Pressemitteilung | Bundesverband deutscher Banken e.V. (BdB)

Auswirkungen der UMTS-Lizenzversteigerung auf den Rentenmarkt

(Berlin) - Die Versteigerung der UMTS-Lizenzen in Deutschland hat dem Bundesfinanzminister zusätzliche Einnahmen von knapp 100 Mrd. DM gebracht. Diese sollen gänzlich zur Tilgung von Schulden des Bundes verwendet werden. Über die möglichen Auswirkungen auf den Kapitalmarkt herrscht lange Zeit Ungewissheit. Einerseits vermindern die Mittelzuflüsse beim Bund dessen Refinanzierungsbedarf, andererseits erhöhen die gleich hohen Mittelabflüsse bei den Telekommunikationsunternehmen deren Finanzierungsbedarf.

Von seiten der Marktteilnehmer wurde wiederholt die Sorge geäußert, dass die Tilgung von Schulden des Bundes die Stetigkeit der Emission von Bundeswertpapieren beeinträchtigt und damit die Benchmark-Position am europäischen Kapitalmarkt gefährdet werden könnte. Außerdem werden von manchen Kommentatoren noch viel weitergehende Auswirkungen auf den Kapitalmarkt befürchtet, wenn durch die Schuldentilgung das Angebot an staatlichen Wertpapieren geringer werden sollte. Während auf dem Markt für staatliche Wertpapiere also ein Rückgang des Emissionsvolumens und damit eine geringere Marktliquidität befürchtet wird, besteht andererseits die Sorge, dass der hohe Finanzierungsbedarf der Telekommunikationsunternehmen den sich gerade entfaltenden Markt für Unternehmensanleihen in Europa überfordern könne.

Das jährliche Emissionsvolumen des Bundes liegt zwischen 250 und 300 Mrd. DM. Durch die Verwendung des Erlöses aus der UMTS-Versteigerung von knapp 100 Mrd. DM könnte dieser Betrag rein rechnerisch um rund ein Drittel vermindert werden. Die Stetigkeit der Emissionstätigkeit des Bundes und die Liquidität der Wertpapiere wäre dann in der Tat nicht mehr gewährleistet. Die Pläne des BMF zur Art und Weise der Schuldentilgung dürften aber sicherstellen, dass gerade dies nicht eintritt.

So hat der Bund in den letzten Monaten Kredite von etwa 35 Mrd. DM am Geldmarkt aufgenommen. Diese können nun mit den Erlösen aus der UMTS-Versteigerung getilgt werden. Mit dem Rest der Mittel von etwas mehr als 64 Mrd. DM wird zum Jahresbeginn 2001 die vorzeitig gekündigte Anleihe des Ausgleichsfonds Währungsumstellung getilgt. Die Kontinuität der Emissionstätigkeit - insbesondere der 10jährigen Bundesanleihe - ist damit gewährt und die Benchmark-Position nicht gefährdet.

Auch die Befürchtungen, dass durch die Schuldentilgung des Bundes ein Austrocknen des Marktes für Staatsanleihen bevorsteht, sind verfrüht. Der Bundeshaushalt weist nach wie vor ein Defizit aus, so dass der Schuldenstand auch in den kommenden Jahren weiter ansteigen wird. Ein Blick auf die derzeit erwartete weitere Entwicklung der Schulden des Bundes zeigt den Einmaleffekt durch die UMTS-Erlöse recht deutlich. Nur im nächsten Jahr wird es zu einem einmaligen absoluten Rückgang der Verschuldung kommen. Danach wird sich - auf niedrigerem Niveau - der Anstieg wieder fortsetzen.

Ausgehend von der Annahme, die Pläne des BMF zum Haushaltsausgleich im Jahre 2006 lassen sich realisieren, wird die Verschuldung des Bundes, wenn auch mit abnehmender Dynamik, bis zum Jahr 2006 weiter ansteigen. Damit wird sich auch in den kommenden Jahren wenig daran ändern, dass der Bund pro Jahr Wertpapiere von mehr als 250 Mrd. DM tilgen und refinanzieren muss. Mit einem rückläufigen Angebot an Wertpapieren des Bundes ist also erst ab dem Jahr 2006 zu rechnen, wenn das Gesamtvolumen der Schulden sinkt.

