Pressemitteilung | Industrie- und Handelskammer Siegen (IHK)

Demografieveranstaltung in der IHK: "Reisende muss man aufhalten!"

(Siegen/Olpe) - Der demografische Wandel stellt die Unternehmen vor drastische Herausforderungen bei der Fachkräftesicherung. Wer meine, "Reisende" (Mitarbeiter) dürfe man auch zukünftig nicht aufhalten, habe "den Knall" noch nicht begriffen. Diese Einschätzung gab Prof. Dr. Ulrich Breilmann, Professor an der Fachhochschule Gelsenkirchen und Geschäftsführer der Breilmann KG aus Castrop-Rauxel bei einer Veranstaltung in der Industrie- und Handelskammer Siegen (IHK), zu der der Arbeitskreis "Demografischer Wandel vom Runden Tisch Siegen" eingeladen hatte. Rund 80 Unternehmer, Führungskräfte und Personalverantwortliche aus Wirtschaft und Verwaltung folgten der Einladung. Prof. Breilmann und Unternehmer-Coach Thomas Krings aus Neuwied beleuchteten die demografische Herausforderung in Grundsatzvorträgen, Praxisberichte von Nicole Trettner, Personalverantwortliche von Hering Bau GmbH & Co. aus Burbach-Holzhausen, und Frank Dubberke, Geschäftsführer der Gustav Hensel GmbH & Co. KG aus Lennestadt, folgten.

Breilmann referierte über die Anforderungen an Unternehmen als Folge sinkender Geburtsraten und alternder Belegschaften. Die Wucht des Fachkräftemangels werde in den kommenden Jahren voll einschlagen. So fehlten bis 2020 in Deutschland rund 2,5 Millionen Vollzeiterwerbstätige. In einigen Bereichen gebe es aktuell schon zu wenige Fachkräfte, wie etwa in den MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik). Die Unternehmen müssten sich daher als "Mitarbeitermarke" aufstellen, die von Fachkräften gerne ausgewählt wird. Das gelte besonders in Bezug auf die junge Generation. Breilmanns Strategievorschläge: Bessere Karrierechancen, Work-Life-Balance, Mitarbeitereinbindung, soziale Verantwortung sowie eine positive Unternehmenskultur. Vorgesetzte müssten positive Werte definieren und vorleben, der demografische Wandel insgesamt nicht als Gefahr, sondern als Chance begriffen werden, sich zu positionieren, so Breilmann.

Thomas Krings legte den Schwerpunkt seines Beitrags auf die Notwendigkeit einer veränderten Führungskultur im Zeichen des Fachkräftemangels. Nur zehn Prozent der Mitarbeiter hätten eine emotionale Bindung an ihr Unternehmen. 60 Prozent der Beschäftigten und 25 Prozent der "High Potentials" würden am liebsten sofort das Unternehmen wechseln, so Krings. Unternehmer und Führungskräfte hätten es in der Hand, dies mit der richtigen Führung zu ändern. Dabei müssten sich Leistung und Menschlichkeit in der Waage halten. Als einen Lösungsansatz nannte Krings die vier "Vs": Verantwortlichkeit, Vertrauen, Verbindlichkeit und Vorbild. Letzteres sei besonders wichtig: "Seien Sie Vorbild. Sie sind Spiegel Ihrer Mitarbeiter", so Krings. Und: "Investieren Sie in sich und Ihr Personal!".

Nicole Trettner berichtete über die vielfältigen mitarbeiterorientierten Praxislösungen von Hering Bau. Das Unternehmen setzt hinsichtlich der Ausbildung auf einen frühen Kontakt zum potenziellen Nachwuchs und kooperiert mit Schulen und Kindergärten. Hohe Stellenwerte haben Weiterbildung, Mitarbeiterbeteiligungen sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, so Trettner. Mit dem Instrument "50 plus" geht Hering Bau auch speziell auf ältere Mitarbeiter ein. Das beinhalte auch gutes Gesundheitsmanagement sowie Zeitwertkonten. Das hohe Engagement wurde schon belohnt: Hering Bau erhielt für seine altersgerechte Personalentwicklung das Qualitätssiegel "AGE CERT". 2008 bekam das Unternehmen ein Preis vom Bundessozialministerium für die "Erhaltung und Steigerung der Beschäftigungsfähigkeit".

Frank Dubberke strich heraus, dem Unternehmen Hensel sei in der Personalarbeit eine positive Wahrnehmung des Unternehmens für Mitarbeiter, die dauerhafte Bindung des Personals sowie Entwicklung von un- und angelernten Beschäftigten zu Fachpersonal von zentraler Bedeutung. Hensel hat dafür den Arbeitskreis "Fachkräfte finden und binden" gegründet. Für Dubberke ist aber auch die Region als Ganzes gefragt: Sie müsse für "Zuwanderer" attraktiv sein und dafür aktiv werben. Stichworte seien für ihn "attraktivere Freizeitangebote", "Verbesserungen bei der partiell vorfindbaren DSL-Steinzeitinfrastruktur" sowie "ein intensiverer Austausch zwischen Unternehmen und heimischer Universität".

In der anschließenden Diskussion, die Petra Kipping von der Regionalagentur Siegen-Wittgenstein-Olpe leitete, wurde deutlich, dass die Region ihre Attraktivität als Wirtschafts- und Lebensraum gerade für Fach- und Führungskräfte effektiver und selbstbewusster nach außen präsentieren müsse. Erhebliche Stärken wiesen beide Kreise etwa bei der Ausbildungsdichte, der Ausstattung der Berufskollegs, dem hohen Facharbeiterstand oder dem vertrauensvollen Miteinander zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern auf. Diese Standortvorteile müssten selbstbewusster und offensiver vermarktet werden.

Die Veranstaltung war der Auftakt für eine Vortrags- und Diskussionsreihe unter dem Titel "Regionales Demografie-Forum 2011". Die IHK Siegen kooperiert im "Arbeitskreis Demografischer Wandel" mit der federführenden Regionalagentur Siegen-Wittgenstein-Olpe, dem Arbeitsmedizinischen Zentrum Siegerland e.V., der AOK Westfalen-Lippe Regionaldirektion Siegerland, der Bezirksregierung Arnsberg und dem Deutschen Gewerkschaftsbund Region Südwestfalen. Ziel ist es ein gemeinsames Service- und Informationsangebot. Der Kreis ist für weitere Partner offen.

Quelle und Kontaktadresse:
IHK Siegen Geschäftsstelle Olpe Pressestelle Seminarstr. 36, 57462 Olpe Telefon: (02761) 94450, Telefax: (02761) 944540

(aj)

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