Pressemitteilung | Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) - Geschäftsstelle Köln

"Datentransparenz in der GKV" ist Rasterfahndung

(Berlin) - Zu den von der Bundesregierung verfolgten Zielen zu mehr "Datentransparenz im Gesundheitswesen" stellt die KZBV fest, dass damit lediglich Möglichkeiten zur Rasterfahndung geschaffen bzw. verbessert werden sollen.

Nach Ansicht der Teilnehmer (u.a. Datenschutzbeauftragte) des Workshops "Datentransparenz, Datenschutz und Datensicherheit in der GKV", der schon im Januar 2002 stattfand, sei zum Erreichen dieser Ziele die Übermittlung und Auswertung personenbezogener bzw. personenbeziehbarer Daten nicht erforderlich.

Die KZBV hat bereits bei verschiedenen Vorentwürfen eines "Datentransparenzgesetzes" darauf hingewiesen, dass zu Zwecken der verbesserten Information politischer Entscheidungsprozesse, zur Planung von Leistungsressourcen oder zu allgemeinen Analysen des Versorgungsgeschehens die Auswertung personenbeziehbarer Daten in keinem Falle erforderlich ist. Derartige Informationen sind bereits in der Vergangenheit auf der Grundlage allgemeiner statistischer Erhebungen bzw. von Stichprobenerhebungen gewonnen worden. Es ist aus Sicht der KZBV nichts dagegen einzuwenden, diesen Prozess der Informationsgewinnung allgemein und übergreifend für die GKV in einem "Datentransparenzgesetz" zu regeln. Wenn in diesem Zusammenhang dann aber die Übermittlung personenbezogener bzw. in der Form der Pseudonymisierung personenbeziehbarer Daten vorgesehen wird, verlangt die damit verbundene Einschränkung des informationellen Selbstbestimmungsrechtes der Betroffenen eine besondere Begründung. Diese Begründung kann nicht in der Gewinnung allgemeiner, statistischer Informationsgrundlagen liegen, sondern muss deutlich darüber hinausgehen.

Datenerhebungen zum Zwecke der Entwicklung und Steuerung sektorübergreifender Versorgungsmodelle, Arzneimittelversorgung oder Krankschreibungen spielen in der Zahnmedizin eine völlig unbedeutende Rolle. Diese Sondersituation, die z. B. vom "Runden Tisch im Gesundheitswesen" bestätigt wurde, rechtfertigt keinesfalls diese beabsichtigten gigantischen Datenerhebungen.

Der Entwurf eines Gesundheitssystemmodernisierungsgesetzes verdeutlicht einmal mehr, dass weiterhin das Ziel verfolgt wird, personenbeziehbar sämtliche Gesundheitsdaten nahezu der gesamten Wohnbevölkerung der Bundesrepublik zentral zu erfassen und zur Auswertung bereitzustellen. Dafür wird eine generelle, nach standardisierten Verfahren erfolgende Datenübermittlung auf Datenträgern vorgesehen.

Zudem sollen die Daten nach einheitlichen, verbindlichen Prüfkatalogen edv-mäßig geprüft werden und die Einhaltung der Bestimmungen durch "wirkungsvolle Sanktionsmechanismen" gewährleistet werden. Hierfür sollen eine Vielzahl einheitlicher Verfahren sowie neuer, öffentlich-rechtlicher Körperschaften gebildet werden, die im Wesentlichen eine pseudonymisierte Übermittlung der Daten sicherstellen sollen. Ausdrückliches Ziel dieses aufwendigen Verfahrens ist es, für spätere Auswertungen stets eine Repersonalisierung der Datenstrukturen vornehmen zu können. Es ist für die KZBV in keiner Weise ersichtlich, für welche konkreten Fallgestaltungen derartige Repersonalisierungen tatsächlich erforderlich sein sollen.