Positiv wirkt sich die Schuldentilgung allerdings auf die Maastricht-Kriterien aus. Anstatt eines Defizits in Höhe von 1 % des BIP für das laufende Jahr, wird der öffentliche Gesamthaushalt einen Überschuss von 1,5 % des BIP ausweisen. Die Tilgung der Schulden hat auch einen deutlichen Einfluss auf das Schuldenstandskriterium des Maastrichtvertrages. Der Schuldenstand des öffentlichen Gesamthaushaltes verringert sich in diesem Jahr von 61 % auf rund 60 % des BIP. Im kommenden Jahr ist ein weiterer Rückgang auf 58 % zu erwarten. Damit wird Deutschland 2001 erstmals wieder alle Kriterien des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts ohne Einschränkung erfüllen.

Durch die weitere Haushaltskonsolidierung wird jedoch das Volumen der angebotenen Bundeswertpapiere kaum noch ansteigen. Bei weiter zunehmender Nachfrage sowohl von institutionellen als auch privaten Anlegern nach festverzinslichen Wertpapieren höchster Bonität dürfte ein Marktausgleich nur bei tendenziell höheren Kursen und damit niedrigeren Renditen möglich sein. Die Konsolidierungspolitik wird also bereits zu einer günstigeren Finanzierung des Bundes führen, bevor überhaupt mit einer Rückführung der Verschuldung begonnen wird.

Das fehlende Wachstum des Angebotes an staatlichen Wertpapieren, könnte sowohl kurzfristig als auch auf lange Sicht vom Volumen her durch die Ausweitung des Marktes für Unternehmensanleihen ausgeglichen werden. Allerdings verfügen diese Wertpapiere im Durchschnitt über eine geringere Bonität. Kurzfristig wird der Finanzierungsbedarf der Telekommunikationsunternehmen für die Lizenzgebühren und den Aufbau des UMTS-Netzes zu einer spürbaren Ausweitung des Angebotes an Unternehmensanleihen führen. Der deutliche Anstieg des Emissionsvolumens im zweiten Quartal dieses Jahres gibt bereits einen ersten Hinweis in diese Richtung. Das Emissionsvolumen dürfte im dritten Quartal weiter spürbar zunehmen. Insgesamt wird mit Anleihen aus dem Telekomsektor von etwa 35 Mrd. € im Laufe der kommenden Monate gerechnet. Offen ist aber noch, ob der europäische Markt für Unternehmensanleihen bereits dieses hohe Emissionsvolumen verkraften kann. Das Beispiel der im Juli plazierte Anleihe der Deutschen Telekom über 14 Milliarden $ zeigt, dass wohl nicht das gesamte Volumen in Euro emittiert werden wird.

Der hohe Fremdfinanzierungsbedarf der Telekommunikationsunternehmen wird die Verschuldungsquote dieser Unternehmen deutlich erhöhen. Die Folge dürfte - wie von den Rating-Agenturen bereits angekündigt - eine Verschlechterung des Ratings für diese Unternehmen sein. Dies dürfte wiederum dazu führen, dass sich der Zinsabstand zwischen Unternehmensanleihen und staatlichen Wertpapieren sich vergrößern wird. Am Kapitalmarkt wurde diese Entwicklung bereits teilweise vorweggenommen. Seit dem Frühjahr hat sich der Zinsspread für Anleihen aus dem Telekom-Bereich deutlich stärker erhöht als im Marktdurchschnitt.

Das rasch wachsende Emissionsvolumen der Unternehmensanleihen und die damit zunehmende Marktliquidität wird die Attraktivität des Kapitalmarktes auch für Unternehmen aus anderen Branchen erhöhen. Mittelfristig ist deshalb mit einem kräftigen Wachstum dieses Marktsegmentes zu rechnen. Unternehmensanleihen werden - ein weiteres zügiges Wachstum unterstellt - für die Zeit nach 2006, wenn das Volumen staatlicher Wertpapiere nach den bisherigen Planungen tatsächlich geringer sein wird, eine attraktiver Anlagealternative sowohl für institutionelle als auch private Investoren sein.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband deutscher Banken e.V. (BdB) Burgstr. 28, 10178 Berlin Telefon: 030/16630 Telefax: 030/16631399

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