Pressemitteilung | Bundesverband deutscher Banken e.V. (BdB)

Bankenbericht 2002: Das Wirtschaftswunder neu beleben - Reformwege für Deutschland

(Berlin) - Dr. Manfred Weber, Hauptgeschäftsführer und Mitglied des Vorstands des Bundesverbandes deutscher Banken hat am 19. Juni auf einer Pressekonferenz des Bundesverbandes deutscher Banken den Bankenbericht 2002 vorgestellt. Thematisch im Zentrum des Berichts stehen der wirtschaftspolitische Reformbedarf und der Strukturwandel in der Bankwirtschaft.

Soziale Marktwirtschaft und Wirtschaftswachstum waren in Deutschland über lange Jahre zwei Seiten derselben Medaille. Heute ist Deutschland weit vom einstigen Wirtschaftswunder entfernt. Wohlstand und soziale Stabilität sind ohne dauerhaften wirtschaftlichen Erfolg nicht zu erhalten. In Deutschland steht mittlerweile mehr auf dem Spiel als lediglich die Überwindung einer temporären Wachstumsschwäche. Es geht darum, den Ordnungsrahmen für eine Wirtschaft und eine Gesellschaft neu zu definieren, die im raschen Wandel des globalen Wettbewerbs bestehen kann und gleichzeitig ihren sozialen Zusammenhalt sicherstellt. Dringender Handlungsbedarf besteht auf fünf Feldern:


1. Handlungsfähiger Staat

Der Reformstau in Deutschland kann nur aufgelöst werden, wenn sich der Staat selbst reformiert. Eine Voraussetzung hierfür ist, die Verantwortlichkeiten in der föderalen Struktur Deutschlands wieder klar abzugrenzen. Dazu wäre es in einem ersten Schritt notwendig, die konkurrierende Gesetzgebung auf das Nötigste zu beschränken, Mischfinanzierungen - durch Gemeinschaftsaufgaben und Finanzhilfen des Bundes - abzuschaffen und den Finanzausgleich auf die Sicherung der Funktionsfähigkeit der Länder zu beschränken.

Eine klare Zuordnung der Aufgaben- und Ausgabenkompetenz zwischen Bund, Ländern und Kommunen kann nur erfolgreich sein, wenn alle staatlichen Ebenen auch über eine eigene Einnahmehoheit verfügen, deren Aufkommen ihnen die Finanzierung ihrer Aufgaben ermöglicht. Von besonderer Bedeutung ist deshalb eine Reform der Kommunalfinanzen, die die Abhängigkeit der Städte und Gemeinden von Finanzzuweisungen aufhebt.


2. Wettbewerb stärken

Den Wettbewerb zu sichern und zu stärken ist die wichtigste Aufgabe einer Wirtschaftspolitik, die sich der marktwirtschaftlichen Ordnung verpflichtet sieht. Die steuerpolitischen Korrekturen in der ablaufenden Legislaturperiode waren ein erster Schritt in diese Richtung, haben aber noch keine entscheidende Kurswende eingeleitet.

Nachhaltige Steuersenkungen – und eine entschlossene Konsolidierung der staatlichen Verschuldung – sind nicht realisierbar, ohne die Staatsaufgaben auf ihre Kernbereiche zurückzuführen. Dies umfasst sowohl Privatisierungen als auch Leistungskürzungen. Der Zusammenhang zwischen einer geringeren Steuerbelastung und der Rückführung staatlicher Leistungen muss von der Politik klar und deutlich gegenüber den Bürgern formuliert werden.

