Pressemitteilung | Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) - Landesverband Bayern

Bildungsgewerkschaft GEW ist weiter solidarisch mit der Klimaaktivistin Lisa Poettinger und stellt sich aktiv gegen Ausbildungsverbote und Berufsverbote

(München) - Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Bayern fordert das bayerische Kultusministerium weiterhin dazu auf, Lisa Poettinger den Eintritt in den Vorbereitungsdienst am Gymnasium zeitnah zu ermöglichen und ihr damit das Grundrecht auf Ausbildung und freie Berufswahl nicht weiter zu verweigern. Lisa Poettinger selbst, ihre Anwältin Adelheid Rupp, die Vorsitzende der GEW Bayern Martina Borgendale, die Klimaaktivistin Luisa Neubauer, die Bildungspolitikerin Nicole Gohlke und der LMU-Dozent Christoph Steinbrink begründeten dazu heute auf einer Pressekonferenz in München ihre Positionen und erläuterten den aktuellen Stand der Verfahren.

Lisa Poettinger aus München konnte ihr Referendariat für das Lehramt an Gymnasien nicht wie alle anderen Studienabsolvent*innen zum 17. Februar 2025 antreten: Nachdem das Kultusministerium einen Bescheid über die Nichtzulassung von Lisa zum notwendigen, abschließenden Teil der Lehrer*innenausbildung erlassen hatte, stellte sie mit ihrer Anwältin und mit Unterstützung durch den Rechtsschutz der GEW bei Gericht einen Antrag auf eine einstweilige Verfügung, gerichtet auf eine vorläufige Zulassung zum Referendariat als Beamtin auf Widerruf oder als Angestellte. Das Gericht erkannte zwar an, dass für Lisa durch das Warten auf die Entscheidung in der Hauptsache erhebliche Nachteile durch eine Verzögerung der Ausbildung von möglicherweise mehreren Jahren drohen. Dadurch entstünden für sie erhebliche Nachteile für die berufliche und persönliche Entwicklung. Trotzdem wurde Lisas Antrag abgelehnt.

Die Teilnehmer*innen der Pressekonferenz bekräftigten, dass der Bescheid des Kultusministeriums keinen Bestand haben könne und dürfe. Die GEW unterstützt ihr Mitglied Lisa Poettinger weiterhin solidarisch.

Martina Borgendale wies die vom Staatsministerium angeführten Gründe für die Nichtzulassung zum Referendariat klar zurück. Das Ministerium behaupte eine „mangelnde charakterliche Eignung“ von Lisa für die weitere Ausbildung. Dafür wird auch Lisas Verwendung von Begriffen wie „Profitmaximierung“ oder generell Kritik am „Kapitalismus“ als Beweis herangezogen. Dazu sagte Martina Borgendale: „Im Grundgesetz gibt es keine Festlegung auf ein Wirtschaftssystem. Es gibt Normierungen z. B. zu Privateigentum und Enteignungen. Die Begriffe ‚Soziale Marktwirtschaft‘ oder ‚Kapitalismus‘ kommen nicht vor. Die Bayerische Verfassung normiert das wirtschaftliche Ziel des ‚Gemeinwohls‘ und wendet sich sehr deutlich z. B. gegen ‚wirtschaftliche Ausbeutung‘. Auch demokratische Parteien, Gewerkschafter*innen, Wissenschaftler*innen und sogar der gerade verstorbene Papst Franziskus äußern sich kapitalismuskritisch. Trotzdem versucht das Ministerium jegliche Kritik am Kapitalismus und seinen Folgen für Natur, Mensch und Klima als charakterliche Schwächen auszulegen und so Lisa den Zugang zum Referendariat zu verweigern.“

Die GEW unterstreicht ihre Positionierung gegen politisch motivierte Berufs- und Ausbildungsverbote und stellt sich erneut klar hinter Lisa Poettinger. Die Gewerkschaft fordert weiterhin die Abschaffung des „Fragebogens zur Prüfung der Verfassungstreue“, der in Bayern als einzigem Bundesland bei Bewerber*innen für den öffentlichen Dienst eingesetzt wird.

Den Gesetzesentwurf zur Änderung des Bayerischen Beamtengesetzes, wonach die Ernennungsbehörde zur Feststellung der Verfassungstreue von Bewerber*innen das Landesamt für Verfassungsschutz um Auskunft ersuchen kann, verurteilt die Bildungsgewerkschaft aufs Schärfste. Die Landesvorsitzende Borgendale dazu: „Das erinnert stark an die Regelanfrage beim Verfassungsschutz für Bewerber*innen des öffentlichen Dienstes in den 1970er-Jahren. Wir wissen, wie viele Probleme die Regelanfrage vor allem für Aktivist*innen aus dem demokratisch linken Spektrum bereitet hat und nicht von ungefähr bezeichnete der damalige Bundeskanzler Willy Brandt den ‚Radikalenerlass‘ retrospektiv als Fehler. In Bayern wurde die Regelanfrage als letztem Bundesland im Jahr 1991 endlich abgeschafft. Wir dürfen die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen.“

Zudem fordert die GEW Bayern eine umfassende Reform der Regelungen zu einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz auf Bundes- wie auf Landesebene: Die über Jahre laufende Bespitzelung und Kriminalisierung von meist linken Aktiven durch den Verfassungsschutz ohne hinreichenden Anlass und ohne zeitnah durchsetzbares Recht auf Löschung von vom Verfassungsschutz gesammelten Daten müsse ein Ende haben.

Borgendale sagte abschließend: „Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen und der Wirtschaftsordnung muss nicht nur erlaubt sein, sondern ist wesentlich für die Weiterentwicklung unseres Zusammenlebens. Was wir brauchen sind Lehrerinnen und Lehrer, die bereit sind, in ihrer Freizeit für ihre Überzeugung einzutreten und ihren Schüler*innen die Partizipation an einer lebendigen Demokratie vorzuleben. Deshalb solidarisieren wir uns und unterstützen und begleiten betroffene Kolleg*innen wie Lisa Poettinger im Kampf gegen Berufsverbote.“

Die GEW Bayern freut sich, dass sich die Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer und die Bildungspolitikerin Nicole Gohlke heute per Videobotschaft in die Pressekonferenz einbrachten und ihre Solidarität mit Lisa Poettinger erklärten.

Die Videobotschaften von Frau Luise Neubauer und Frau Nicole Gohlke können Sie bis morgen hier angucken: https://cloud.gew-bayern.de/s/dZP6sRPjPw8Zrya

www.gew-bayern.de/presse/PM-12-2025-GEW-solidarisch-mit-Lisa-Poettinger

Quelle und Kontaktadresse:
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) - Landesverband Bayern, Neumarkter Str. 22, 81673 München, Telefon: 089 5440810

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