Die bisherigen Verhandlungen der KZBV mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen über eine Ausgestaltung des Datenträgeraustausches haben die Zielsetzung der Spitzenverbände deutlich werden lassen, mit edv-mäßig übermittelten Daten insbesondere eine Optimierung der Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren aus Sicht der Krankenkassen unter Zugrundelegung eines kasseninternen Rasterfahndungsverfahrens vornehmen zu können.

Eigentliche Zielsetzung dieser Planungen ist die lückenlose Kontrolle des Krankheitsverlaufes jedes einzelnen Versicherten bis hin zu einer Erfassung und Auswertung der einzelnen Behandlungsschritte, der jeweiligen behandelnden Ärzte bzw. Krankenhäuser, sowie des Zeitpunktes der Konsultationen. Unter dem Deckmantel einer verbesserten Versorgungsqualität und um den Preis einer umfassenden Datenerhebung hinsichtlich nahezu der gesamten Wohnbevölkerung der Bundesrepublik soll damit tatsächlich nur ein weiteres Instrumentarium zur umfassenden Kontrolle und Steuerung aller Behandlungsabläufe durch die Krankenkassen unter dem Aspekt der Kostensenkung geschaffen werden.

Die vorgesehene Übermittlung nicht anonymisierter, sondern lediglich pseudonymisierter Daten, die Möglichkeit einer Datenreidentifikation für gesetzlich nicht konkret eingegrenzte Fallgestaltungen sowie die Diskussion einheitlicher und verbindlicher Prüfverfahren, die aber von den Spitzenverbänden der Krankenkassen intern festgelegt werden können, bestätigen die Vermutung, dass über die zur Zeit diskutierten Zielsetzungen eines "Datentransparenzgesetzes" hinaus tatsächlich weitergehende Ziele einer personenbezogenen Kontrolle und Steuerung des gesamten Behandlungsablaufes angestrebt werden.

Diese Ziele sind auch aus anderen Gründen mit den beabsichtigten aufwendigen Verfahren so gut wie nicht erreichbar. Die vertragszahnärztlichen Abrechnungsdaten lassen eine konkrete Zuordnung einzelner Behandlungsleistungen zu bestimmten Zeitabschnitten in der Regel nicht zu. Im Gegensatz zu den vertragsärztlichen Leistungen erstreckt sich eine Vielzahl von vertragszahnärztlichen Behandlungen über längere Zeiträume, wobei in weitem Umfange eine Abrechnung einzelner (Zwischen-) Behandlungsschritte nicht erfolgt. So lässt die Abrechnung der Planung, Anfertigung und Eingliederung einer Krone oder eines Zahnersatzes zum Zeitpunkt der Eingliederung nicht erkennen, welche einzelnen Behandlungsschritte hierfür zu welchem Zeitpunkt zuvor erforderlich waren. Gleiches gilt in noch stärkerem Maße hinsichtlich von Komplexgebühren für zum Teil über Jahre andauernde Behandlungen, wie z. B. im Bereich der Kieferorthopädie.

Aus Sicht der KZBV sind die zur Zeit vorhandenen, anonymisierten Datenlieferungen, bzw. die Lieferung personenbezogener Daten für konkrete Fallgestaltungen und in nicht zentralisierter Form völlig ausreichend, die erforderlichen Prüfungs- und Steuerungsverfahren im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung durchführen zu können.

Die KZBV weist in diesem Zusammenhang auch auf die nicht unerheblichen Kosten für die vorgesehenen Datenerhebungs-, -übermittlungs- und -auswertungsverfahren in Milliardenhöhe hin, denen nur sehr zweifelhafte Einsparungen gegenüberstehen. Vor diesen Hintergründen sehen die KZBV und die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen keine Möglichkeiten, sich an derartigen Kostenbelastungen zu beteiligen.

Quelle und Kontaktadresse:
Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) Universitätsstr. 71-73, 50931 Köln Telefon: 0221/40010, Telefax: 0221/404035

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