Pressemitteilung | Deutscher Caritasverband e.V.

Billiges Fleisch, preiswerte Maniküre, kostenlose Paketzustellung: Menschenhandel vor der Haustür erkennen

(Berlin) - Zum Europäischen Tag gegen Menschenhandel (18. Oktober) geben der Deutsche Caritasverband und sein Fachverband IN VIA Deutschland Tipps, um Hinweise auf Menschenhandel im Alltag zu identifizieren und dagegen vorzugehen

Zum Europäischen Tag gegen Menschenhandel am kommenden Montag (18. Oktober) geben der Deutsche Caritasverband und IN VIA Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit konkrete Hinweise, woran Menschenhandel vor unserer Haustür zu erkennen und was dagegen zu tun ist.

"Hunderttausende Menschen in Deutschland sind Opfer von Menschenhandel und Arbeitsausbeutung, uns begegnen diese Missbrauchsfälle in vielen Alltagssituationen," so Caritas-Präsident Peter Neher. "Menschenhandel versteckt sich nun mal, aber wir können ihn oft entdecken, wenn wir eins und eins zusammenzählen".

"Billig" kann ein schlechtes Zeichen sein

Billiges Fleisch oder Gemüse, eine Maniküre zu unschlagbaren Preisen, eine kostenlose Paketzustellung unserer Internetkäufe... Besonders billige Angebote werden nicht selten mit ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen ermöglicht, etwa von jungen Frauen aus Vietnam in Nagelstudios, von rumänischen Paketboten oder Saisonarbeiterinnen und -arbeiter aus Osteuropa. Für diese Menschen gehen äußerst niedrige Löhne mit schlechten Arbeitsbedingungen einher. Sie werden mit Fesselverträgen gehindert, sich aus der Situation zu befreien.

Lange Arbeitszeiten

Zu lange Arbeitszeiten ohne Ruhepausen sind nicht nur ungesund, sondern verboten. Müssen Menschen rund um die Uhr zur Verfügung stehen, ist das Ausbeutung und illegal. Das gilt auch für manchen live-in-Vertrag mit ausländischen Pflegekräften. Auch bei anderen Tätigkeiten können überlange Arbeitstage ein Indiz für Ausbeutung sein, wenn z.B. Paketboten von 16-Stunden-Schichten berichten oder Sie zu jeder Tageszeit immer derselben Servicekraft im Schnellrestaurant begegnen.

Mangelnde Information, abgeschottete Mitarbeitende

Neben dem Preis ist Transparenz ein wichtiges Indiz. Gibt es einen Tag der offenen Tür, der einen echten Blick hinter die Kulissen ermöglicht? Gibt es transparente Produktions- und Lieferketten? Ist ein Betrieb bei der Gewerbeaufsicht schon mal negativ aufgefallen? Gibt es keine Festangestellten, sondern nur Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter, die kaum Deutsch sprechen können? Sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgeschottet, werden Kontakte zu ihnen verhindert? Leben die Arbeitskräfte in winzigen Wohnungen eng zusammen? Das kann zum Beispiel ein überbelegtes Einfamilienhaus in der Nachbarschaft sein.

Was kann jede und jeder von uns tun?

- Sich bewusst machen, wer unter welchen Bedingungen unsere Güter und Dienstleistungen produziert, auffällige oder fragwürdige Situationen hinterfragen. Das hilft, bessere Konsumentscheidungen zu treffen.

- Regionale und saisonale Produkte kaufen, bei denen die Herstellung besser nachzuvollziehen ist, beim Kauf auf Gütesiegel achten (z.B. Transfair, Grüner Knopf, Bioland, Naturland).

- Produkte kaufen, die in Deutschland hergestellt werden und deren Produktion und die Herkunft der Materialien transparent offengelegt werden.

- Als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber - zum Beispiel von Reinigungskräften oder live-in-Pflegekräften - auf seriöse Vermittlungsstellen zurückgreifen und einen angemessenen Lohn zahlen und nicht schwarz beschäftigen.

- Sich informieren über Beratungs- und Hilfsangebote und diese Informationen an potenziell Betroffene weitergeben.

"So sehr jede und jeder von uns die Augen offen halten muss, um nicht selbst indirekt zum Menschenhandel beizutragen: Die Politik ist ebenso in der Pflicht", kritisiert Beate Gilles, Vorsitzende von IN VIA Deutschland. Der Deutsche Caritasverband und IN VIA fordern die derzeit verhandelnden Parteien dazu auf, sich in ihrem Koalitionsvertrag zu einem energischen Vorgehen gegen Menschenhandel zu verpflichten und Verantwortung für die Unterstützung und Versorgung der Opfer zu übernehmen. Der Bund muss sich finanziell am Ausbau der Beratungsstruktur und von Schutzeinrichtungen für Betroffene beteiligen. Es soll eine streng konditionierte Bezuschussung der Beschäftigung von live-in-Betreuungskräften aus der Pflegeversicherung geben.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Caritasverband e.V. Mathilde Langendorf, Pressestelle Berlin Karlstr. 40, 79104 Freiburg Telefon: (0761) 2000, Fax: (0761) 200541 Hauptvertretung Berlin Reinhardtstr. 13, 10117 Berlin Telefon: (030) 284447-42, Fax: (030) 284447-55

(sf)

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