Gesetzespaket einfach in den Papierkorb werfen."

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V. (DVD) Bonner Talweg 33-35 53113 Bonn Telefon: 0228/222498 Telefax: 0228/

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