Pressemitteilung | Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen e.V. (bad) - Bundesgeschäftsstelle

bad e. V. kritisiert "Modell Niedersachsen" von Kassenärztlicher Vereinigung, Sozialministerium und einigen gesetzlichen Kassen zur Entlastung von Hausärzten in unterversorgten Regionen / Kapp: Examinierte Pflegefachkräfte besser als unerfahrene medizinische Fachangestellte für Behandlungspflege geeignet / Qualität und Kosten sprechen für ambulante Pflegedienste

(Essen) - Mit deutlicher Kritik hat der Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (bad e. V.) auf das im Herbst startende "Modell Niedersachsen" (MoNi) von Kassenärztlichen Vereinigung, Sozialministerium und einigen gesetzlichen Krankenkassen in Niedersachsen reagiert. Danach sollen speziell fortgebildete medizinische Fachangestellte (früher "Arzthelferinnen") in hausärztlich unterversorgten Regionen wie Vechta und Soltau-Fallingbostel im Auftrag des Arztes auch Behandlungspflege übernehmen. Andrea Kapp, Geschäftsführerin Nord des bad e. V.: "Examinierte erfahrene Pflegefachkräfte aus bestehenden Pflegediensten einzusetzen, wäre für die Kassen kurz- und langfristig mit Sicherheit billiger und qualitativ verlässlicher, als medizinische Fachangestellte erst einmal kurz fortzubilden und dann als Neulinge Wunden versorgen oder ärztliche verordnete Medikamente verabreichen zu lassen."

"Niedrigschwellig" zu arbeiten, wie nun geplant, berge Risiken für eine hochwertige, von Hausärzten verantwortete Patientenversorgung. Zum einen stünden teilnehmende Landärzte bei Pannen wie mangelhafter Wundversorgung durch Praxishelferinnen vor Haftungsproblemen. Zum anderen müssten die Krankenkassen in solchen Fällen die zum Teil hohen Folgekosten tragen.

"Grundsätzlich gehört die so genannte Behandlungspflege, zum Beispiel Verbandswechsel, Blutdruck- und Blutzuckermessungen oder Medikamentengaben, zu den Kernkompetenzen von examinierten Pflegefachkräften, die sie auf ärztliche Anordnung hin übernehmen," betonte Kapp. Für diese Aufgaben müssten sie nicht erst gesondert qualifiziert werden. Folge: "Mit dem Modellprojekt wird nunmehr eine unnötige Doppelstruktur zur ambulanten Patientenversorgung getestet."

Etwa in Mecklenburg-Vorpommern führen bereits examinierte, speziell geschulte Pflegefachkräfte mit Laptop in ärztlich unterversorgten Regionen selbstständig Behandlungspflege aus (Modell AGNES). In Niedersachsen reiche aufgrund der insgesamt höheren Ärztedichte ein "niedrigschwelliges" Angebot aus, hatte die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) argumentiert.

Verwundert zeigte sich Kapp über die Aussage des KVN-Vorsitzenden Norbert Gramsch, das Modellprojekt MoNi könne helfen, die Kommunikation zwischen Arztpraxen und anderen Gesundheitsberufen zu verbessern. Der KVN-Chef laut Deutschem Ärzteblatt: "Viele Schnittstellen bedeuten für den Arzt unnötigen bürokratischen Aufwand, der ihn von seiner eigentlichen Arbeit am Patienten abhält."

Dazu Kapp: "Mit Vertretern der ambulanten Pflege, die ohnehin mit vielen Gesundheitsberufen zusammenarbeiten, hat die KVN als Initiatorin des Projekts jedenfalls nicht gerade das Gespräch gesucht.” Vielmehr habe ein Runder Tisch von KVN und Landesregierung im Oktober 2009 die Chance ignoriert, einfach examinierte erfahrene Pflegefachkräfte aus ambulanten Diensten in den betroffenen ländlichen Regionen einzusetzen. Inzwischen hat sich auch die Bundesarbeits-gemeinschaft Ambulante Pflege des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK) der Kritik des bad e. V. angeschlossen.
Auf drei Jahre ist das Modellprojekt MoNi befristet, für das die KVN derzeit noch teilnehmende Hausarztpraxen aus den Regionen Vechta und Soltau-Fallingbostel sucht. Auch die Regionen Oberharz, Gifhorn und Lüchow-Dannenberg gelten als hausärztlich unterversorgt. Landärzte haben dort absehbare Schwierigkeiten, Nachfolger für ihre Praxen zu finden.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen e.V. (bad) Pressestelle Annastr. 58-64, 45130 Essen Telefon: (0201) 354001, Telefax: (0201) 357980

(tr)

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