Die Genesung der deutschen Wirtschaft erfordert selbstverständlich eine gesunde unternehmerische Basis. Die Finanzierungsstruktur der deutschen Unternehmen ist jedoch für den beschleunigten Strukturwandel in einer globalisierten Wirtschaft nur bedingt geeignet. Die Unternehmen müssen ihr Augenmerk deshalb auf die Stärkung der Eigenkapitalbasis richten


3. Eigenverantwortung und Eigenvorsorge

Solidarität und sozialer Schutz sind wichtige Legitimationsmerkmale einer wettbewerbsfähigen Sozialen Marktwirtschaft. Es ist dabei die Aufgabe der Wirtschafts- und der Sozialpolitik, für eine angemessene Balance zwischen Solidarität und Wettbewerbsfähigkeit zu sorgen. Diese Balance hat sich im Laufe der Jahrzehnte in Deutschland jedoch zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit verschoben.

So konnten die verschiedenen Gesundheitsreformen den Anstieg der Krankenkassenbeiträge nicht verhindern. Soll ein weiterer Anstieg verhindert werden, so muss die gesetzliche Krankenversicherung auf die wirklich notwendigen Leistungen beschränkt werden. Jenseits dieser Grundversorgung sollte Wettbewerb zwischen den Krankenkassen und auch Wettbewerb zwischen den verschiedenen Leistungsanbietern entstehen.

Ähnlich wie beim Gesundheitssystem sind bei der gesetzlichen Rentenversicherung die bisherigen Reformbemühungen nur halbherzig ausgefallen. Die jüngste Reform hat zwar insoweit einen richtigen Ansatz gewählt, als sie erstmals den Erwerbstätigen auch eigene Verantwortung für ihre Alterssicherung auferlegt. Die konkreten gesetzlichen Ausgestaltungen haben das Reformwerk allerdings kompliziert und unübersichtlich werden lassen.

Der Eigenverantwortung der Bürger sollte auch in der Arbeitslosen- und in der Sozialversicherung mehr Raum gegeben werden. Dies kann am besten erreicht werden, indem die Arbeitslosenversicherung auf ihren Kern zurückgeführt wird. Es spricht vieles dafür, zum Beispiel die maximale Dauer des Bezugs von Arbeitslosengeld enger zu befristen und die Arbeitslosenhilfe in die Sozialhilfe zu integrieren.


4. Innovative Wissensgesellschaft

Das Innovationspotenzial in Deutschland und damit letztlich die langfristige Sicherung unseres Wohlstandes wird vom Ausbildungsstand der Bevölkerung und der Fähigkeit der Unternehmen und Organisationen, das vorhandene Wissen in Innovationen und wettbewerbsfähige Dienstleistungen zu verwandeln, bestimmt. Um Deutschland für die Wissensgesellschaft zu rüsten, sind vielfältige Reformen in Angriff zu nehmen. Sie müssen zum Ziel haben, dass auch an Schulen und Hochschulen Autonomie und Wettbewerb zu den zentralen Steuerungsinstrumenten werden.

Erst die Umsetzung des Wissens in neue Produkte und Dienstleistungen kann langfristig Wohlstand und Beschäftigung sichern. Daher müssen auch die Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung weiter verbessert werden.


5. Arbeit für Alle

Eigenverantwortung der Bürger, ein effizienter Staat, ein intensiver Wettbewerb und ein hohes Bildungsniveau sind wichtige Voraussetzungen für hohe Produktivität und stetiges Wirtschaftswachstum. Mehr Beschäftigung kann jedoch nur erreicht werden, wenn Ein- und Austritte am Arbeitsmarkt nicht behindert werden, der Arbeitsmarkt also wesentlich flexibler wird.

Die umfassende Gültigkeit des Flächentarifvertrags steht im Widerspruch zu der Tatsache, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse in den Regionen und vor allem in den Unternehmen sehr unterschiedlich sind. Es ist deshalb dringend erforderlich, dass diese Unterschiede Eingang in die Tarifverträge finden können.

Eine zu strenge Regulierung des Arbeitsmarktes kann die Schaffung neuer Arbeitsplätze verhindern. Gerade in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit erweist sich mithin die Überregulierung des Arbeitsmarktes als besonders schädlich.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband deutscher Banken e.V. (BdB) Burgstr. 28 10178 Berlin Telefon: 030/16630 Telefax: 030/16631399

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